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Rückblick: Was Sie im Urlaub verpasst haben

Damit Sie nach dem Urlaub mitreden können: Der große Rückblick auf die vergangenen Ferienwochen. Nicht nur rekordverdächtige Temperaturen hielten die Stadt in Atem, sondern auch dealende Kinder und gestohlene Friedhofsurnen.

Viel zu heiß, dieser Ferienanfang. Erstens wegen des Wetters und zweitens wegen des Fußballs. Wer interessiert sich da schon für Zeugnisse? Niemand ruft an beim Sorgentelefon der Schulverwaltung, nicht mal einer der deutschen Kicker, die sich am ersten Berliner Ferientag in Südafrika gegen Spanien ein knappes „Mangelhaft“ abholen. Auf der Fanmeile will keine rechte Stimmung mehr aufkommen, und der kühne Plan, die Nationalmannschaft wenigstens zum Bejubeln nach Berlin zu holen, tropft an denen, die da kommen müssten, locker ab.

Berlin kann sich also wieder mit den eigenen Problemen beschäftigen, beispielsweise mit der Treberhilfe, deren vierter neuer Geschäftsführer nach dem schillernden Gründer Harald Ehlert sein Amt antritt. Die Hitze hält an und befällt auch die sensible Elektronik der ohnehin immungeschwächten S-Bahn. Den Touristen ist das weitgehend egal, sie kommen trotzdem und füllen die Innenstadt, die längst nicht mehr wie früher im Hochsommer menschenleer vor sich brütet. Der Sonntag, der 11. Juli, bringt einen Hitzerekord: 38,7 Grad in Pichelsdorf.

Dann greift langsame Abkühlung um sich, und so geht es gemessen fröhlich zu, als am 16. Juli Fritz Teufel auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof beerdigt wird; dass seine Urne auch im Sommerloch noch einen prominenten Platz beanspruchen wird, ahnen zu diesem Zeitpunkt nur ein paar Verschwörer. Bei der Kriminalpolizei ahnt man, dass ein Thema im Kommen ist, als zum wiederholten Mal strafunmündige Jungen aus Einwandererfamilien beim Handel mit harten Drogen erwischt werden. Alle zuständigen Politiker sind noch da und formulieren entschlossen Forderungen zur Lösung des Problems, die dann zwischen den beteiligten Behörden im Kreis herumgereicht werden. Das Buch der Jugendrichterin Kirsten Heisig, die sich kurz vor Ferienbeginn selbst getötet hatte, gibt dem Thema zusätzlichen Auftrieb.

Aber da sind auch noch die ganz normalen Berliner Sachen. Wegen Bauarbeiten an der Hochbahn in der Schönhauser Allee muss die in der Hauptstadt weltberühmte Wurstbude Konnopke ihr altes Blechdomizil aufgeben und in ein Provisorium umziehen. Klaus Wowereit zankt im Tagesspiegel-Interview ein wenig mit der Linken und pirscht sich gönnerhaft an die in den Umfragen stark zulegenden Grünen heran. Das ärgert wiederum die Linke, die in Gestalt von Wirtschaftssenator Wolf präventiv mitteilt, man denke nicht daran, Rot-Grün zu dulden. Am 20. Juli nehmen 420 Rekruten vor dem Reichstag am Gelöbnis teil. Da es immer noch heiß ist, kippen fünf unter der erhitzten Mütze um, das gilt als normale Quote. Währenddessen bereiten Stadtbaudirektorin Lüscher und Mittes Baustadtrat Gothe ihren nächsten Irrtum vor, nämlich die Entfernung der Ahornbäume vom Gendarmenmarkt.

Die Aufregung um die jungen Dealer nimmt zu. Sie werden immer mal wieder eingesammelt und verschwinden erneut, was eine Debatte um die Einrichtung geschlossener Heime auslöst. Da hilft es auch nicht, dass sich die Polizei 3000 neue Kommissare zulegt, denn das liegt an der neuen Laufbahnvorordnung, die so gut wie alle bisherigen Ober- und Hauptmeister schlagartig in den gehobenen Dienst wuppt, wo sie weiter ihrer alten Arbeit nachgehen. Dazu gehört beispielsweise die Entdeckung, dass sich viele Berliner vor der Reise bei FacebookFreunden abmelden und dann Besuch von Einbrechern bekommen. Dass Diebe am ersten August-Wochenende in Marienfelde 100 Tonnen Edelstahlrohre klauen, hat aber wohl nichts mit Facebook zu tun.

Ende Juli endet eine Promi-Beziehung, die nie das gebracht hat, was sich Experten von ihr versprochen hatten: Giovanna, Knuts Kurzzeit-Verlobte, wird eingepackt und unverrichteter Dinge nach München zurückexpediert. Laut ZooChronik war da insgesamt nix, außer, dass Giovanna dem verwöhnten Star-Eisbären ganz am Anfang mal eine gedonnert hat. Klaus Wowereit durchreist unermüdlich die Bezirke, allerdings nicht Mitte, wo sich der organisierte Volkszorn in Form von 4000 Unterschriften vor die Bäume auf dem Gendarmenmarkt stellt.

In der Nacht zum 7.August schlägt die Spaßguerilla zu und gräbt die Urne Fritz Teufels aus. Die Polizei lässt den leibhaftigen Staatsschutz ermitteln und fegt pietätvoll einen Haufen Asche zusammen. Es war die falsche – das stellt sich heraus, als die Urne am 13. August auf dem Grab Rudi Dutschkes in Dahlem gefunden wird, und zwar ungeöffnet. Der Staatsschutz ermittelt weiter, das macht aber nichts, weil die Szene ohnehin ahnt, dass hinter dem seltsamen Treiben Teufel selbst steckt – er hat vermutlich alte Freunde gebeten, ihm einen so stilvollen Abgang zu verschaffen.

Die Ferien neigen sich ihrem Ende, und Berlin nimmt erneut Abschied, diesmal vom großen Riesenrad am Zoo. Das Mega-Projekt verschwindet mitsamt dem Fonds, der zu seiner Finanzierung gegründet wurde, endgültig in der Versenkung. Langsam schließt sich nun das Sommerloch, Baustadtrat Gothe bläst die Baumfällaktion auf dem Gendarmenmarkt wegen zu heftigen Gegenwinds ab. Einen hübschen Knalleffekt hat das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf noch parat: Der Leiter des Ordnungsamts, ein sogar aus dem Fernsehen bekannter Bordstein-Sheriff, wird mit beiden Armen tief in der Bezirkskasse erwischt, es fehlen 286000 Euro. gut, dass die Ferien vorbei sind – sonst passiert am Ende noch irgendwas Teures.

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