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"Gesellschaftshaus" und "Riviera" an der Dahme machten einst Grünau zum Treffpunkt der Haute volée . Bei diesen Häusern ist noch nicht absehbar, ob sie gerettet werden können.

© imago/Jürgen Ritter

Rückkehr legendärer Ausflugsgaststätten in Berlin: Riviera statt Ruine - neues Leben in alten Lokalen

Schnell nach Italien? Zum Mississippi? Manches legendäre, aber verfallene Ausflugslokal soll in Berlin bald wieder Freizeitvergnügen und alte Gemütlichkeit bieten.

Rübezahl, Zenner, Nikolskoe, Moorlake, Pfaueninsel, Neu Helgoland, Riviera, Fischerhütte. Was für Namen! Klingt nach Mittelgebirge, Mittelerde und Mittelmeer, ist aber Teil von Good old Berlin, der grünsten Hauptstadt Europas. Ausflugsgaststätten waren schon immer Bestandteil dieser Stadt-Land- Fluss-Metropole und nährten die Illusion, an Ostsee oder Mississippi zu verweilen. „Man ist raus aus Berlin. Aber eben nicht“, so beschreibt Birte Schubert von der Insel der Jugend die reizvolle Ambivalenz einer Spree-Auszeit. Einst stiegen Heinrich von Kleist und Theodor Fontane im Stimmingschen Krug am Wannsee ab, damals noch weit außerhalb der Stadt. Später kamen die Gäste nach „Bad Johannisthal“, einer kleinen Fachwerkidylle mitten in der Königsheide, oder besuchten den Gesundbrunnen.

Einige historische Gaststätten sind verfallen, sollen aber – mehr oder weniger bald – wieder Schauplatz Berliner Freizeitvergnügens sein. Jüngstes Beispiel: das Eierhäuschen an der Spree, das der Senat mit 10 Millionen Euro vor dem endgültigen Verfall retten will. Wo wird außerdem gewerkelt – und wo gibt es nur Streit? Ein Überblick.

WANNSEE-TERRASSEN

Einige Gaststätten sind im Laufe der Jahre einmal oder mehrfach abgebrannt. Die Wannsee-Terrassen erwischte es zuletzt vor 13 Jahren. Der Mall of Berlin-Investor Harald G. Huth baut die Terrassen neu auf, im „englischen Landhausstil“ – und ein Ende der Arbeiten ist absehbar. Rechtzeitig zur Freiluftsaison soll ein neues Restaurant im gehobenen Gourmetbereich eröffnen. Die Terrassen waren 1947 schon einmal abgebrannt. So erging es auch dem Blockhaus Nikolskoe 1984. Es wurde anschließend originalgetreu wiederaufgebaut Das Wirtshaus Moorlake hat dagegen die Zeitläufte unbeschadet überstanden.

Aus alt mach neu. Der Senat gibt zehn Millionen Euro für eine Sanierung des traditionsreichen Eierhäuschens am Spreeufer im Plänterwald aus.
Aus alt mach neu. Der Senat gibt zehn Millionen Euro für eine Sanierung des traditionsreichen Eierhäuschens am Spreeufer im Plänterwald aus.

© Thomas Loy

MÜGGELTURM UND RÜBEZAHL

Der Fachwerkpalast Rübezahl am Müggelseeufer wurde in den 70ern abgerissen, heute steht dort ein kleines Feriendorf mit architektonisch unscheinbarem Restaurant, aber einer überdachten Eisbahn. Unklar ist noch, wie das neue Restaurant am Müggelturm aussehen wird. Der neue Eigentümer Matthias Große will eine Summe „oberhalb von einer Million Euro“ investieren. Stadtrat Hölmer hofft, dass Große sein Vorhaben durchzieht. Der Bauantrag ist gestellt, für eine Genehmigung fehlten aber noch einige Unterlagen. Ein italienisches Restaurant ist geplant, eine Schutzhütte für Wanderer und ein Café auf der Dachterrasse. Der Turm bleibt im Wesentlichen, wie er ist.

EIERHÄUSCHEN AN DER SPREE

Beinahe schon vergessen ist das Eierhäuschen am wilden Plänterwald, ein Märchenzauber-Hexenhaus mit Blick auf den Oberlauf der Berliner Spree. Die Fenster sind zugenagelt, die Remisen eingestürzt, doch die architektonischen Preziosen immer noch präsent: ein geschnitzter Giebelschmuck, glasierte Ziegelreihen, Fachwerk und Malerei. Mit zehn Millionen Euro aus den Haushaltsüberschüssen Berlins soll das denkmalgeschützte Haus nun restauriert und wachgeküsst werden. Es ist die letzte Chance, es zu retten.

Bis Ende der 60er Jahre war das Eierhäuschen ein beliebtes Ausflugsziel der Ost-Berliner. Der Vorgängerbau, eine Schifferkneipe, hatte schon Fontane inspiriert. Dann versiegte das Treiben, weil nebenan der moderne „Kulturpark Plänterwald“ eröffnete, der einzige Vergnügungspark der DDR, heute besser bekannt als Spreepark-Ruine. Schausteller Norbert Witte kaufte das Haus 1991 zusammen mit dem Vergnügungspark. Zum Vertrag gehörte die Verpflichtung, das Eierhäuschen zu sanieren und wieder in Betrieb zu nehmen, doch dazu kam es nicht mehr. Norbert Witte ging 2001 pleite.

Die neuen Wannsee-Terrassen, hier als Simulation. Der Neubau soll rechtzeitig zur Freiluftsaison eröffnen.
Die neuen Wannsee-Terrassen, hier als Simulation. Der Neubau soll rechtzeitig zur Freiluftsaison eröffnen.

© Simulation: promo /HGHI

Das Eierhäuschen verfiel weiter und die verzwickten Grundschuld-Lasten des insolventen Witte-Unternehmens verhinderten eine Übernahme durch einen Investor. Im vergangenen Jahr kaufte der Liegenschaftsfonds des Landes endlich das Areal zurück und begann, Spreepark und Eierhäuschen gegen Vandalen und Pyromanen zu schützen.

Problematisch wird sein, ein saniertes Eierhäuschen an den Verkehr zu Land und zu Wasser anzuschließen. „Ohne Parkplätze kommt man nicht aus“, sagt Treptow-Köpenicks Baustadtrat Rainer Hölmer. Der Dammweg könnte vielleicht verlängert werden; rechtlich schwierig so mitten im geschützten Waldgebiet. Schon zu Wittes Zeiten gab es Streit um die Zahl der Besucherparkplätze.

ZENNER UND INSEL DER JUGEND

Die Ausflugsgaststätten an Wannsee, Müggelsee, Havel und Spree leben vor allem vom Nachruhm ihrer einstigen Landhauspracht. Der Zenner im Treptower Park ist ein Nachkriegsbau, nach Plänen von Hermann Henselmann errichtet. Hier stand einst das 1822 erbaute noble „Magistrats-Kaffeehaus“.

Der Zenner versucht, mit Tanzveranstaltungen und einem Burger-King-Restaurant über die Runden zu kommen. Zwei Nebengebäude sind inzwischen zu Ruinen verkommen. Auffällig ist besonders der schmale Turm mit gläserner Galerie, angeblich als Schornsteintarnung errichtet. Auch die benachbarte Insel der Jugend hat eine Ausflugswirtschaft mit Kanuverleih, Kulturevents, gelegentlichen Strandpartys und Firmenfeiern. Das Konzept ist aufgegangen. Birte Schubert freut sich über jede zusätzliche Belebung der Ausflugszone Plänterwald/Treptower Park, also auch über das Eierhäuschen.

RIVIERA AN DER DAHME

Das denkmalgeschützte Gebäudeensemble aus der Kaiserzeit besteht aus einem prachtvollen Ballsaal, Restaurant und großem Biergarten. Die mit neobarocken und Jugendstil-Elementen verzierten Häuser machten Grünau und seine Regattastrecke zu einem gesellschaftlichen Treffpunkt, der dem Wannseeufer in nichts nachstand. Die Gebäude wurden nach der Wende von der Treuhand übernommen und verfielen. Erst 2006 konnten die Häuser verkauft werden, doch das angekündigte Kongresshotel ließ auf sich warten. Inzwischen reden nur noch die Anwälte miteinander. Der SPD-Abgeordnete Robert Schaddach beantragte, das Grundstück zu enteignen, doch das ist schwer durchsetzbar.

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