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Rot, gelb, grün: So sieht das Liniennetz ab 2022 aus.

© VBB

Regionalverkehr beim VBB: Odeg und Deutsche Bahn gewinnen Ausschreibung

Es ist perfekt. Die Odeg übernimmt ab 2022 die wichtige Linie RE1 im VBB - unglücklich ist die Deutsche Bahn darüber ganz und gar nicht.

Zwei Firmen haben gewonnen, zwei verloren. Der eigentliche Gewinner ist jedoch der Fahrgast. Es wird mehr und längere Züge geben sowie mehrere neue Linien. Am Freitag stellte der VBB das neue Netz „Elbe-Spree“ vor. Von 2022 bis 2034 teilen sich die Deutsche Bahn und die Odeg den Auftrag, beide haben je zwei Lose gewonnen. Das Ergebnis war bereits vor zwei Wochen durchgesickert.

Der Zuschlag in der europaweit größten Ausschreibung eines Nahverkehrsnetzes ist jetzt rechtskräftig - die beiden unterlegenen Bewerber haben nicht geklagt. Der VBB hatte vorgegeben, dass ein Unternehmen nur maximal zwei Lose gewinnen darf und dass die beiden wichtigsten Lose 1 (RE1) und 2 (RE2, RB10, RB14, Flughafenexpress) an zwei verschiedene Unternehmen gehen.

Für die Bahn sind Arbeitsplätze wichtiger als der Ruf des RE1

Die Deutsche Bahn ist froh, die Lose 2 und 3 gewonnen zu haben, sagte DB-Regio-Chef Joachim Trettin. Wenn die Bahn den RE1 gewonnen hätte, wären 150 Arbeitsplätze verloren gegangen, sagte Trettin. „Die Arbeitsplätze sind uns wichtiger als der Ruf des RE1“, sagte Trettin. Und noch einen Vorteil hat die Vergabe für die Deutsche Bahn: Sie kann beide Lose mit vorhandenen Zügen beschicken.

Nach Angaben von VBB-Chefin Susanne Henckel steigt das Angebot ab 2022 um 30 Prozent auf 28 Millionen Zugkilometer. Die Länder Berlin und Brandenburg zahlen dafür jeweils mehrere Millionen Euro zusätzlich. Neue Technologie wie Batterie- oder Wasserstoff-Züge wird es nicht geben, bedauerte Brandenburgs Infrastrukturministerin Kathrin Schneider (SPD).

Kein Unternehmen habe alternative Antriebe angeboten – obwohl dies in der Ausschreibung gewünscht war. Auf den nicht elektrifizierten Strecken werden also weiter Diesel-Züge tuckern. Völlig neu konzipiert wird die Anbindung des Flughafens BER durch mehrere Linien. Mit Inbetriebnahme der Dresdner Bahn im Jahr 2025 (so jedenfalls der Plan) wird das Liniennetz erneut an vielen Stellen verändert.

WLAN in allen Zügen

In allen Zügen wird es künftig W-Lan geben. Davon werden die Fahrgäste schon vorher profitieren, weil die Wagen bis 2022 nach und nach umgerüstet werden. Neue Triebfahrzeuge wird es nur auf der Linie RE1 geben. Die Odeg wird dafür 21 sechsteilige Züge des Modells „Desiro“ bei Siemens bestellen. Da die Züge keine Neuentwicklungen sind, soll es keine Probleme mit der Zulassung geben, sagte Odeg-Chef Arnulf Schuchmann.

Beim Start der Odeg im Verkehrsverbund im Jahr 2012 hatte es viel Ärger gegeben, weil die neuen „Kiss“-Züge keine Zulassung bekommen hatten und zunächst uralte Waggons aus anderen Ländern provisorisch fuhren – mit Plumpsklo und Skiabteil statt Fahrradwagen. Nun sei die Herausforderung eher das Personal, sagte Schuchmann. Die Odeg muss 100 neue Lokführer einstellen, „wir müssen ausbilden, ausbilden und noch mehr ausbilden“.

Der RE1 wird künftig im 20-Minuten-Takt zwischen Frankfurt und Brandenburg (Havel) über die Berliner Stadtbahn fahren. Bislang gibt es nur einen Halbstundentakt. Die Desiro-Züge haben 637 Plätze, die Ausschreibung hatte nur 600 verlangt. Das Sitzplatzangebot steigt im Vergleich zu heute um 55 Prozent.

Werden die Bahnsteige verlängert?

Und noch mehr ist möglich: In den nächsten Monaten soll die Entscheidung fallen, ob 30 Bahnsteige an 14 Bahnhöfen am RE1 verlängert werden. Dies kostet Millionen, die Idee ist Teil des Infrastrukturprojektes „i2030“. In diesem Fall will die Odeg achtteilige Züge einsetzen (zwei Vierteiler in Doppeltraktion mit 800 Sitzplätzen). Bislang passen an viele Bahnsteige nur maximal fünf Wagen plus Lok, dies ist der limitierende Faktor. Möglich sei auch, einige achtteilige Züge zu kaufen, die dann als Verstärker nur auf den wichtigsten Stationen halten, die schon für längere Züge tauglich sind.

Dies sind die Berliner Bahnhöfe, Erkner, Fürstenwalde, Potsdam und Werder zum Beispiel. Auf der RE1 hatte es wie bei der Strecke nach Nauen die lautesten Proteste von Fahrgästen über überfüllte Züge gegeben. Die Desiros erhalten eine seitliche Auslastungsanzeige an den Wagen, so dass die Fahrgäste schon am Bahnsteig erkennen, welcher Wagen ist wie voll. Innen wird es ein Catering geben und mehr Platz für Fahrräder (ohne Klappsitze dahinter). Der VBB hat neue Züge auf dem RE1 vorgeschrieben. Die vier Mittelwagen sind zweistöckig, die angetriebenen Wagen an der Spitze haben nur ein Deck.

Ein vierteiliger "Desiro HC" für Baden-Württemberg. Die Mittelwagen sind doppelstöckig, die Wagen an der Spitze nur einstöckig.
Ein vierteiliger "Desiro HC" für Baden-Württemberg. Die Mittelwagen sind doppelstöckig, die Wagen an der Spitze nur einstöckig.

© Promo: Siemens

Berlin - Nauen alle 15 Minuten

Zwischen Cottbus und Nauen will die Deutsche Bahn als Gewinner der Lose 2 und 3 die 75 Doppelstockwagen einsetzen, die bislang auf der RE1 fuhren. Zudem bekommt die Bahn 70 Waggons aus anderen Regionen, in denen sie Ausschreibungen verloren hat. Alle Waggons werden in Wittenberge im DB-Werk modernisiert, dies sichert auch dort viele Arbeitsplätze. Zwischen Nauen und Berlin werden vier Linien pro Stunde fahren, stündlich gibt es dann 2000 Sitzplätze. Nach Cottbus wird auch in den nächsten Jahren nur ein Zug pro Stunde rollen, da mehr auf der teilweise eingleisigen Strecke nicht möglich ist. Einen Halbstunden-Takt kann es nur zwischen Berlin und Lübbenau geben. Mit der Eröffnung der Dresdner Bahn 2025 ändert sich vor allem die Anbindung des BER völlig, der Flughafenexpress FEX ist dann deutlich schneller, da die Strecke kürzer ist als über Ostkreuz und Gesundbrunnen. Dann fährt der FEX alle 15 Minuten über Südkreuz.

RE7 nur teilweise verstärkt

Die Linie RE7 wird zwischen Bad Belzig und Wannsee ganztags auf zwei Züge pro Stunde verdichtet. Zwischen Dessau und Senftenberg bleibt es beim Stundentakt. Zum Einsatz kommen modernisierte Talent 2-Triebwagen, die in Spitzenzeiten pro Fahrt 420 Sitzplätze aufweisen. Die in Wannsee endenden und beginnenden Züge haben einen kurzen Anschluss per S-Bahn in Richtung Berlin, heißt es beim VBB. Gemeinsam mit der neuen Linie RB37, die zwischen Beelitz und Berlin die heutige RB33 ersetzt, besteht zwischen Michendorf und Berlin-Wannsee ganztägig ein Angebot von drei Zügen in der Stunde. Ganz neu ist die Linie RB33, die Jüterbog und Potsdam über Beelitz verbindet.

Auf der Strecke von Berlin nach Zossen und Elsterwerda fährt künftig die Linie RE8 nach Elsterwerda bzw. Finsterwalde (statt bisher die RE5). Auf der RE8 kommen die "KISS"-Züge der Odeg zum Einsatz, die zurzeit auf den Linien RE2 und RE4 fahren. Auch sie werden vollständig modernisiert.

Die beiden unterlegenen Bieter waren nach Informationen des Tagesspiegels Abellio und Transdev. Abellio blamiert sich gerade in Sachsen-Anhalt, viele Fahrten fallen aus, weil Lokführer fehlen.

Die Odeg fährt ab 2022 auch auf der Linie zwischen Magdeburg und Cottbus.
Die Odeg fährt ab 2022 auch auf der Linie zwischen Magdeburg und Cottbus.

© imago/Jürgen Heinrich

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