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Der Berliner Axel Schloffer bereist die Berlins der Welt - so auch dieses in Südafrika.

© Axel Schloffer

Reise zu den Berlins der Welt: "Berlin 6 miles ahead"

Als wir vergangenen Sonntag eine interaktive Karte mit vielen Berlins rund um die Welt veröffentlichten, erhielten wir zahlreiche Leserbriefe. Viele mit Berlins, die wir übersehen hatten. Einen mit einer spannenden Geschichte: Axel Schloffer (37) schrieb uns, er reise seit Jahren zu den Berlins der Welt. Wir trafen ihn zu einem Gespräch über Mauerbruchstücke und Kühe am Ende der Welt.

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Herr Schloffer, Sie sind Berliner und fahren seit Jahren in den Ferien nach Berlin. Ist es nicht langweilig, immer am gleichen Ort zu sein?

Berlin ist nicht immer gleich Berlin. Ich war auf dem Berliner Höhenwanderweg in Österreich, in Berlin auf Jamaika, an den Berlin Falls in Südafrika und in vielen New Berlins in den USA. Wenn ich in 1000 Meter Höhe durch den Schnee kraxele oder am Strand liege, ist das ein himmelweiter Unterschied. Das aber ist das Reizvolle.

Woher der Wunsch die Berlins der Welt zu sehen? Ist Ihnen dieses zu klein geworden?

Ich mag Berlin, ich mag meine Stadt, aber angefangen hat es mit einem Schüleraustausch in die USA. Ich wollte eigentlich nach New York, doch das hat nicht geklappt. Und eines Tages stand meine Mutter vor mir und sagte: “Na, rate mal, wohin du fährst? Berlin!”. Ich bin dann 1994 von Berlin nach Berlin, Ohio, gezogen und dort in die Highschool gegangen. Seitdem war ich von den anderen Berlins fasziniert. 2011 bin ich zum ersten Berlin aufgebrochen. Seitdem habe ich auf zehn Reisen 35 Berlins gesehen.

Was reizt daran, beispielsweise in den Süden Sibiriens zu fahren, wo Sie am Ende der Welt ein Hütte, zwei Kühen und ein Ortseingangsschild “Berlinsky” finden?

Das ist doch topp. Ich habe das Ziel zu entdecken. Es gibt beispielsweise ein Berlin in Alabama. Google Maps zeigt dafür nur einen Punkt im Nirgendwo an. Da ist nichts. Da ist Wald. Ich bin zur Poststation im nächsten Ort gefahren und habe gefragt: “Wie sieht’s aus? Kennen Sie Berlin?” Ein älterer Herr meinte, ich solle geradeaus fahren und nach einer Senke immer rechts schauen. Nach dem vierten Mal vorbeifahren habe ich dann eine verfallene Holzhütte im Dickicht gefunden. Da war es: Berlin. Eine ehemalige Poststation, die Senke war eine verfallene Bahntrasse. Großartig.

"Jedes Berlin braucht ein Stück Mauer."

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Nicht nur in Sibirien, auch in der Karibik gibt es ein Berlin: auf Jamaika. Sie haben den Ort 2011 bereist. Wie sieht es dort aus?

Es gibt einen Laden und ein paar Bars. Ein Straßenschild mit “Welcome to Berlin” gibt es leider nicht. Berlin auf Jamaika ist ein ehemaliges Plantagengebiet. Geht man in die Büsche, findet man noch einige Überreste der großen Plantagenfelder. Doch am Rand von Berlin beginnt eine Tagebaugrube. Bauxit wird dort gefördert und die Grube soll womöglich erweitert werden. Einige der Anwohner haben Angst, dass Berlin bald der Mine zum Opfer fällt.  

Auswanderungswellen der Deutschen

Die Berlins, die Sie bereisen sind sehr unterschiedlich. Gibt es etwas, das zumindest die Berliner alle verbindet? Alles Hertha-Fans?

Leider nicht. Wir Berliner haben natürlich eine weitaus stärkere Bindung zu dem Wort “Berlin”. Für die Bewohner der anderen Berlins ist es meist nur ein Name unter vielen. In den USA ist es den Bewohnern bewusst, dass ihr Ort einen europäischen Namen trägt. Und häufig gibt es eine Historical Society, die sich mit der Geschichte des Ortes beschäftigt. Dazu gehört eben auch die Einwanderung. Die Amerikaner lieben es ja vorzurechnen, dass sie zu einem Achtel oder einem Sechzehntel Deutscher sind.

Das Einzige, was überall gleich war - in allen Berlins, in denen ich war: Die Berliner sind immer sehr freundlich. Ich bringe stets kleine Gastgeschenke mit: Eine Postkarte, einen kleinen Berliner Bären, ein Stück der Berliner Mauer. Denn jedes Berlin braucht ein Stück Mauer. Darüber freuen sich Berliner immer sehr.

Wo wollen Sie als nächstes hin?

Südamerika fehlt mir noch. Der Tschad, dann Papua-Neuguinea. Mich reizen am meisten Orte, über die es so gut wie keine Informationen gib. Wenn ich nur weiß, da irgendwo muss es sein: Berlin. Und man fährt und fährt und irgendwann kommt ein Schild “Berlin 6 miles ahead”, dann kommt die Gänsehaut. Die Recherche hat sich gelohnt. Das ist supercool.

Wenn Sie selbst ein Berlin gründen könnten, wo wäre der Ort Ihrer Wahl?

(lacht) Ich würde versuchen, das Beste aus den Berlins mitzunehmen: Ein bisschen Strand, ein bisschen Berge, ein bisschen Großstadt. Wo genau, weiß ich nicht.

Michel Penke

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