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Urlaub vorbei, zurück in die Hauptstadt.

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Rückschau zum Ferienende: Zurück in Berlin? Das haben Sie verpasst

Die Sommerferien sind beendet, die Letzten schleppen gerade ihren Rollkoffer ins Haus. Apropos: Darum gab es mächtig Krach, unter Anderem. Ein Ferienrückschau mit Blick nach Alt-England, Tiflis, Tiergarten. Damit Sie am Montag im Büro nicht ganz alt aussehen.

Ferien? Welche Ferien? Selten dürften sie in Berlin so unauffällig angefangen haben wie diesmal, als die Stadt komplett im Fußballfieber delirierte und trunken von der 7:1-Vernichtung Brasiliens das Finale herbeisehnte. Immerhin drang anlässlich des letzten Schultags durch, dass die Abiturnoten in Berlin und Brandenburg wieder ein Stück nach oben gerutscht sind, was selbstredend an den gesenkten Anforderungen lag.

Wer nicht sofort in den Urlaub fuhr, musste ebenfalls Anforderungen senken, und zwar die an den ÖPNV, der sich mit einer rekordverdächtigen Menge von Baustellen in die Nähe der Totalabschaltung führte, jede Woche irgendwo anders. Als zweites Dauer-Hintergrundthema etablierte sich das Grummeln über Olympia-oder-nicht, das uns weit über die Sommerferien hinaus beschäftigen wird.

Allgemein als Verlust empfunden wurde der Wechsel von Rainer Maria Kardinal Woelki, der die Dinge des Herrn künftig in Köln richten wird – ein Nachfolger ist noch nicht bekannt.

Am 13. Juli rauschte das WM-Finale durch, am 15. Juli kamen die Spieler mit Helene Fischer und der Gaucho-Show nach Berlin – aber damit war eben doch nicht alles gut.

Finanzsenator Nußbaum hatte Ärger, weil er undokumentiert Steuerakten eingesehen haben soll, und die Fahrgäste der Stadtbahn hatten Ärger, weil die Sperrung dieser Strecke am Ferienbeginn nicht nur stattfand, sondern auch wieder unternehmenstypisch holprig kommuniziert wurde. Dafür bohrte „Bärlinde“ die erste Tunnelröhre für die U5 schneller als erwartet – was aktuell aber nicht viel half.

Allerletzte Gästeliste, Ende einer Ära in Mitte: Am 19. Juli schloss Cookie, auch bekannt als Heinz Gindullis, seinen Club „Cookies“, um ein neues Restaurant draus zu machen. Draußen auf der Straße schaffte die ewig schwüle Hitze äquatoriale Verhältnisse. Die Feuerwehr machte die Oderberger Straße nass und bekam Ärger mit schwer besorgten Bürgern. Die Brunnen und Wasserspiele wurden gern zum Abkühlen im rechtsfreien Raum genutzt, sechs überhitzte Schwimmer starben innerhalb einer Woche, und rund um die Stadt platzten die Autobahnen auf.

Kontroverse Demonstrationen zum AL-Quds-Tag

Am 25. Juli fand der Al-Quds-Tag statt, die inoffizielle Weltmeisterschaft der Israel-Hasser, gut unterfüttert vom aktuellen Geschehen in Gaza. Schon vorab gab es auf der Straße mit blutroter Farbe bemalte Kleinkinder zu sehen; die Demonstration selbst, von der Polizei mit scharfen Auflagen bedacht, verlief aber weitgehend friedlich.

Eher in die Rubrik „Vermischtes“ gehörte die Abreise Heidi Hetzers, die sich am 27. Juli auf den Weg um die Welt begab – mit einem 1930er Hudson und einem 1989er Begleiter. Statt nach Wien ging es aber zunächst zur Werkstatt in Rheinsberg, wo sich nach dem Motor auch der zu wenig nervenstarke Begleiter vom Hof machte. Die Reise ging trotzdem weiter. Zwischenstand an diesem August-Wochenende: Tiflis.

Ein anderer Promi kehrte dagegen schon jetzt zurück, wenn auch wesentlich weniger lebendig: Knut, aufs Feinste präpariert, ist der Star einer Sonderschau im Naturkundemuseum. Zu den Vollkuriositäten gehörte die Aktion des US-Millionärs Jason Buzi, der am Goldfischteich im Tiergarten 24 Umschläge mit je 50 bis 100 Euro verteilte, was dazu führte, dass die Umgebung flächendeckend niedergetrampelt wurde.

Im Flughafensee schnappte etwas zu, was ein Wels gewesen sein könnte; aus den Fluten der Stadtgeschichte tauchte dagegen mal wieder der Steglitzer Kreisel auf, bei dem die Asbestsanierung nicht beginnt, diesmal wegen einer Unstimmigkeit bei der Auftragsvergabe.

Ach, immer noch sooo schwül. Deshalb kamen die Nachrichten vorzugsweise aus klimatisierten Innenräumen und besagten beispielsweise, dass der Zank um den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche weitergeht und dass in ganz Europa niemand Generalplaner für den havarierten Großflughafen werden mag. Vom Deutsch-amerikanischen Volksfest, das der Hitze dagegen voll ausgesetzt ist, wurde verhaltene Stimmung gemeldet, womöglich aus politischen Gründen.

Feuchte Bahnhöfe, Feuer im Spreepark und der Kampf gegen Rollkoffer

Pssst! Bitte nicht so laut mit dem Rollkoffer zur Haustür schlurfen. In Kreuzberg könnte man Sie glatt für einen unkultivierten Touristen halten. Foto: Imago
Pssst! Bitte nicht so laut mit dem Rollkoffer zur Haustür schlurfen. In Kreuzberg könnte man Sie glatt für einen unkultivierten Touristen halten. Foto: Imago

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Zum ständigen Grundrauschen der Stadt gehört der Flughafen Tempelhof, auch im Urlaub. Nach der Bread & Butter (die prompt an diesem letzten Ferienwochende einen Rückzieher machte) suchte sich auch das „Berlin Festival“ einen neuen Standort und wechselt nach Treptow. Ein paar Tage später teilte die Weinmesse mit, sie verlasse den Flughafen ebenfalls, weil sie sich schlecht behandelt fühle. Schlecht behandelt fühlen sich ferner die Berliner generell, und zwar von ihrem Regierungschef, der es nach einer neuen Umfrage nach 14 Jahren zum unbeliebtesten Politiker der Stadt gebracht hat. Vorn liegt dagegen der parteilose Kollege Nußbaum, den nun mancher gleich zum Nachfolger hochwünscht.

Ein trauriges Thema dieses Sommers waren die Unfälle mit Motorradfahrern. Acht sind in diesem Jahr schon gestorben. Meist, so heißt es, seien sie nicht selbst schuld gewesen, sondern Opfer der Unachtsamkeit anderer. Ein 72-Jähriger, der auf dem S-Bahnhof Grünberger Allee in Bohnsdorf von einem anderen Mann verprügelt wurde, starb daran einige Tage später. Der Täter wurde gefunden.

Und dann kam der Regen

Endlich, in der fünften Ferienwoche, kam der Regen und wurde als dringend notwendige Erfrischung empfunden, außer von der Bahn, die von den Bausünden der Vergangenheit eingeholt wird: In ihre neuen Bahnhöfe regnet es rein, und nicht überall liegt das daran, dass wie am Hauptbahnhof die Krähen gern Silikondichtungen zum Dessert nehmen.

Eine ganz andere Ursache hatte der Ausfall des Netzes von „Kabel Deutschland“ in großen Teilen der Stadt: In einem Schacht wurden 400 Glasfasern durchtrennt. Es wird eine politische Motivation vermutet, aber niemand meldete sich, möglicherweise arbeiten die Täter noch intensiv an einer Begründung.

Einfacher Zerstörungswahn wütete im Treptower Spreepark, wo in der Nacht zum 11. August die Kulissenstadt „Alt England“ niederbrannte. Die vier Täter allerdings waren wohl eher sturzbetrunken als politisch motiviert und wurden wenig später festgenommen. Eine Nacht später brannte es in Kreuzberg: Ein halb fertiger Anbau der Kreuzberger Mevlana-Moschee nahm Schaden, die Ursache ist noch immer unklar. 700 Muslime versammelten sich zum Freitagsgebet am 16. August auf dem Kottbusser Damm.

Was bleibt bestehen von diesen Ferien? Der neue Karstadt-Eigner Rene Benko möchte seinem Kaufhaus am Kurfürstendamm ein ganzes Shopping-Zentrum anfügen. Und Monika Herrmann, Bürgermeisterin in Friedrichshain-Kreuzberg, kämpft für Rollkoffer mit geräuschdämpfenden Gummirollen, um Frieden zwischen Eingeborenen und ihren Besuchern zu stiften. Noch also ist zumindest dieser Bezirk nicht völlig verloren.

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