zum Hauptinhalt
Innensenator Frank Henkel.

© dpa

Retourkutsche gegen die SPD?: Senator Henkel lässt viele Anfragen offen

Innensenator und CDU-Landeschef Frank Henkel liefert Argumente gegen den Koalitionspartner SPD. Am Montag könnte er aber zu weit gegangen sein. Denn eine Auskunft von ihm ist nicht ganz eindeutig.

Innensenator und Bürgermeister Frank Henkel (CDU) verschärft die Gangart gegenüber seinem großen Koalitionspartner SPD. Zwar greift er die Sozialdemokraten nicht frontal an. Stattdessen beantwortet seine Innenverwaltung Anfragen der oppositionellen Grünen im Abgeordnetenhaus mittlerweile in der Art, dass die es besonders leicht haben, einen Treffer gegen die SPD zu landen. Am Wochenende diente dazu wie berichtet die Antwort auf eine Kleine Anfrage zum Umgang des Senats mit Steuersündern wie dem ehemaligen Kulturstaatssekretär André Schmitz. Am Montag folgte der nächste Schlag. Dort aber gerät Henkel in Erklärungsnot. Womöglich hat er das Abgeordnetenhaus sogar nicht eindeutig informiert.

Es geht um den Fall des ehemaligen Innenstaatssekretärs Ulrich Freise. Der hatte viele Jahre als Stellvertreter von Henkels Vorgänger Ehrhart Körting (beide SPD) gedient. Mit der Amtsübernahme Ende 2011 versetzte Henkel Freise in den einstweiligen Ruhestand. Freise wechselte einige Monate später in die Geschäftsführung des Postdienstleisters PIN Mail AG und zeigte dies bei der Innenverwaltung an, die derartige Wechsel genehmigen muss. Hier könnte ein Interessenskonflikt bestehen, da Freise seinerzeit auch die Dienstaufsicht über das Landesverwaltungsamt hatte. Das wiederum hatte mehrfach den Auftrag, die Behördenpost des Landes zu befördern, an die Pin AG gegeben.

Henkels Verwaltung untersagt Freise die Tätigkeit bei PIN Mail AG

Henkel soll nach Tagesspiegel-Informationen schon Ende 2012 in einem internen Vermerk zu Protokoll gegeben haben, dass er den Wechsel für problematisch hält. Gleichwohl ließ die Innenverwaltung den Fall noch lange weiterprüfen – womöglich aus Rücksicht auf den Koalitionspartner? Henkels Verwaltung dementiert das. Am gestrigen Montag teilte sie im Parlament auf eine Kleine Anfrage des Grünen-Politikers Dirk Behrendt mit, die Prüfung sei nun abgeschlossen. Und weiter: „Mit Bescheid vom 28. August 2013 wurde Herrn Staatssekretär a. D. Freise eine Tätigkeit für die PIN Mail AG für die Dauer von drei Jahren seit der Versetzung in den einstweiligen Ruhestand untersagt. Die Tätigkeit von Herrn Staatssekretär a. D. Freise für die PIN Mail AG ist beendet.“ Die Untersagung sei nicht rechtskräftig, schränkte die Verwaltung ein, da Freise vor dem Verwaltungsgericht geklagt hat.

Ulrich Freise
Ulrich Freise

© dpa

Freise arbeitet weiterhin bei Tochtergesellschaft PIN Services GmbH

Das Problem ist aber weitgehender: Freise behauptete gestern auf Nachfrage am Telefon, er arbeite sehr wohl noch bei der Pin Mail AG – und zwar als Geschäftsführer der Tochtergesellschaft „PIN Services GmbH“, die „fortschrittliche Dienstleistungen zur Optimierung interner Prozessabläufe“ erarbeiten soll, wie es auf der Internetseite der PIN heißt. „Es gibt keinen wirksamen Untersagungsbescheid“, erklärte Freise dem Tagesspiegel. Es sei nicht sein Job, Stellungnahmen der Senatsinnenverwaltung zu kommentieren.

Warum Henkels Verwaltung dem Abgeordnetenhaus mitteilt, Freise arbeite nicht mehr bei PIN, dieser offenbar aber noch sehr wohl dort bei einer hundertprozentigen Tochter im gleichen Gebäude tätig ist, erklärte diese auf Nachfrage so: Freise arbeite nicht mehr bei der PIN Mail AG – und nur die „war und ist Bewerber in derartigen Vergabeverfahren“. Die PIN Services GmbH sei dies nicht.

Grünen-Politiker Behrendt ärgert sich vor allem, dass es so lange gedauert hat, bis der Innensenator sich zum Fall Freise äußert – aber dann offenbar nicht mit der ganzen Wahrheit herausrücke. „Missverständlich und verkürzt“ sei Henkels Antwort: „Ein starkes Stück.“ Wenn der Ex-Staatssekretär noch für eine Tochter der PIN Mail AG arbeitet, „hätte der Innensenator nicht schreiben sollen, dass er nicht mehr für die PIN AG tätig ist“. Henkels Aussage lese sich so, als ob Freise in keiner Weise mehr für das Unternehmen arbeite – „wenn dem nicht so ist, wäre ich gerne besser informiert worden“.

Henkels Aussage – eine Retourkutsche?

Henkels Antwort, die den Koalitionspartner SPD, aber im Nachhinein auch den Innensenator selbst nicht ganz gut aussehen lässt, war offenbar nicht mit dem Regierenden Bürgermeister oder anderen SPD-Senatoren abgestimmt, wie aus Koalitionskreisen zu hören ist. Das Thema sei in letzter Zeit im Senat nicht behandelt worden, Henkel habe in seiner Ressortzuständigkeit eigenständig agiert.

Handelt es sich bei Henkels Einschätzungen und Handlungen gegen einstiges oder aktuelles SPD-Spitzenpersonal möglicherweise um eine Retourkutsche, weil der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit in letzter Zeit mehrmals seinen kleineren Koalitionspartner und vor allem CDU-Chef Henkel durch unabgestimmtes Verhalten düpiert hatte? Diese Vermutung stößt am Montag in Koalitionskreisen auf Skepsis. „Das ist nicht Henkels Art“, heißt es aus seinem Umfeld. „Es handelt sich hier nur um einen normalen Verwaltungsvorgang“, heißt es bei der SPD. „Es geht nicht um Henkel gegen SPD, sondern um das generelle Problem, was man mit Leuten macht, die in der Verwaltung für einen Bereich verantwortlich waren, in den sie dann später wechseln“, sagt der CDU-Politiker Peter Trapp. „Es ist Zufall, dass gerade jetzt dieser Parteigenosse betroffen ist.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false