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Berlin: Ruhige Demos von Türken und der NPD

Weniger Nationalisten als von der Polizei erwartet

Friedlich und mit weniger Teilnehmern als erwartet lief gestern die im Vorfeld heftig umstrittene Demonstration von türkischen Nationalisten in der City- West ab. Obwohl mit mehreren Reisebussen aus ganz Deutschland und aus dem europäischen Ausland angereist, seien nur etwa 1700 Protestierer zusammengekommen, berichtete die Polizei.

Auch die vielen anderen Demonstrationen, die gestern stattfanden, verliefen weitgehend ruhig. An einer NPD-Demo unter dem Motto „Keine Pariser Zustände. Berlin ist eine deutsche Stadt“ sowie einer Gegendemo der Linkspartei in Charlottenburg nahmen nur je rund 100 Menschen teil. Anlässlich des dritten Jahrestags des Irakkriegs demonstrierten nach Polizeiangaben rund 700 Menschen in Kreuzberg. Ihr Protest war Teil einer weltweiten Kampagne (siehe auch Seite 5). Rund 400 Menschen versammelten sich in Friedrichshain unter dem Motto „Kein Kiez für Nazis“.

Die türkischen Nationalisten hatten sich an der Urania versammelt und marschierten über die Kurfürsten- und Hardenbergstraße zum Ernst-Reuter-Platz. Wie berichtet, hatte die Polizei die Kundgebung zunächst verboten, weil sie Straftaten befürchtete. Das Oberverwaltungsgericht hob dieses Verbot am Freitag unter der Auflage auf, dass der Völkermord an den Armeniern nicht als Lüge bezeichnet werden dürfe. Diese Auflage sei anscheinend nicht vollständig befolgt worden, sagte ein Polizeisprecher auf Anfrage. Genaueres könne man aber erst sagen, wenn Foto- und Filmmaterial von der Kundgebung auswertet sei. Die Polizei erlaubte unter Auflagen auch einen Redebeitrag des Chefs der türkischen Arbeiterpartei, Dogu Perincek. Ursprünglich war es ihm untersagt worden, zu den Demonstrationsteilnehmern sprechen. Es hätten Hinweise vorgelegen, dass er den Genozid an den Armeniern als Lüge bezeichnen wollte, sagte ein Polizeisprecher. Gegenüber Pressevertretern soll Perincek diese Behauptung allerdings aufgestellt haben.

Auch die Demonstranten teilten ihre Ansichten auf Anfrage mit. „Wir sind der Meinung, dass es keinen Völkermord gab“, sagte etwa ein 46-jähriger Pädagoge, der aus Bielefeld angereist war. Eine 14-jährige Schülerin aus Duisburg, die den Zug mit einer riesigen Fahne anführte, konnte nicht genau sagen, warum sie morgens um drei Uhr mit ihrem Vater aus Duisburg losgefahren war. „Ich gehe für unser Land“, war alles, was sie über ihre Beweggründe sagte. Der gesamte Verlauf der Demonstration war ruhig. Stimmung kam nur auf, wenn die überwiegend jungen Männer in Sprechchören „Freiheit oder Tod“ riefen oder „Für mein Vaterland gebe ich mein Leben hin“. sve/ddp

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