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Recycling-Kalender: Vom Müllmann zum Tonnenboy

Abfallentsorger können nicht nur laut, sondern auch lustig: Für ihren Firmenkalender werden sie jetzt groß in Szene gesetzt - als Müll-Models.

Müllmann war gestern, heute heißt das Tonnenboy. Zumindest bei der Firma Berlin Recycling. Seit zehn Jahren existiert die private Tochter der BSR, nach eigenen Angaben Berlins größter Entsorger für Papier, Glas, Gewerbeabfall, und in Sachen Imagepflege zeigt sie sich einfallsreich. Schon zum siebten Mal setzt Berlin Recycling jetzt eine Auswahl der knapp 300 Mitarbeiter im „Tonnenboy Kalender 2012“ in Szene. Und anders als bei der vom Kinofilm „Kalender Girls“ losgetretenen Pin-up-Kalender-Welle von Jungbauern bis Studentinnen sind hier mehr angezogene Models dabei.

Als Tonnenboy zu arbeiten, sei ja auch anders als nur ein schnöder Entsorger zu sein, schwärmt Marketingchef Stephan Hartramph in seinem Büro in der Monumentenstraße. „Es ist mehr als Müllmann, es ist ein Lebensgefühl“. Offensichtlich eins, das die Muskulatur stärkt. Die Kalenderseiten März und September zeigen zwei blankbrüstige Tonnenboys mit wohl definierter Oberweite. Einer im Stil von Herb Ritts als eingeölter Altreifenentsorger und der andere als Beach Boy im „Baywatch“-Look fotografiert. Sie sind die einzigen Nackedeis. Der Kalender solle „kein Pirelli-Kalender für Damen werden“, sagt er. Schade eigentlich.

Er als Bürohengst hat sich auch lieber angezogen ablichten lassen. „Das ist ungünstig für Verhandlungen, wenn jeder weiß, wie ich untendrunter aussehe.“ Jetzt stapft er mit drei Kollegen im Monat Oktober über einen Zebrastreifen in der Abbey Road, äh, in Kreuzberg mit der Kirche am Südstern im Hintergrund. Die vier stellen die Coverszene des berühmten Beatles-Albums nach. Das orange-weiß-gewürfelte Müllauto ist reingemogelt, und statt der Zigarette hat der falsche Paul McCartney einen USB-Stick in der Hand. „Politisch korrekt“, sagt Hartramph, schließlich sei Recycling eine ernsthafte Sache. Und der bei Kunden begehrte Kalender sei nicht nur Jux und Dollerei, sondern „Marktwirtschaft“. Reklame plus Mitarbeiterspaß.

„Wir recyceln alles – nicht nur Erinnerungen“ ist 2012 das Motto. Die Müllwerker stellen diesmal Kultiges aus der Film-, Foto-, Popgeschichte nach. „Das ist unsere Stammdatenkraft“, sagt Hartramph und zeigt auf Audrey Hepburn. Na ja, eigentlich zeigt er nicht auf Hepburn, sondern auf Evelyn Zirkel, die in Aufmachung und Pose Audrey Hepburn in „Frühstück bei Tiffany“ imitiert. Die Familienmutter, die sonst Kundendaten pflegt, ist kein so zartes Reh wie der Hollywoodstar – das gibt dem Kalenderblatt Charme. Lustig ist auch der in Mahlsdorf ansässige Leiter Innendienst als Discokönig in „Saturday Night Fever“ anzusehen. Der war mal Turniertänzer, sagt Hartramph. Daher also die Körperspannung.

Fotografiert hat die Kalenderblätter Frank P. Wartenberg, eins stammt von Merlin Nadj-Torma. Die meisten Aufnahmen – so wie die nachgestellte Mittagspause der Tonnenboys in der Pose der Erbauer des Rockefeller Centers in New York – sind im Studio entstanden. Kein Mitarbeiter musste sich auf einem dünnen Balken hoch über die Dächern Berlins schwingen. Da müsste ja der Betriebsratsvorsitzende eingreifen. Der kann aber nicht, weil er als Patrick Swayze in „Dirty Dancing“ im schwarzen Unterhemd posieren muss.

Zu bekommen ist das gute Stück kostenlos bei allen Müllautos mit einem entsprechenden Aufkleber. Und ab Dezember für zwölf Euro im Online-Shop von Berlin Recycling. Und wenn das Jahr um ist: ab damit in die Altpapiertonne.

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