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Berlin: Rot-Rot in Berlin: Die Genossen und ihre Angst vor der eisernen Lady

Wieder einmal sucht die SPD eine Top-Frau für die wichtigste und schwerste Aufgabe im Senat - die Sanierung der Landeskasse. Es ist eine herbe Niederlage für Klaus Wowereit, dass er die im Juni aus dem Saarland geholte Christiane Krajewski nicht halten kann.

Wieder einmal sucht die SPD eine Top-Frau für die wichtigste und schwerste Aufgabe im Senat - die Sanierung der Landeskasse. Es ist eine herbe Niederlage für Klaus Wowereit, dass er die im Juni aus dem Saarland geholte Christiane Krajewski nicht halten kann. Warum denkt er nicht daran, die eiserne Finanz-Lady Annette Fugmann-Heesing zu reaktivieren? Auf sie hielt er einst große Stücke. Immerhin ist die stellvertretende SPD-Vorsitzende und Abgeordnete frei; als Chefin der bundeseigenen Gesellschaft zur Modernisierung der Bundeswehr ist sie gerade ausgeschieden.

Zum Thema Online Spezial: Rot-Rot in Berlin Umfrage: Flierl als Senator - Ist er der Aufgabe gewachsen? Frau Fugmann-Heesing hat in vier Amtsjahren von 1996 bis 1999 anerkannt viel geleistet, aber - nie das Herz ihrer Partei erobert. Am Ende stand 1999 die schwerste Wahlniederlage der Berliner SPD. Die Genossen mussten sich mit drei Senatoren begnügen und überliessen die Finanzen der CDU. Frau Fugmann-Heesing war das Opfer der letzten Senatsbildung der Großen Koalition. Parteichef Peter Strieder wollte Senator bleiben, Gabriele Schöttler war durch ihre Doppelquote Ost und Frau geschützt, und Klaus Böger drängte mit Macht in den Senat. So setzte man der Fähigsten den Stuhl kaltherzig vor die Tür, sehr zur Freude der CDU.

Ein schlechtes Gewissen ist keine Vertrauensgrundlage, um die ohnehin nicht von Rot-Rot begeisterte Ex-Senatorin ein zweites Mal zu gewinnen. Dabei hatten Böger als Fraktionschef und Wowereit als Haushaltspolitiker vier Jahre lang vor, hinter und neben Frau Fugmann-Heesing gestanden. Mit deren Rückendeckung boxte sie die Privatisierung der Bewag und Gasag, die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe und den strikten Sparkurs samt Senkung der Neuverschuldung durch - gegen Widerstände von CDU und SPD. Nur die Bankenkrise sah wohl auch sie nicht heraufziehen, obwohl sie qua Amt im Aufsichtsrat der Bankgesellschaft saß. Dies mag objektiv gegen ihr Comeback sprechen. Doch Wowereit sieht vor allem innerparteiliche Schlingpflanzen. Die Genossen haben die unerbittliche Strenge nicht vergeben und vergessen, mit der Fugmann-Heesing alle auf ihren Kurs gezwungen hat. Frau Krajewski war den Genossen wegen ihrer Warmherzigkeit. Sie kam aber damit nicht weit, und man hört auch, sie hätte mehr Hilfe von Wowereit erwartet.

Die hatte Frau Fugmann-Heesing, aber damals hieß der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU). Heute heißt es ungeniert über die Genossin Annette, Wowereit brauche keine Senatorin, "die ihm von morgens bis abends erzählt, was er zu tun und zu lassen hat." Kann man sich eine tüchtige Finanzsenatorin vorstellen, die keine dominierende Rolle spielt? Nach dem Verschleiß von zwei Top-Frauen drängt es keine dritte in die Berliner Schlangengrube. Die parlamentarische Staatssekretärin Barbara Hendricks vom Bundesfinanzministerium sagte ab; sie kandidiert in Cleve wieder für den Bundestag. Die frühere Hamburger Finanzsenatorin Ingrid Nümann-Seidewinkel sagte ebenfalls nein. Den Namen Gisela von der Aue (Rechnungshofpräsidentin in Brandenburg) haben die SPD-Spitzen gewogen und für zu leicht befunden. Manfred Stolpes frühere Finanzministerin Wilma Simon winkte lachend ab: "Das können ruhig mal wieder Männer machen." Dem Vernehmen nach sieht sich Wowereit tatsächlich auch unter Männern um, denn die Suche sei "sehr schwierig".

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