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Berlin: Rheingold im Sonderangebot

In Berlin ist Opernvergnügen zu billig, sagt der Finanzsenator. Sollen die Preise erhöht werden? Ein Pro und Contra

Was sind das für Zeitgenossen, die sich fünf Stunden Wagners „Rheingold“ anhören und am liebsten tags darauf die „Walküre“? Das fragen sich in regelmäßigen Abständen Kommunalpolitiker und auch die Chefs der Opernhäuser. Denn sie wollen wissen, wie viel Geld ein Musikliebhaber bereit ist auszugeben – und ob man nicht die Eintrittspreise erhöhen könnte. Schließlich sind Opernproduktionen eine aufwendige Angelegenheit, und es gibt kein Haus, das ohne staatliche Zuschüsse auskommt.

Vergangene Woche hat sich Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) über die Bilanzen der drei Berliner Opernhäuser gebeugt und angeregt, die Opernkarten zumindest in den Spitzenkategorien zu verteuern. Denn Sarrazin stellte fest, dass im Vergleich zu den Opernhäusern in München und Hamburg die drei hauptstädtischen Häuser Deutsche Oper, Staatsoper und Komische Oper mehr öffentliche Zuschüsse bekommen und die teuersten Karten in Berlin günstiger zu haben sind.

In der Deutschen Oper kostet die beste Karte 110 Euro, in der Staatsoper 120 Euro, in der Komischen Oper 80 Euro. Ist das viel? Ist das wenig? Im Vergleich zu München (240 Euro), Zürich (300 Euro) oder zur Mailänder Scala (1000 Euro) werden die Berliner finanziell geschont. Vergleicht man die Preise an der Spree aber mit Hamburg (133 Euro), Stuttgart (103 Euro) oder Dresden (80 Euro) liegen die hiesigen Opern im Schnitt.

Kann man die Preise beliebig hoch setzen? „Nein“, sagen die Verwaltungschefs der Häuser in München, Hamburg, Dresden und Stuttgart genauso wie ihre Kollegen in Berlin. Denn bei der Preiskalkulation müsse man dreierlei berücksichtigen: Wie viele Karten werden an zahlungskräftige Touristen, und wie viele an Einheimische verkauft? Was verdienen die kulturbeflissenen Menschen in der Stadt sowie im Umland? Und schließlich sind die Abo-Zahlen wichtig.

Bei allen drei Faktoren fällt der Vergleich aus Sicht der Berliner Opernchefs für ihre Häuser ungünstig aus. So verkauft die Dresdner Semperoper die Hälfte ihrer Karten an Touristen. In München sitzen zumindest 20 Prozent Außwärtige im Publikum – in Berlin nur 10 Prozent. Doch Touristen seien wichtig, „weil sie viel mehr Geld ausgeben als die Einheimischen“, sagt der Verwaltungsdirektor der Staatsoper, Georg Vierthaler. „In der Hauptstadt gönnen sich eben viele Reisende etwas.“ Deshalb bietet die Staatsoper mehr und mehr Festivals an, die Fans von überall her anlocken. Und sie verlangt dafür wesentlich mehr Geld als an normalen Abenden.

Dass in Berlin vor allem die Berliner selbst in die Oper gehen, wirkt sich auf die Opernkasse eher ungünstig aus. Denn die Berliner verdienen weniger als die Süddeutschen und geben weniger für Kultur aus. „Die feine Gesellschaft, die in die Oper geht, um gesehen zu werden, haben wir hier nicht“, sagt Heinz-Dieter Sense, der Verwaltungschef der Deutschen Oper. Die gebe es nur in München und in Zürich. Dennoch bekamen selbst die süddeutschen Häuser im vergangenen Jahr zu spüren, dass die Wirtschaftskrise auch den Opernfan heimsucht.

Was die Berliner Opern zudem von allen anderen deutschen Häusern unterscheidet, sind die fehlenden Abonnenten. In München werden 30 Prozent aller Karten im Abo verkauft, in Stuttgart 40 Prozent, in Berlin gibt es gar kein Abosystem. „Zu Mauerzeiten hatten wir das nicht nötig“, sagt Heinz-Dieter Sense von der Deutschen Oper, „wir waren auch so immer voll“. Ein solches System im Nachhinein zu etablieren, sei schwer. Wer viele Abonnenten hat, kann aber besser planen, weil von vornherein feststeht, dass ein Teil der Karten verkauft ist.

Und schließlich entscheidet die Architektur der Opernhäuser über die Preise. Im alten Bau der Staatsoper kann man nur vom Parkett aus gut sehen, weshalb es dort am teuersten ist. Das Kontingent an kostspieligen Karten lässt sich also nicht beliebig erweitern.

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