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Berlin: Rosenresli und der Frosch

Berlins Probleme mit dem bildhaften Gedenken an seine prominenten Toten: Auch Hildegard Knef scheint nicht sehr gut getroffen

Ach, nun auch das noch: Hilde Knef zum Rosenresli stilisiert. Am Dienstag wurde die Bronzebüste der Sängerin und Schauspielerin im Theater „Tribüne“ enthüllt, und die Anwesenden staunten: Liegt sie, von Blüten umkränzt, auf dem Totenbett? Beim Zahnarzt? Blickt sie gen Himmel, weil sie nicht wirklich mit einem Regen echter Rosen gerechnet hat? Und wer ist überhaupt die Dame, die da vorgibt, Hildegard Knef darzustellen? „Hilde Knet“ scherzte eine Boulevardzeitung, nicht ganz unzutreffend angesichts der grob gewirkten Oberfläche des Bildnisses.

Berlin tut sich schwer mit den Bildnissen seiner großen Verblichenen. Gehen große Künstler ans Werk und arbeiten mit einem ungewöhnlichen, womöglich schrägen oder gar modernen Blick auf das Objekt ihrer Arbeit, stehen die eingeschworenen Profi-Berliner Kopf und rügen die Distanz zwischen dem Bild des Künstlers und dem öffentlich verbreiteten Klischee, bemäkeln die mangelnde Ähnlichkeit oder gar polemische Verzerrung des Blicks.

Oder, noch einfacher: „Den erkennt man ja nicht wieder!“ Die Zeiten, als sich die Stadt problemlos ebenso auf die realistisch-porträthafte Büste Ernst Reuters aus der Hand von Erich F. Reuter verständigen konnte wie auf die knapperen, abstrahierten Reuter-Porträts von Bernhard Heiliger – sie scheinen vorbei. Allerdings sind jene Bildhauer, die sich in letzter Zeit am Berliner Prominentenfundus versuchen, künstlerisch erkennbar minderen Ranges.

Das war in letzter Zeit vor allem das Problem des Harald-Juhnke-Denkmals, das in der Nähe seines Geburtshauses in Wedding aufgestellt worden war. Juhnkes alter Freund Joachim Brunken, der den Gedenkstein angeregt hatte, formulierte fernab jeglicher Kunstkritik die kaum bestreitbare Einschätzung: „Auf dem Ding sieht Harald wie ein Frosch aus.“ Er überklebte das Bildnis mit einem realistischen Bild, und nun wird erstmals in Sachen öffentlicher Gedenkbildnisse ein völlig neues Verfahren erwogen: Die Steinmetz-Innung möchte Juhnke zum Objekt der nächsten Gesellenprüfung machen.

Ein ähnlich kompliziertes Schicksal hatte auch das Standbild zu Ehren des Eisernen Gustavs, das seit Juni 2000 wenig beachtet, aber stark verkehrsumtost auf dem Mittelstreifen der Potsdamer Straße in Tiergarten steht. Der Droschkenkutscher mit Zylinderhut auf einem Findling sollte zunächst vor dem Bahnhof Wannsee aufgestellt werden – doch da spielte die Bahn nicht mit. Dann wurde das Kulturforum in Tiergarten in Erwägung gezogen, doch der Stiftung Preußischer Gärten und Schlösser war das Bildnis offenbar allzu volkstümlich geraten. Plötzlich und ohne große Debatte tauchte es dann, wie es schien, fast über Nacht auf dem Mittelstreifen der Potsdamer Straße auf.

Einige bedeutende Berliner Tote der letzten Jahre sind noch ohne Gedenkbüste. Man möchte ihnen wünschen, dass das so bleibt.

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