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Kandidaten-Dämmerung. Einer regiert bald Berlin - doch wer kann es? Am Mittwochabend näherte sich die SPD-Basis zum zweiten Mal dieser Frage.

© dpa

Rennen um die Wowereit-Nachfolge: Saleh, Stöß, Müller – drei Typen werden erkennbar

Nächste Runde im Kampf um die Nachfolge von Klaus Wowereit: Raed Saleh, Jan Stöß und Michael Müller gehen im Vergleich zum ersten Mitgliederforum etwas weniger zart miteinander um.

Es war eine Zukunftsfrage im Wortsinn, die die drei Kandidaten dann doch zu unterschiedlichen Antworten brachte: Ob die drei möglichen Wowereit-Nachfolger etwas ausschließen könnten, wollte ein junger Mann auf dem zweiten SPD-Mitgliederforum wissen, ob denn SPD-Fraktionschef Raed Saleh, Landeschef Jan Stöß und Stadtentwicklungssenator Michael Müller ausschließen könnten, nach der Wahl 2016 als Junior-Partner mit der CDU zu koalieren? Da war so etwas wie Ehrlichkeit eher gefragt als politische Performance – schließlich gibt es Zwangslagen, in die die Wählerschaft die Politikerschaft nötigt.

Die ehrlichste Antwort gab Michael Müller, Ex-Fraktionschef, Ex-Landesvorsitzender, Ex-Kronprinz des scheidenden Sonnenkönigs Wowereit. Müller sagte, er könne darauf „nicht abschließend“ antworten. Was bedeutete: Man kann, je nach Wahlergebnis, nichts ausschließen. Die am stärksten rot getönte Antwort gab Landeschef Jan Stöß: „Ganz klar“ würde er ausschließen, als kleiner Partner mit der CDU zu regieren.

Saleh: "Ich bin bereit"

Das hörte man gern in einem Kreis von vielen hundert Sozialdemokraten, versammelt in der „Alten Pumpe“ in Tiergarten, um aus drei Kandidaten einen Regierenden auszuwählen. Die zum Abend am besten passende Antwort kam von Raed Saleh: Er redete mit der ihm eigenen Verve drei Minuten darüber, dass die SPD bei der Wahl 2016 stärkste Kraft werden müsste. Das war keine Antwort auf die Frage, was aber niemanden kümmerte.

Im Hemd mit Krawatte, im Jackett ohne Krawatte hatten die drei am Anfang des Abends je zehn Minuten lang an ihren Profilen gearbeitet: Saleh auf der Bühne hin und her gehend und im Stil von Barack Obama rhetorische Formeln benutzend. „Seid ihr bereit...?“ fragte er mehrmals sein Publikum, um dann zu sagen: „Ich bin bereit“. Überhaupt: Formeln. Die hat Saleh wirklich drauf, etwa wenn er sein Lieblingsmotiv behandelt, Aufstieg durch Bildung, und von den „jungen Leuten“ spricht, „die Hunger haben, Hunger nach Bildung“, oder von seiner Polit-Beziehung zum größten Neuköllner Bürgermeister je, Heinz Buschkowsky, und ein „Miteinander nach klaren Regeln“ fordert.

Stöß will investieren

Stöß hingegen: stattlich, dreitagebärtig, frontal zum Publikum, gibt den tiefroten, unverdünnten Programmatiker: „Die bezahlbaren Mieten sind die große soziale Frage in unserer Stadt“, behauptet er. Den BER will er dem Funktionieren näher bringen, indem er – wie in Brandenburg – einen Staatssekretär mit dem politischen Management der Dauerbaustelle beauftragt. Und investieren will er, als würde die Haushaltsplanung mit der Wahl des Wowereit-Nachfolgers neu beginnen. Ein wenig scheint er sich darüber zu wundern, dass sein jüngst vorgestelltes 100-Tage-Programm auf manche wie eine Distanzierung vom SPD-CDU-Koalitionsvertrag gewirkt hat. Dann noch ein Lob für das multisexuelle städtische Binnenklima: Stöß spricht kurz von seinem langjährigen Partner und stellt dann fest: „Das ist das Großartige an Berlin, dass das heute keine Rolle mehr spielt, anders als 2001, als sich Klaus auf den Weg gemacht hat.“

Müller zeigte, dass man die eigene Biederkeit mit Humor nehmen kann. Beim Glamourfaktor sei bei ihm noch „Luft nach oben“, so der Langstrecken-Politiker, der in den Meinungsumfragen die besten Chancen hat. Und dann arbeitet er sich in Kürze und mit rhetorischem Wumm durch Neubau-Politik und Bürgerbeteiligung, durch Personal- und Haushaltspolitik, durch die ganze „seriöse und ernsthafte Stadtpolitik“.

Drei Typen werden erkennbar. Zwei Foren kommen noch.

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