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Berlin: Ruhe, bitte!

Flugzeuge über den Villen Schwanenwerders? Bloß nicht. Insulaner gehen vor Gericht – und scheitern in erster Instanz.

Berlin - Die Angst vor Fluglärm erreicht Berlins Idyllen und beschäftigt die Justiz. Das Verwaltungsgericht in Moabit hat am Dienstag eine Anwohnerklage abgewiesen, die Insel Schwanenwerder und ein weiteres Wohngebiet in Wannsee im Lärmaktionsplan des Senats als „ruhige Gebiete“ auszuweisen. Ziel sei ein „vorbeugender Schutz vor wachsenden Lärmbelästigungen“ etwa durch BER-Fluglärm nach den Flugrouten-Erfahrungen, erklärte Kläger-Anwalt Hans–Peter Vierhaus. Zwar hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) die auch über das Villen-Eiland führende Wannsee-Flugroute gekippt, weil bei der Planung der Forschungsreaktor nicht beachtet worden war. Doch die Sorgen der Insulaner vor neuen Routen sind nicht aus der Welt, obgleich die Flugzeuge hier mehr als 50 Kilometer von Schönefeld entfernt bereits in großer Höhe fliegen. Ob die Kläger in die nächste Instanz vor das OVG ziehen, blieb offen.

In der Verhandlung hatte Anwalt Vierhaus, der die vier Kläger aus Wannsee vertrat, mit dem Ruhebedürfnis der Betroffenen argumentiert. „Das Flugrouten-Drama hat doch gezeigt, was alles passieren kann.“ Ein Mandant ist ein 73-jähriger früherer Hochschulprofessor und Berliner Unternehmer. Er lebt in der auf Schwanenwerder einst für Verleger Axel Springer errichten Villa „Tranquillitati“, zu der ein 2,7 Hektar großer Park gehört – ein Umstand, der eine Rolle spielte. Vierhaus bemängelte, dass Berlins nach EU-Recht vorgeschriebener Lärmaktionsplan ausschließlich öffentliche Parks und Grünanlagen als „ruhige Gebiete“ ausweise. Doch auch hier gebe es eine Parkanlage. „Der einzige Unterschied ist, dass es ein Privatgrundstück ist.“ Für Lärmschutz sei die Eigentumsfrage aber ohne Belang. Es sei nicht sinnvoll, den stärker von Lärm betroffenen Tiergarten zum „ruhigen Gebiet“ zu erklären, das ruhigere Schwanenwerder aber nicht.

Doch schon in der Sitzung zeigte sich, dass die Klage auf einer juristisch fragwürdigen Argumentation beruhte. So fragte der Vorsitzende Richter Michael Richter nach dem Sinn, „da Schwanenwerder von ruhigen Gebieten umgeben ist“. Die Kammer hielt Recherchen entgegen, wonach die „Lärmaktionspläne“ anderer großer deutscher Städte genau wie in Berlin ausschließlich öffentliche Parks und Grünanlagen als Ruhezonen auswiesen.

Verklagt wurde die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, die von der Kanzlei Geulen & Klinger vertreten wurde. Diese hat den Ruf einer erfahrenen Verwaltungsrechtskanzlei. Neben dem Wannseerouten-Urteil hatte sie etwa das Aus für das Bundeswehr-Bombodrom in Wittstock und auch das Aus des Uferweg-Bebauungsplans am Griebnitzsee erstritten.

Anwalt Remo Klinger, diesmal auf der anderen Seite, war sich des Sieges bereits vor dem Urteil sicher. „Es gibt Dinge, auf die hat man keinen Rechtsanspruch“, sagte er. So gebe es „die Möglichkeit, einen Flughafen am Stadtrand zu bauen, der pünktlich eröffnet“, erläuterte er. „Aber einen Rechtsanspruch darauf hat man nicht.“ Seinen Argumenten schloss sich das Verwaltungsgericht an.

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