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Berlin: Reifeprüfung mit 66

Karin Dombach holt am Berlin-Kolleg ihr Abitur nach. Hinterher will sie studieren

Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an – und manchmal auch das Abi. Jedenfalls ist das bei Karin Dombach so, die nun wieder zur Schule geht. „Ich habe 42 Berufsjahre hinter mir, ich bin gelernte Steuerfachgehilfin", sagt sie. Vor drei Jahren ging sie in Rente. Aber: „Das wurde mir auf Dauer zu langweilig.“ Da kam ihr das Angebot vom Berlin-Kolleg Schöneberg gerade recht. Und nachdem man ihr auf Nachfrage geantwortet hatte „das Alter wird hier nicht diskriminiert“, wurde sie Schülerin. Wenn sie über die Schule erzählt, funkeln ihre Augen. „Mir werden hier jeden Tag neue Fenster geöffnet. Ich bekomme ein Wissen, das ich sonst nie erhalten hätte.“ Obwohl sie sich schon anstrengen müsse, Englisch, Spanisch, dann auch noch Mathe. „Aber ich habe keine vier“, verkündet sie stolz. Und Politik fände sie besonders spannend, gerade darum, weil man über den 2. Weltkrieg diskutiere, neben ihr 20-Jährige säßen, und sie erzählen könne, dass sie das alles miterlebt habe. In der Klasse duzen sich alle.

Karin Dombach ist zwar die älteste Schülerin der Stadt – nur drei Berliner sind ebenfalls über 60 –, aber wie 66 Jahre wirkt sie nicht. Sie trägt extravagante, poppige Kleidung und färbt sich die Haare. Geboren wurde sie in Braunschweig, wohnt aber seit 1986 in Berlin. Der Sohn ist 46, die Tochter 39. Was sagen die beiden und die drei Enkelkinder zu ihrem Lebensstil? „Die finden das toll“, sagt Karin Dombach. Obwohl die Enkelkinder nicht verstehen könnten, wie jemand freiwillig zur Schule gehen könne. Das Miteinander dort sei „prima", auch wenn zu Anfang schon mal komisch geguckt wurde. Das Durchschnittsalter der Schule liegt bei 26 Jahren, Karin Dombach ist die Älteste am Kolleg, inklusive der Lehrerschaft. Der Schultag beginnt um halb sechs, wenn der Wecker klingelt. Bis zum Sommer muss sie das noch durchhalten, dann sind Prüfungen. Und was kommt dann? „Ich mache ein halbes Jahr Pause, werde verreisen, meinen Sohn in Kairo besuchen. Ja, und dann studiere ich Politik und Geschichte.“ Der Anlass ist derselbe wie beim Abi: „Ich möchte einfach was für mich tun“, sagt die 66-Jährige.

Wie lange das Studium auch dauern wird – man wird sie an der Uni wohl für eine Langzeitstudentin halten. Selbst wenn Karin Dombach in der Regelstudienzeit fertig wird.

Jens Thomas

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