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Berlin: Roncalli will im Tempodrom bleiben

Zirkus-Chef Bernhard Paul würde dort einen festen Zirkus eröffnen – wenn der Schuldenberg nicht wäre

Zum symbolischen Preis von einem Euro würde Bernhard Paul sofort das Tempodrom kaufen. Das sagte der Roncalli- Chef gestern im Gespräch mit dem Tagesspiegel, zu dem er vom augenblicklichen Gastspielort Brüssel nach Berlin geflogen war. Hier will Circus Roncalli ab 16. Dezember erstmals nach fünf Jahren wieder auftreten – nicht in der eigenen nostalgischen Pracht von Zelt und Wagen, sondern unterm Beton-Zackendach des Berliner Sorgenkinds Tempodrom.

„Zirkus ums Tempodrom“ hatte Bernhard Paul irgendwann eine Zeitungsüberschrift gelesen. „Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen“, sagte er gestern. Hatte er doch jahrelang um Berlin einen weiten Bogen gemacht, weil die Stadt nicht wie Hamburg, Wien oder München einen geeigneten Platz für ihn hatte. Aber sie hat das Tempodrom, und das will Paul mit seinem ersten Weihnachtsgastspiel wenigstens vorübergehend zu dem machen, was es immer sein könnte: der größte Zirkusbau Europas.

Begeistert erinnerte sich der Roncalli-Chef an die große Zirkusvergangenheit Berlins: „Zu Premieren in den Rundbauten von Busch oder Renz saß der Kaiser in seiner eigenen Loge“. Das Tempodrom könne wieder ein fester Zirkusbau sein. Bekäme er den Bau, müsse er selbst auch noch erheblich investieren. Würde er aber gern machen, so Paul, und er erzählte seinen Zirkustraum für Berlin: Im Winterhalbjahr gäbe es Roncalli pur im Tempodrom. Für die übrige Zeit könnte sich Paul vorstellen, Zirkusprojekte aus Paris, aus Mexiko, eben aus aller Welt nach Berlin zu bringen. Und Platz für ein Zirkusmuseum böte das Areal am Anhalter Bahnhof auch. Auszustellen habe er mehr als genug – seine Hallen in Köln bersten bald von seiner in Jahrzehnten zusammengetragenen Sammlung.

Bei den Insolvenzverwaltern des Tempodrom fand der Plan indes keine Gegenliebe. Rechtsanwalt Udo Feser bezeichnete die Idee sogar als „Unfug“: „Das würde den Tatbestand der Untreue erfüllen, wenn ich es für einen Euro verkaufte.“ Auch auf der politischen Bühne bekam Paul zunächst keinen Applaus. Das Land ist wegen der Insolvenz außen vor, was den Verkauf angeht, aber die haushaltpolitischen Sprecher der Fraktionen im Abgeordnetenhaus reagierten verhalten. So sagte Alexander Kaczmarek von der CDU: „Interessenten, die den Bau entschuldet für einen Euro übernehmen, finden wir viele.“

Bernhard Pauls letzter Satz gestern war da ein Wunsch: „Vielleicht findet das Tempodrom doch noch ein Happyend“.

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