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Reinickendorf: Bezirkskassen geplündert

Ein Mitarbeiter aus Reinickendorf muss sich vor Gericht verantworten. Auch in Steglitz-Zehlendorf wurden nach Veruntreuung Konsequenzen gezogen.

Um jahrelange Betrügereien im Bezirksamt Reinickendorf geht es am Freitag vor dem Amtsgericht Tiergarten. Rund 45 000 Euro soll ein Mitarbeiter der Immobilienverwaltung für sich abgezweigt haben. Der inzwischen 65-Jährige hatte den Ermittlungen zufolge zumeist Rechnungen manipuliert und die Auszahlungsbeträge an sich oder seine Lebensgefährtin überweisen lassen. In der Anklage wegen gewerbsmäßigen Betruges und Urkundenfälschung werden 160 Taten zwischen Februar 2006 und Februar 2010 aufgelistet. Begonnen habe der Mann, der seit Anfang der 1970er Jahre im Bezirksamt tätig war, mit Summen unter 50 Euro. Zuletzt seien es im Einzelfall bis zu 1200 Euro gewesen, die er sich zuschusterte. Im Ermittlungsverfahren soll er sich geständig gezeigt haben.

Noch höhere kriminelle Energie soll der frühere Ordnungsamtschef von Steglitz-Zehlendorf an den Tag gelegt haben. Mehr oder weniger durch Zufall waren im vorigen August Unterschlagungen in großem Stil aufgefallen, die Thomas M. vorgeworfen werden. Zunächst waren Mitarbeiter darauf aufmerksam geworden, dass 70 Euro in der Kasse fehlten. Bei der Überprüfung fand sich der kleine Betrag zwar ein, gleichzeitig stellte sich aber heraus, dass über einen Zeitraum von vier Jahren 286 000 Euro unterschlagen wurden. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dauern an. Sie seien langwierig, sagt Justizsprecher Martin Steltner, da man die einzelnen Unterschlagungen über den Zeitraum vom Frühjahr 2006 bis zum Sommer 2010 untersuchen müsse. Wann Anklage erhoben wird, steht noch nicht fest. Der Fall hatte Schlagzeilen gemacht, da M. zuvor in der Kabel-1-Dokumentation „Mein Revier – Ordnungshüter räumen auf!“ als Vorzeigebeamter bekannt geworden war. Auch den Tagesspiegel hatte er bei einer Reportage über das Ordnungsamt begleitet.

M. soll seine herausgehobene Stelle dazu benutzt haben, bar bezahlte Einnahmen aus dem Verkauf von Parkvignetten sowie Geldbußen, die Außendienstmitarbeiter etwa bei falschem Parken oder Verstößen gegen die Leinenpflicht in Grünanlagen erhoben hatten, veruntreut zu haben. Wegen der Größenordnung dieses Falles wurde laut Stadträtin Barbara Loth (SPD) „im Bezirksamt alles auf den Kopf gestellt“. Zahlungsabläufe, Kontrollmechanismen und auch die Software stehen auf dem Prüfstand. Eine erste Konsequenz ist, dass Bürger im Ordnungsamt nicht mehr bar bezahlen können. Zudem wird überprüft, wie weit die Software, mit der Bareinzahlungen verbucht werden, manipulationsanfällig ist. Dies soll sich auch M. zunutze gemacht haben.

Es wird zudem ermittelt, wie weit M. bis November 2005 bei seiner früheren Tätigkeit im Bürgeramt Gelder unterschlagen hat. Nach Angaben der für den Bereich zuständigen Stadträtin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) wurden bisher 155 000 Einzelbuchungen überprüft. Allerdings seien hier schon Taten strafrechtlich verjährt, aber zivilrechtlich könnten noch Regressansprüche durchgesetzt werden.

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