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Bedürftige in einer Essensausgabe in Neukölln.

© dapd

Rentenkürzungen: Ältere Berliner zunehmend von Armut bedroht

Der DGB warnt vor den Folgen der Rente mit 67, die gerade in Berlin zu massiver Altersarmut führen würde. Bei über 50-Jährigen steigt die Arbeitslosigkeit stark an.

Von Sandra Dassler

Die Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre wird gerade in Berlin zu massiver Altersarmut führen, warnt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). „Aufgrund der Rentenkürzungen liegen die Altersrenten im Ostteil der Stadt durchschnittlich nur noch bei 852 Euro und in Berlin West sogar lediglich bei 693 Euro“, sagte die Vorsitzende des DGB-Bezirks Berlin-Brandenburg, Doro Zinke.

Nach DGB-Berechnungen muss in Berlin schon jetzt fast jeder sechste Beschäftigte aus gesundheitlichen Gründen frühzeitig aus dem Arbeitsleben ausscheiden und hohe Abschläge bei der Erwerbsminderungsrente hinnehmen. Nur 18,8 Prozent der 60- bis 64-jährigen Berliner seien nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Und weit mehr als jeder Fünfte aller Berliner Arbeitslosen sei älter als 50 Jahre. „Den meisten dieser fast 50 000 Bürgerinnen und Bürger wird ein Wiedereinstieg in Beschäftigung nicht gelingen“, fürchtet die Gewerkschafterin.

Deshalb müsse dringend umgesteuert werden: „Als ersten Schritt fordern wir die Bundesregierung auf, die Rente mit 67 zu stoppen und den Senat, eine Initiative für den sofortigen Stopp der Rente mit 67 zu ergreifen“, sagte Zinke.

Bei Arbeits- und Sozialsenatorin Carola Bluhm (Die Linke) findet Berlins DGB-Chefin Unterstützung für ihre Position. „Die Rente mit 67 ist nichts weiter als eine massive Rentenkürzung auf Kosten der Beitragszahler“, sagte Bluhm dem Tagesspiegel: „Viele erreichen im Beruf schon heute nicht das 60. und erst recht nicht das 65. Lebensjahr und müssen Abschläge in Kauf nehmen, wenn sie in Rente gehen. Das verschärft sich bei einer Erhöhung des Renteneintrittsalters.“

Eine Bundesratsinitiative, um die Rente mit 67 zu stoppen, würde Berlin daher unterstützen, heißt es in der Senatsverwaltung. Bisher plane man selbst aber nicht, eine solche Initiative zu starten.

Sowohl die Sozialsenatorin als auch DGB-Chefin Zinke verweisen darauf, dass eine große Zahl von Arbeitnehmern auch deshalb nicht bis 65 oder gar 67 Jahre arbeiten kann, weil die Beschäftigungschancen zu schlecht sind. „Auch in Berlin bietet der Arbeitsmarkt nicht genügend Möglichkeiten für Ältere“, sagte Doro Zinke. Selbst die wirtschaftliche Erholung habe dies nicht verbessern können. Die Arbeitslosenzahlen bei 55- bis 64-Jährigen seien gegen den allgemeinen Trend sogar leicht gestiegen.

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit sind derzeit 22,6 Prozent der Arbeitslosen in Berlin 50 Jahre und älter. In dieser Gruppe stieg die Zahl der Arbeitslosen im Oktober dieses Jahres im Vergleich zum Vormonat um 0,2 Prozent. Bei den 25- bis 49-Jährigen ging die Arbeitslosigkeit hingegen im selben Zeitraum um 4,4 Prozent und bei den unter 25-Jährigen um 10,7 Prozent zurück.

In Brandenburg ist die Situation ähnlich. Dort liegen die Altersrenten bei durchschnittlich 790 Euro und mehr als jeder dritte Arbeitslose ist älter als 50. Die meisten dieser fast 46 000 Bürger dürften keinen Job mehr finden.

Für den DGB ist die Rente mit 67 deshalb der falsche Weg. „Die Voraussetzungen für eine Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters sind einfach nicht gegeben“, sagte Doro Zinke. Die Bundesregierung nehme sehenden Auges in Kauf, dass Altersarmut immer mehr Menschen bedrohe. Schon heute müssten mehr als die Hälfte aller Altersrentner Abschläge in Höhe von 114 Euro in Kauf nehmen.

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