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Regierungsumzug: Alle Ministerien an die Spree?

Politiker aus dem Bund und Nordrhein-Westfalen streiten über einen Umzug aller Bundesministerien von Bonn nach Berlin. Besonders die zusätzlichen Kosten durch die Reisen zwischen den beiden Städten werden kritisiert.

Hamburg/Düsseldorf - Haushaltspolitiker der großen Koalition drängten auf einen kompletten Regierungsumzug nach Berlin in den kommenden Jahren. Der nordrhein-westfälische Minister für Bundesangelegenheiten, Michael Breuer (CDU), kritisierte, solche Rufe seien nicht durch die Fakten gedeckt. Der Haushaltsausschuss-Vorsitzende im Bundestag, Otto Fricke (FDP), sagte, das letzte Wort in der Angelegenheit sei noch nicht gesprochen.

In den vergangenen Monaten waren immer wieder Forderungen nach einem Komplettumzug laut geworden. Zuletzt sprachen sich auch die beiden Ministerpräsidenten von Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, Christian Wulff und Wolfgang Böhmer (beide CDU), dafür aus. Nach Medienberichten wurden für den doppelten Dienstsitz vieler Bundesministerien knapp 200 Millionen Euro seit 1996 ausgegeben. Derzeit haben noch sechs Bundesministerien einen Standort am Rhein.

"Funktionsfähigkeit der Regierung beeinträchtigt"

Der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Steffen Kampeter (CDU), sagte: "Wir wollen das Thema Bonn-Berlin-Umzug interfraktionell forcieren, weil wir Effizienzgewinne anstreben und Einsparpotenziale realisieren wollen." Der SPD-Haushaltssprecher Carsten Schneider betonte: "Ich habe nicht den Eindruck, dass es so, wie es derzeit läuft, das Beste ist."

Der CDU-Haushaltspolitiker Jochen-Konrad Fromme forderte: "Der Bonn-Berlin-Umzug muss vollendet werden, weil die Arbeitsweise der Regierung an zwei getrennten Standorten und die Kosten dafür unerträglich geworden sind." Durch die ständige Reisetätigkeit der Beamten falle zusätzliche Arbeitszeit an, die den Steuerzahler dauerhaft viel koste. Auch werde die Funktionsfähigkeit der Regierung beeinträchtigt.

Kosten von rund fünf Milliarden Euro

Breuer forderte ein Ende der Debatte. So würden die Kosten für einen Umzug auf rund fünf Milliarden Euro geschätzt, die durch Kredite finanziert werden müssten. Allein die Zinsen lägen bei weitem über den kritisierten Reisekosten der Beamten, die zwischen Bonn und Berlin pendelten. Finanzfragen hätten bei der Entscheidung für Berlin als Regierungssitz keine Rolle gespielt. "Hätten sie eine Rolle gespielt, wäre die Entscheidung klar auf Bonn gefallen", hob der CDU-Politiker hervor. Er verwies darauf, dass der Status von Bonn als Standort internationaler Organisationen eng mit der Existenz von Bundesministerien in der Stadt verbunden sei.

Zugleich sei es für Deutschland als föderalem Staat ein wichtiges Zeichen, nicht die komplette Bundesregierung in Berlin zu zentralisieren. Fricke sagte: "Wir sind gegenüber Bonn ein gesetzliches Versprechen eingegangen, aber wir haben auch gegenüber allen Steuerzahlern die Verpflichtung, auf Dauer das Beste und Kostengünstigste zu machen." Ein Komplettumzug für mehrere Milliarden Euro stehe zwar in keinem Verhältnis zum Ergebnis. Aber auch die Linie, alles so zu belassen, sei nicht richtig. Der Haushaltsausschuss werde bis zum Sommer weitere Fakten sammeln und dann eine Evaluierung vornehmen. "Ich bin froh um jede transparente Zahl, die auf den Tisch kommt, denn das nimmt beiden Extremen den Boden", sagte Fricke. (Von Martin Roy, ddp)

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