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Berlin: Richter: Mutter tötete ihr Baby aus Hilflosigkeit

27-Jährige zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt

Die Schwangerschaft verdrängte sie. Bianca B. bereitete nichts vor für die Geburt, sie vertraute sich niemanden an. Sie sei ein Mensch, der in sich gefangen ist, sagte ein Gutachter. Die Richter schlossen sich dieser Auffassung an. Gefangen in einer aus ihrer Sicht ausweglosen Situation habe sie ihr Kind direkt nach der Geburt getötet, hieß es im Urteil. Dafür wurde die 27-jährige Bianca B. am Donnerstag zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Bianca B. sei keine kaltherzige, egoistische oder rücksichtslose Person, sagte die Vorsitzende Richterin. „Sie ist ein Mensch, der frühzeitig in seinem Leben begonnen hat, sich abzuschotten.“ Eine depressive Entwicklung, ihre Hilflosigkeit bei Problemen und die Belastungssituation durch die Geburt seien zusammengekommen. Deshalb ging das Gericht von einer verminderten Schuldfähigkeit aus. Aber die Gefängnisstrafe sei erforderlich. „Die Gesellschaft muss Zeichen setzen für den Schutz des Lebens“, hieß es im Urteil.

Es geschah im Sommer 2002 in der Barnetstraße in Lichtenrade. Verkäuferin Bianca B. kam von der Arbeit, der ersten Anstellung, in der sie sich wohl fühlte. Gegen 23.30 Uhr brachte sie ihre Tochter auf die Welt. Die Mutter gab dem Kind keinen Namen. Sie legte es auf das Bett. Am Morgen hielt sie dem Baby Mund und Nase zu. Den Leichnam wickelte sie in ein Handtuch und legte das Bündel einfach auf den Fußboden im Wohnzimmer. Bianca B. schloss die Tür und zog zu dem ahnungslosen Vater des Kindes. Zwei Jahre später fanden Monteure einer Kabelfirma die Säuglingsleiche.

Im Prozess gestand Bianca B. die Tötung. Erklärungen aber hatte sie nicht. „Ich habe alles verdrängt“, sagte sie immer wieder. Emotionslos wirkte die junge Frau, die einmal Erzieherin werden wollte. Das Schweigen, das Wegsehen sei im Leben der Angeklagten ein ständig wiederkehrendes Verhaltensmuster gewesen, hieß es im Urteil. Im Grunde sei sie eine in bürgerlichen Traditionen und im christlichen Glauben verhaftete Frau, die eigentlich gerne Kinder haben wollte. Auch wenn sie ihre Gefühle im Prozess nicht gezeigt habe, so sei sich Bianca B. ihrer Schuld doch bewusst.

Bianca B. sitzt bereits seit vier Monaten in Untersuchungshaft. Bis zum Strafantritt kam sie nun auf freien Fuß.

Kerstin Gehrke

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