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Berlin: Rettung oder Untergang

Pro & Contra: Soll der Senat die Bankgesellschaft in die Insolvenz schicken, um dem Land Risiken in Milliardenhöhe zu ersparen?

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Was tun mit der Bankgesellschaft? Für den Politik-Professor Peter Grottian und seine Initative „Schluss mit dem Bankenskandal“ ist das keine Frage: Sie schlägt vor, das notleidende Unternehmen in die Insolvenz zu schicken. Nur so werde verhindert, dass auf Berlin unabsehbare Risiken zu kommen. Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende, vertreten die Unterstützer, darunter der frühere FU-Präsident Rolf Kreibich.

Die Bankgesellschaft Berlin AG wurde Ende 1993 gegründet. Zum Konzern gehören die Berliner Bank, die öffentlich-rechtliche Landesbank Berlin/Girozentrale (LBB), die Berlin Hyp und weitere Kreditinstitute. Das Land Berlin war anfangs mit 65,62 Prozent an der Bankgesellschaft beteiligt; im Zuge der Bankenaffäre erhöhte sich der Anteil auf 80,95 Prozent. Schon 1991 hatten LBB und Berlin Hyp damit begonnen, geschlossene Immobilienfonds aufzulegen. Bis 2000 entwickelten sich die Immobilientöchter der Bankgesellschaft zum Marktführer für diese Vermögensanlagen.

Eine falsche Einschätzung des Immobilienmarkts im vereinigten Deutschland, fehlendes Controlling beim Kauf der Grundstücke und bei den Sanierungsmaßnahmen sowie eine mangelhafte politische Kontrolle führten dazu, dass der Konzern im Jahresabschluss 2000 einen Verlust von 1,5 Milliarden Euro verbuchen musste. Das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen drohte mit aufsichtsrechtlichen Maßnahmen, wenn sich das Land Berlin nicht zu einer Kapitalerhöhung von 2 Milliarden Euro entschließen sollte. Notgedrungen stimmten Senat und Abgeordnetenhaus der Finanzspritze im Juli 2001 zu. Sonst hätte die Bankgesellschaft ihre Pforten sofort schließen müssen.

Vor wenigen Tagen hat die Europäische Kommission der Kapitalaufstockung als „Rettungshilfe“ endgültig zugestimmt. Allerdings unter harten Auflagen: Die Berliner Bank muss aus der Holding herausgelöst und separat verkauft werden. Die Berlin Hyp muss ebenfalls abgegeben werden. Für die Privatisierung hat die EU-Kommission eine Frist bis Ende 2007 gesetzt. Der Senat muss außerdem das Immobiliengeschäft der Bank bis Ende 2005 übernehmen oder verkaufen. Die Investitionsbank (IBB) muss im Laufe dieses Jahres als eigenständige Förderbank aus der Holding herausgelöst werden.

Schon Ende 2001 einigte sich der Aufsichtsrat der Bankgesellschaft auf ein Konzept für die Sanierung der Bankgesellschaft Berlin, die bis Ende 2005 wieder wettbewerbsfähig werden soll. Eine Dividende schüttete der Konzern zum letzten Mal 1999 aus. Im April 2002 beschloss das Landesparlament nach heftigen Diskussionen ein Gesetz zur „Risikoabschirmung“. Damit übernahm das Land Berlin die Garantien für die hohen Finanzrisiken aus den Immobilienfonds und anderen Grundstücksgeschäften des vergangenen Jahrzehnts. Fast alle SPD- und PDS-Abgeordneten stimmten dem zu; die CDU enthielt sich der Stimme. Die Grünen waren dagegen; die FDP saß damals nicht im Parlament.

Im Rahmen dieser Debatte wurde auch darüber diskutiert, ob es nicht eine sinnvolle Alternative zur Risikoabschirmung gebe. Zum Beispiel könnte die Bankgesellschaft in den Konkurs geschickt werden. Die Regierungsmehrheit war strikt dagegen. Noch im Sommer 2002 bildete sich eine Bürgerinitiative „Schluss mit dem Berliner Bankenskandal“. Die Initiative sammelte etwa 37 000 Unterschriften für den Antrag auf ein Volksbegehren, der vom Senat allerdings als rechtswidrig abgelehnt wurde. Der Streit geht nun vor das Landesverfassungsgericht. Prominente Bürger, hauptsächlich Intellektuelle und Künstler, haben im Januar 2004 einen Offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit unterzeichnet, um die Initiative zu unterstützen.

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