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Still sitzen, aufpassen, schreiben, rechnen: Je jünger Erstklässler sind, desto größer ist die Angst der Eltern vor Überforderung ihrer Kinder.

© Kitty Kleist-Heinrich

Reform der Früheinschulung: Die SPD warnt vor Kitaplatzmangel in Berlin

Den Machtwechsel im Roten Rathaus würde die CDU gern für ein paar Reformen nutzen. Wenn sie die Schulpflicht verschiebt, könnte es allerdings in den Kitas eng werden: Bis zu 12000 Kinder wären betroffen.

Die CDU schöpft neue Hoffnung, aber die SPD dämpft: In Sachen „Früheinschulung“ ist noch nicht klar, wohin die Entwicklung unter dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) gehen wird. Auch der aktuell erneute Anstieg bei der Zahl der Rückstellungen auf über 5200 Kinder ist für die SPD erst mal kein Grund, der CDU entgegenzukommen und die Schulpflicht zu verschieben.

"Diese Symbolpolitik wird es mit uns nicht geben"

„Dann würde man ein vermeintliches Problem lösen und ein größeres dazubekommen“, prognostiziert SPD-Bildungspolitiker Lars Oberg mit Hinweis auf den absehbaren Mangel an Kitaplätzen, der entstünde, wenn plötzlich 12 000 Kinder weniger schulpflichtig wären. „Diese Symbolpolitik wird es mit uns nicht geben“, steht für Oberg fest, zumal er die Früheinschulung nicht für gescheitert hält. Schließlich müssten die jüngeren Schüler nicht viel häufiger in der zweiten Klasse verweilen als die älteren, die sechsjährig eingeschult wurden.

Der Kitaplatzmangel ist für die CDU kein Argument

Die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Hildegard Bentele, erwartet kein so großes Kitaplatzproblem. Gewiss würden nicht alle Eltern davon Gebrauch machen, wenn die Schulpflicht um fünf Monate verschoben würde, wie ihre Fraktion das vorschlägt. Zudem könne man dann ja „mehr Geld in den Kita-Ausbau stecken“, findet Bentele. Aber durchgerechnet hat sie das nicht.

Pro Monat kommen rund 2600 Kitakinder hinzu

Aber genau kann die CDU die Folgen ihrer Forderung nicht absehen, denn Tatsache ist, dass die Kitaplätze auch so schon knapp sind, zumal angesichts der Flüchtlingszahlen. Angesichts von 31700 schulpflichtigen Kindern in diesem Jahr kann man sich leicht ausrechnen, dass auf jeden Monat im Schnitt 2600 Kinder entfallen. Würde man also auf einen Schlag den Stichtag für die Schulpflicht um fünf Monate vorverlegen, wie die CDU es vorschlägt, könnten alle Kinder, die erst nach dem 1. August ihren sechsten Geburtstag feiern, einfach in der Kita bleiben. Wie viele von diesen rund 12000 Kindern dann von den Eltern per Antrag vorzeitig eingeschult würden, ist völlig unklar. Unstrittig dürfte sein, dass es in den Kitas zu Engpässen käme: Schon allein die 5200 Kinder, die zurzeit zurückgestellt werden, stellen viele Kitas vor Herausforderungen, weil weniger Plätze für Nachrücker frei werden, was wiederum für Verdruss bei den Eltern sorgt.

"Irrelevant" findet die SPD, dass Brandenburg anders verfährt

Ein Ausweg wäre, dass die Schulpflicht nicht auf einen Schlag, sondern allmählich verschoben würde. Davon halten aber weder Oberg noch Bentele viel, weil die Eltern dadurch ihres Erachtens verunsichert würden. Allerdings hat Bayern vorgemacht, dass das geht: Es verfuhr so, als Land vor rund zehn Jahren die Schulpflicht nach und nach nach vorn verlegte. Die Tatsache, dass Brandenburg als Stichtag der Schulpflicht den 30. September hat, ist für Oberg kein Argument: Es sei "irrelevant", dass die Nachbarländer unterschiedliche Regelungen hätten. Die Grünen hingegen fordern, dass Berlin sich Brandenburg anschließt.

Die CDU will noch mehr - zum Beispiel den MSA an Gymnasien abschaffen

Die CDU hat aber noch mehr auf der Wunschliste, etwa die Stärkung der Gymnasien durch mehr Ganztagsangebote. Zudem solle der MSA für Gymnasiasten abgeschafft werden: Da nur ein Prozent von ihnen durch die Prüfung fallen, hält Bentele es für unverantwortlich, dass die Gymnasien mit dem MSA belastet werden: Er beschert den Lehrern knapp 50 000 zusätzliche Prüfungen während der ohnehin stressigen Abiturzeit. Eine weitere Forderung, die bei Müller auf offene Ohren stoßen könnte, ist die bessere Besoldung von Grundschulleitern zur Bekämpfung des Nachwuchsmangels. Wenig Hoffnung hat Bentele hingegen, dass ihre Partei bei der Verbeamtung der Lehrer weiterkommt, „da dies im Koalitionsvertrag ausgeschlossen wurde“.

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