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Berlin: Rindfleisch: Riskanter Appetit

BSE, Maul- und Klauenseuche, als frisch deklariertes aufgetautes Tiefkühlfleisch - an schlechten Nachrichten herrscht in der Fleisch- und Wurstindustrie derzeit kein Mangel. Ein halbes Jahr nach der BSE-Krise haben Berliner Metzger noch immer keinen Grund aufzuatmen, allerdings auch keinen Anlass mehr zur Panik.

BSE, Maul- und Klauenseuche, als frisch deklariertes aufgetautes Tiefkühlfleisch - an schlechten Nachrichten herrscht in der Fleisch- und Wurstindustrie derzeit kein Mangel. Ein halbes Jahr nach der BSE-Krise haben Berliner Metzger noch immer keinen Grund aufzuatmen, allerdings auch keinen Anlass mehr zur Panik. "Der Fleischverzehr ist noch immer niedriger, als vor der BSE-Krise", sagt die Geschäftsführerin der Berliner Fleischerinnung, Simone Schiller. Viele Berliner scheinen dauerhaft die Freuden des Vegetarismus entdeckt zu haben. Die Metzger verkaufen derzeit im Schnitt ein Drittel weniger als vor der BSE-Krise. Auf dem Höhepunkt der Diskussion um die Rinderseuche betrug der Umsatzeinbruch allerdings noch bis zu 70 Prozent. Die Tendenz zeige also nach oben. "Es kommen keine neuen Horrormeldungen mehr, aber wir haben auch keinen Grund zur Entwarnung."

Bundesweit dominiert dagegen Optimismus. Beim bundesdeutschen Dachverband der Fleischer spricht man inzwischen sogar von einer Sonderkonjunktur auf Grund deutlicher Absatzzuwächse, so der Hauptgeschäftsführer Ingolf Jakobi.

Zum Thema Ted: Kann man wieder unbesorgt Rindfleisch essen? Die Maul- und Klauenseuche, so meldet es erleichtert die Zentrale Marketinggesellschaft der Agrarwirtschaft (CMA), hat offenbar nur sehr wenige Kunden davon abgehalten, auf Schweinefleisch zu verzichten. Von einem Verkaufseinbruch könne laut der Statistiken keine Rede sein.

Wieder einmal scheint zu funktionieren, was Experten schon während der BSE-Krise prognostizierten: Irgendwann sei die Hysterie vorbei und der Verbraucher werde wieder wie ehedem zu seinem geliebten Stück Salami oder Rumpsteak greifen. Also alles wieder beim Alten? Ein klares Nein. Die Marktstrategen in Brüssel rechnen für Deutschland mit einem dauerhaften Minus von zehn Prozent beim Rindfleischabsatz.

So meldet auch die Imbisskette Burger King, in Berlin mit 27 Filialen vertreten, eine leichte "Verschiebung des Konsumentengeschmacks in Richtung Chicken (Hühnchenfleisch)", so die Konzernzentrale in München. Deshalb setzt die Imbisskette auch auf Alternativen zu den Frikadellen aus Rinderhack: "Salate, Fish-King, den vegetarischen Country Burger, Zwiebelringe."

Im KaDeWe packen die Verkäufer in der Fleischwarenabteilung inzwischen mehr Rinderbraten und -filet als vor der Krise auf die Waage. "Die Leute kaufen wieder Rindfleisch wie verrückt", sagt Carsten Böcker, stellvertretender Abteilungsleiter. Zwar muss die Abteilung immer noch nicht so große Rindfleischmengen wie vor den BSE-Meldungen im Großhandel bestellen, weil die Kundschaft teils immer noch Geflügel oder auch Nudeln aus dem Spezialregal in den Einkaufskorb legt. Böcker: "Aber wenn Sie wie jetzt zu Pfingsten Gäste haben, macht doch so ein Suppenhuhn nichts her." Dieser Tage inserierte das KaDeWe Rinderrouladen - "und das geht jetzt unglaublich gut". Seit Ostern schon habe sich der Geschmack der Konsumenten geändert. "Auf Dauer ist Hühnchen vom Geschmack her einfach zu lasch."

Wenn jemand in der Auslage auf Steak und Braten zeigt, fragt er dann eigentlich noch nach dem - nicht hundertprozentig sicheren - BSE-Test? "Gar nicht mehr. Das Thema ist durch." Obwohl das zumeist aus Neuseeland importierte Fleisch natürlich getestet sei. "Deutschland ist meiner Meinung nach derzeit trotz aller Skandale das sicherste Land der Welt", sagt der 37-Jährige.

Schlangen bildeten sich indes auch vor dem Pfingstwochenende vor den Berliner Bio- und Neuland-Fleischereien. Ob bei "Neuland Bauch" in Zehlendorf oder vor der "Alternativen Metzgerei" in der Kreuzberger Körtestraße - etliche Kunden hauen immer noch lieber ein Stück Fleisch aus ökologischer Aufzucht in die Pfanne.

Nach den ersten BSE-Fällen und den darauffolgenden MKS-Schlagzeilen herrschte auch in Berlins ältester Biofleischerei in der Körtestraße Hochbetrieb. Inzwischen ebbte die Nachfrage zwar etwas ab, wie Inhaber Robert Niebach berichtet. "Aber wir haben immer noch mehr zu tun als vor BSE."

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