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Königliches Projekt, großes Staunen. Friedensnobelpreisträger Henry Kissinger (links) mit dem früheren deutschen Botschafter in den USA, Klaus Scharioth (rechts) im Washingtoner Botschaftsgebäude, wo eine Animation des Berliner Schlosses an die Wand projiziert wurde. Beide gelten als Unterstützer des Projektes, das royale Elemente zurück ins Berliner Stadtbild bringt. Zu den Schloss-Unterstützern zählt auch Ex-US-Präsident George Bush sen. Unten sein Schreiben an Schloss-Aktivistin Kathleen von Alvensleben.

© promo

Reiche Spender: Millionäre fürs Humboldtforum

Wer glaubt wirklich an das Berliner Schlossprojekt? Ein Ex-US-Präsident, jüdische Emigranten und deutsche Firmenchefs. Sie alle wollen spenden. Aber wird das reichen?

Die Zweifler sind nicht verstummt. Die Rekonstruktion des Schlosses? Sie wird scheitern: weil es an Spendern fehlt! Weil das Konzept nicht aufgeht! Weil das Neue Berlin keinen Barockbau braucht! Es sind Reflexe, die verdrängen, wie unumkehrbar ein Projekt geworden ist, das im Bundestag von fast allen Parteien getragen wird, und das durch ein Netzwerk von Förderern abgesichert ist, zu dem Patriarchen deutscher Industriekonzerne gehören – und ein US-Präsident a.D..

„Wir Amerikaner sind stolz darauf, Europa bei der Überwindung der Teilung von Berlin, von Deutschland und von Europa geholfen zu haben. Und wenn das Berliner Schloss wiederhergestellt ist, wird eine der letzten sichtbaren Wunden von Zerstörung und Teilung geheilt sein“, begründet der ehemalige US-Präsident George Bush senior sein Engagement für das Schloss. Bush ist Mitglied im „honorary board“. Zu dieser ersten Riege amerikanischer Schlossförderer gehören Ex-Außenminister Henry Kissinger, Kosmetik-Erbe Ronald Lauder und der deutschstämmige amerikanische Medizinnobelpreisträger Günter Blobel.

Und während in Berlin noch über Sinn und Zweck des Humboldtforums sinniert wird, hat den Ex-US-Präsident der Gedanke längst überzeugt: Dass nach einem Jahrhundert der Kriege und Spaltungen in der Welt ein Dialog der Kulturen nottut, im Geiste des „berühmten deutschen Naturwissenschaftlers Alexander von Humboldt“. Zumal der große Forschungsreisende im Jahr 1804 von einem Vorgänger Bushs im Weißen Haus empfangen wurde, von Thomas Jefferson.

Nicht nur das verbindet. Friedensnobelpreisträger Henry Kissinger hatte im Sommer in der Villa des Berliner Unternehmers Jürgen Leibfried für die Rekonstruktion des Schlüterbaus geworben. Warum nur? Sein Vater, so Kissinger launig, hätte gewettet, dass Henry eher Präsident der Vereinigten Staaten würde, als dass er in Berlin für die Wiederherstellung eines Hohenzollernbaus wirbt. Nun, diese Wette hätte sein Vater hiermit verloren, gab Henry zu Protokoll. Die Kissingers waren 1939 aus Fürth in die USA emigriert. Als US-Soldat kam Henry 1945 nach Deutschland zurück. „Für ihn ist das auch ein Stück Heimat“, sagt Unternehmer Leibfried.

Das bedeutendste Kulturprojekt der Bundesrepublik?

Kissinger, Bush, Lauder – dass so prominente US-Bürger für das Humboldtforum werben, ist ein Glücksfall für den Bauherrn, zumal die Schloss-Stiftung im kommenden Jahr eine „Roadshow“ nach New York und Washington plant und die Prominenten so manche Tür öffnen werden. Leibfried zufolge gibt es viel „Verbindendes in der deutsch-jüdischen Kulturgeschichte vor 1933 und nach 1945“, und das sei der Impuls, der das Engagement von Kissinger trägt. Leibfried, selbst evangelisch, ist mit einer Muslima verheiratet und baute zusammen mit jüdischen Partnern eine Immobilienfirma auf. Ganz selbstverständlich führt er gleichsam jenen „interkulturellen Dialog“, dem das Humboldtforum dienen soll. Leibfried ist Schlossaktivist der ersten Stunde: Er beteiligte sich mit 250 000 Euro an der Fassadenattrappe, mit der im Jahr 1993 für die Rekonstruktion geworben wurde.

Zunehmend wird das Schloss in Unternehmerkreisen als das bedeutendste Kulturprojekt der Bundesrepublik wahrgenommen. Die Liste der Firmenchefs, die mit dem wirtschaftlichen Erfolg zur Kultur und Kunst finden, reicht von Berggruen bis Flick. Für den Chef der Schlossstiftung Manfred Rettig ist das Engagement auch ein Ausdruck für „den Wunsch in Deutschland, als Kulturnation wahrgenommen zu werden“. Von München über Köln bis Hamburg reichen die Kontakte der Stiftung. Oft sind es Patriarchen, die das Projekt unterstützen und die Firmenvillen oder ihre privaten Anwesen für Dinner von Förderern öffnen, die 1000 Dollar für den Abend gerne zahlen.

Vor allem in westdeutschen Industriellenkreisen gehört es fast schon zum guten Ton, Förderer dieses „nationalen Kulturprojekts“ zu sein. Aber im Osten der Republik? Da könnte die Schirmherrschaft, die Bundespräsident Joachim Gauck in dieser Woche übernahm, den Durchbruch bringen: „Damit erreichen wir Kreise, die kulturell im Osten verwurzelt sind.“ Dass dort noch so mancher Widerstand gegen das Schloss zu überwinden ist, hat mit dem Vorgängerbau zu tun: Das Schloss ersetzt den Palast der Republik, mit dem Erinnerungen an Hochzeit, Jugendweihe oder an Kegelabende verbunden ist. Da hilft es, wenn der aus dem Osten stammende Bundespräsident mit seiner Unterstützung des Schlosses zum Blick nach vorne aufruft.

Aber wird das reichen, um Spenden in Höhe von rund 108 Millionen Euro einzusammeln? „Ich sehe keine Notwendigkeit für einen Plan B“, sagt Rettig. Noch bevor mit dem Bau des Schlosses offiziell begonnen wurde, stehen 6,3 Millionen Euro auf den Kontoauszügen der Stiftung. In der vergangenen Woche ging die vorerst letzte Million für das Projekt auf den Stiftungskonten ein. So richtig ins Rollen komme die Spendenwelle aber im kommenden Jahr, hofft Rettig, wenn mit Angela Merkel der Grundstein gelegt wird.

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