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Mischt sich gern mal ein: Thomas Heilmann, Justizsenator, aber auch in Wirtschaft bewandert.

© dpa

Regierungsparteien CDU und SPD: Keine gemeinsame Linie zu Wasserbetrieben

Wie können die Wasserpreise in Berlin gesenkt werden? Im Senat nicht abgestimmte Vorschläge des nicht zuständigen Justizsenators Heilmann (CDU) heizen die Debatte um die Rekommunalisierung der Wasserbetriebe an. Und was hat Heilmann mit Veolia zu tun?

Unternehmer ist, wer etwas unternimmt. Justizsenator Heilmann ist ein multipler Unternehmer: Er hat in Werbung gemacht, in Immobilien und Internet. Kommt es daher, dass er auch als Senatsmitglied einfach mal was unternommen hat, was eigentlich nicht wirklich in seine Zuständigkeit fällt. Konnte er einfach nicht widerstehen, wo es um Millionengewinne und private Beteiligungen geht – oder warum mischte er sich in den Streit um den Umgang mit den Berliner Wasserbetrieben ein?

Die politische Kontrolle über das zur Hälfte landeseigene Unternehmen hat für den Senat bis zur ihrem kürzlichen Ausscheiden Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz (parteilos, für CDU) ausgeübt. Federführend bei Verhandlungen über den Rückkauf privater Anteile ist Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD). Einen Vertrag hat er bereits ausgehandelt: mit der RWE. Mit der ebenfalls beteiligten Veolia wollte Nußbaum nach eigenen Angaben vorerst nicht verhandeln – dafür habe er keinen Auftrag des Senats.

Doch da platzt die Nachricht über detaillierte Pläne der CDU hinein, wie der Streit mit dem französischen Konzern über die angestrebte Senkung der Wasserpreise zu schlichten wäre. Das Papier stammt von Justiz- und Verbraucherschutzsenator Thomas Heilmann (CDU), der auch für die Regulierung der Preise zuständig ist.

„Für die CDU macht er Veolia weitreichende Zusagen“, sagt Klaus Lederer von der Linken. „Hinter dem Rücken der SPD“ habe Heilmann „separat sondiert“. Das vertrage sich nicht mit dessen Rolle als Justiz- und Verbraucherschutzsenator, meint Lederer. Die Wasserspreise sind in Berlin nach Auffassung des Kartellamtes ja ohnehin viel zu hoch. Die Vorschläge wären gleichsam eine Steilvorlage für Veolia bei den Verhandlungen mit dem Senat über einen Rückkauf der Anteile. Von einem „einheitlich handelnden Senat“ sei jedenfalls „nichts mehr erkennbar“.

Die Frage ist allerdings, ob es eine einheitliche Linie des Senats in der Frage des Umgangs mit den privaten Anteilseignern bei den Wasserbetrieben überhaupt gibt. Der unterschriftsreife Vertrag über den Rückkauf der RWE-Anteil ist noch nicht vom Parlament verabschiedet. Es gibt Bedenken gegen diesen Vertrag – und noch größere darüber, ob überhaupt über einen Rückkauf der weiteren Anteile von Veolia verhandelt werden sollte. Gerüchte, wonach der französische Konzern möglichst rasch sein Berliner Investment wieder loswerden wolle, wurden postwendend dementiert.

Stattdessen nutzt Veolia geschickt die einflussreichen Netzwerker der hauptstädtischen CDU, um sich Zugang in die engeren Zirkel der Macht zu verschaffen: Der Steglitz-Zehlendorfer Bundestagsabgeordnete Karl-Georg Wellmann war es, der Spitzenmanagern des Konzerns im August Zutritt zu Parteifreund Heilmann verschaffte: zu einem „Kennenlerngespräch“, wie Wellmann auf Anfrage sagt, bei dem „nicht verhandelt wurde“. Er habe auch kein Mandat von Veolia. Und auch Heilmann sagt, dieses Gespräch habe keinen Einfluss auf seine später vorgelegten Papiere gehabt.

Die Hand zu weit ausgestreckt?

Heilmann ist wie viele in der CDU gegen einen Rückkauf der Veolia-Anteile, die frühere Wirtschaftssenatorin von Obernitz soll sich dafür ausgesprochen haben. Um eine einheitliche Haltung zu finden, kam es zu fraktionsinternen Gesprächen, die zu keinem Ergebnis führten. Da soll Fraktionschef Florian Graf Heilmann den Auftrag erteilt haben, Alternativen auszuloten zu Ankaufsverhandlungen mit ungewissem Ausgang bei anhaltend hohen Wasserpreisen.

Heilmann saß Ende der 90er Jahre selbst im Aufsichtsrat der Wasserbetriebe. Er kennt das Unternehmen daher gut. Und eine Verhandlungslösung, so das Kalkül in der CDU, könnte eine Verhärtung der Fronten verhindern: Mit Unterstützung durch Veolia klagen die Wasserbetriebe seit Jahren gegen das Kartellamt – und nun auch gegen dessen Anweisung an die Wasserbetriebe, die Preise zu senken. Selbst wenn der Senat durch einen politischen Beschluss die Preise senken würde, könnte Veolia weiter die Hand aufhalten: Die „Rundumsorglos- Verträge“, die seinerzeit geschlossen wurden, garantieren dem Investor eine üppige Rendite. Sogar von Schadensersatzansprüchen wird in einem solchen Fall gesprochen. Gibt es dazu Alternativen?

Das Ergebnis von Heilmanns Überlegungen ist in vier Versionen eines internen Papiers dargelegt, das nun öffentlich wurde. Darin schlägt er ein einjähriges Moratorium vor. In dieser Zeit greift der Senat nicht in Struktur und Geschäfte der Wasserbetriebe ein. Veolia darf den Unternehmensvorstand berufen und damit wie in den letzten 14 Jahren auch das operative Geschäft leiten. Sollte der Kartellamtsbeschluss scheitern, solle eine Preissenkung beschlossen werden, deren Höhe Ergebnis von Verhandlungen ist.

Vorwürfe, da strecke einer dem privaten Investor die Hand weit aus, weist Heilmann zurück: „Das ist bestimmt kein einseitig Veolia begünstigenden Vertrag, sondern das ist der sicherste Weg, auf dem schnell sinkende Preise erreicht werden“, sagt der Verbraucherschutzsenator. Dass er die Unternehmensführung weiterhin bei den Privaten lassen will, ist für ihn aufgrund der Sanierungserfolge im Unternehmen der beste Weg: „In den neunziger Jahren hat das Unternehmen häufig hohe Verluste geschrieben“, sagt er. Und damals bestimmte schon mal politische Raison die Unternehmensführung.

Im Sonderausschuss „Wasserverträge“ war die Aufregung am Freitag dennoch groß. „Schädlich“ nannte Karlheinz Nolte von der SPD-Fraktion das Papier, denn es schwäche die Verhandlungsposition des Landes. Die SPD habe weiter die Absicht, die RWE-Anteile zurückzukaufen. Das Geschäft sei vorbereitet und werde wohl „noch im Oktober“ abgeschlossen. Ob die SPD auch die Veolia-Anteile zurückkaufen will, bleibt offen. Finanzsenator Nußbaum wird nachgesagt, den Rückkauf auch der Veolia-Anteile zu befürworten. Er hält sich bedeckt und sagt auf Anfrage: „Ich habe den Kollegen Heilmann gebeten, mich über eventuell geführte Gespräche mit Veolia und getroffene Abmachungen oder verfahrensbeeinflussende Umstände in Kenntnis zu setzen.“

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