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Tischlein, deck dich. Am Pavillon auf dem Rüdesheimer Platz gibt’s den Wein, das Essen kommt aus dem Picknickkorb.

© Thilo Rückeis

Rheingauer Weinbrunnen am Rüdesheimer Platz: Rein in den Wein

Am Rüdesheimer Platz sprudelt auch dieses Jahr wieder der traditionelle Rheingauer Weinbrunnen und lockt viele Besucher an. Winzer schenken dort selbst gekelterten Wein aus. Wer jedoch etwas essen möchte, muss selber kochen, denn hier steht der edle Tropfen im Mittelpunkt.

Der Nachmittag ist noch jung, der Weinbrunnen am Rüdesheimer Platz hat gerade erst geöffnet. Trotzdem ist die Hälfte der Terrasse vor dem Pavillon bereits besetzt. Die Leute sichern sich ihre Plätze, breiten ihre Tischdecke aus und verteilen die mitgebrachten Teller. Reservierungen gibt es hier nicht. Im Weingarten zählt: Wer zuerst kommt, sitzt zuerst.

Der Rüdesheimer Platz gehört zum Wilmersdorfer Rheingau-Viertel, eröffnet wurde er 1911 mit einem großen Gartenfest. 1972 übernahm der Landkreis Rheingau-Taunus die Patenschaft für Wilmersdorf. Diese wurde dann 1991 zur Partnerschaft ausgebaut. Seitdem betreiben die Rheingauer Winzer Adam Basting, Wilhelm Nikolai und Ferdinand Abel das Weinfest. Den Ausschank und die Terrasse haben sie für die Saison bis zum 22. September vom Bezirk gepachtet. Das Winzer-Trio kredenzt die Getränke. Den Rest bringen die Gäste.

Mit Silberbesteck am Rüdesheimer Platz

Den Weinbrunnen gibt es bereits seit über 45 Jahren – in etwa so lange wie Winzer Abel. Er ist nunmehr seit 14 Jahren dabei. Jeder der drei Winzer bringt den Wein seines eigenen Guts mit, Abel hat Riesling dabei. Die Sorte gehört zu der beliebtesten. Bis zu 80 Prozent wird von ihm im Rheingau produziert. „Das ist mehr als an der Mosel“, sagt Abel. Rießling ist fruchtig und trocken. Perfekt für den Sommer.

Die meisten Gäste genießen nicht nur den Wein. Sie kommen auch wegen der Stimmung. Denn auf dem Platz wird nicht einfach nur gepicknickt, hier wird das Essen zelebriert. Die Gäste breiten weiße und karierte Tischdecken aus, verteilen Servietten und Besteck. Eine Frau verstreut ein Paar Blumen. Das Essen wird nicht nur aus Tupperdosen gelöffelt, sondern auf Tellern angerichtet. „Letzte Saison speiste eine Gruppe sogar von echtem Silber und verteilte Kerzenleuchter auf den Tischen“, erzählt Winzer Abel. Solch ein Aufwand ist zwar eher die Ausnahme, aber sie zeigt welche Mühe sich die Leute geben. Zu den mitgebrachten Klassikern zählen: Oliven und Baguette, Käse und Salat. „Ein paar Gastronomen brachten sogar mal Kaviar mit. Am Ende durften wir sogar probieren“, erinnert sich Abel. Am Weinbrunnen mischen sich nicht nur die verschiedenen Gäste, sondern auch die Geschmäcker.

Weinbrunnen vergrößert sich stetig

Doch zum Genuss gehört auch Arbeit. Abel und die anderen Winzer müssen den Platz sauber halten und darauf achten, dass die Ausschankzeiten eingehalten werden. In der Woche geht es bis 21.30 Uhr und Freitag und Sonnabend bis 22.30 Uhr. Ansonsten beschweren sich die Nachbarn. Die Saison geht lange, und da versteht Abel, dass die Nerven mancher Anrainer strapaziert sind. Er selbst steht jeden Morgen um 6 Uhr auf. Aufräumen und Vorbereiten dauert eben seine Zeit. Die Picknicker lassen viel liegen, da wird die Arbeit schon mal stressig, sagt der Winzer.

„Früher war die Terrasse wie ein zweites Wohnzimmer für den Kiez“, sagt ein Mann mit schlohweißem Haar. Seit 26 Jahren besuchen er und seine Frau den Weinbrunnen. Seitdem sind viele Tische dazugekommen. Der Platz ist voller geworden. „Wenn man von seinem Stuhl aufsteht, muss man glatt aufpassen, dass niemand einem den Stuhl wegreißt“, sagt der Mann.“ Trotzdem kommen er und seine Frau immer noch gerne her. Sie freuen sich über die herumlaufenden Kinder, über die Gespräche mit den Nachbarn und über den guten Wein. Winzer Abel hat ebenfalls seinen Spaß, auch wenn er sich mal über einen Regentag freut – weil er einfach geschafft ist. Der Rheingauer Wein muss ja auch nicht jeden Tag fließen.

Der Weinbrunnen am Rüdesheimer Platz dauert noch bis zum 22. September, geöffnet ist sonntags bis donnerstags von 15 bis 21.30 Uhr, freitags und sonnabends bis 22.30 Uhr.

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