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Berlin: Reden, bis das Glöckchen klingelt 76 Studenten aus 16 Ländern wetteifern beim Debattier-Turnier

Empört springt Alexander Morell (22) von seinem Stuhl, fasst sich mit der rechten Hand an den Hinterkopf und hebt den linken Arm – das Zeichen für eine Zwischenfrage: „Sir, I have a point.“ Doch der Redner am Pult lehnt die Unterbrechung seines Kontrahenten höflich ab: „No, thanks.

Empört springt Alexander Morell (22) von seinem Stuhl, fasst sich mit der rechten Hand an den Hinterkopf und hebt den linken Arm – das Zeichen für eine Zwischenfrage: „Sir, I have a point.“ Doch der Redner am Pult lehnt die Unterbrechung seines Kontrahenten höflich ab: „No, thanks.“ Dann klingelt das Glöckchen – der Redner soll zum Ende kommen.

Emotional geht es beim Debattier-Tunier im Rathaus Schöneberg schon zu, und trotzdem bleiben alle diszipliniert. Beim zweiten mittel- und osteuropäischen Debattierturnier der Wochenzeitung Die Zeit lieferten sich am Wochenende 76 Studentinnen und Studenten aus 16 mittel- und osteuropäischen Ländern verbale Wortgefechte auf hohem und gleichzeitig unterhaltsamem Niveau. Das Thema beim Halbfinale: „transatlantische Freundschaft“. Jede Gruppe à zwei Teilnehmer hatte 15 Minuten, sich auf das vorgegebene Thema vorzubereiten. Vier Studierende auf der einen Seite argumentieren für eine uneingeschränkte Solidarität mit den USA, vier dagegen. Wie im Parlament wird diskutiert. Oder besser: wie in den Houses Of Parliament. Denn beim Debattier-Turnier wird im „British Parliamentary Style" geredet. Und das nach strengen Regeln: Eine der Juroren erteilt und entzieht den Rednern das Wort. Sieben Minuten hat jeder Sprecher Zeit, die Anwesenden zu überzeugen. Von der zweiten bis zur sechsten Minute dürfen die Zuhörer Fragen stellen – allerdings nur, wenn es der Redner erlaubt.

Und dann geht es los, abwechselnd im Pingpong-Verfahren. Die einen ruhig und sachlich, die anderen schnell und aufbrausend – alles auf Englisch. Klar, dass einige zu ihren rhetorischen Fähigkeiten mit einwandfreiem Englisch brillieren und routinierter argumentieren als andere. Letztendlich schlagen sie sich aber alle wacker. Keinem geht am Rednerpult das Wort aus, keiner überzieht seine Redezeit, und abfällig ist auch niemand geworden – ihr regelmäßiges Training ist allen anzumerken.

„Wir treffen uns einmal die Woche“, erzählt Alexander Morell nach der Debatte. Der 22-Jährige studiert Jura in Bonn und hat sich mit seinem Partner Florian unter die besten acht Teams durchgeschlagen. Erst vor einem Jahr haben sie an ihrer Universität den Debattier-Club gegründet. Auf dem Programm stehen Debatten auf deutsch und englisch, sowie Rhetorikübungen. „Wie Pilze sprießen Debattier-Clubs in Deutschland derzeit aus dem Boden“, sagt Alexander. Über 30 gebe es bundesweit schon. Was ihn zu einem guten Redner anspornt? Der Spaß. Debattieren sei wie Fußballspielen. „Nur dass man schon vorher schwitzt.“

Felix Lee

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