zum Hauptinhalt

Berlin: Runde Sache

Das Schloss bekommt sein Eckrondell zurück, in dem früher die Preußenkönige wohnten Und weil die Bagger bald anrollen, arbeiten die Architekten um Franco Stella unter Hochdruck.

Der Schlossneubau bekommt ein Eckrondell an der Südostfassade – und damit erfüllt sich ein Wunsch der Anhänger einer geschichtsgetreuen Rekonstruktion des Schlüterbaus. Der halbrunde Eckbau liegt an der Anschlussstelle zwischen der historisierenden südlichen und der modernistischen östlichen Schlossfassade. Die zwei Millionen Euro extra für die Konstruktion spendete ein vermögendes Unternehmerpaar. Die erste Million liegt bereits auf dem Konto der Schlossstiftung. Dort laufen auch die Vorbereitungen für die Bauarbeiten unter Hochdruck – denn in einem Monat rücken die Bagger an. Die Grundsteinlegung soll 2013 sein.

Das Eckrondell war ebenso wenig im Budget des Schlosses enthalten wie Kuppel und Innenportale in historischer Gestalt. Zusammen mit dem Dachrestaurant werden diese drei „Optionen“ weitere 28,5 Millionen Euro kosten, die ausschließlich durch Spenden finanziert werden müssen. Die Planer glauben fest daran, dass auch dieses Geld zusammenkommt und arbeiten bereits an den Plänen dieser historischen Gebäudeteile.

Anfang April werden zunächst die Holzstämme beseitigt, die vor 300 Jahren in den Boden gerammt worden waren, damit der Baugrund das Schloss tragen konnte. Der Boden wird dann mit Sand und Kies gefüllt und ein spezieller Beton hineingepumpt, der sich gleichmäßig verteilen soll und das Grundwasser abhält. „Ich lege besonderen Wert auf eine sichere Gründung, weil ich nicht auch noch wegen dieser Sache meinen Job verlieren will“, sagt – nicht ganz ernst – der Chef der Schlossstiftung Manfred Rettig.

Er spielt damit auf die unehrenhafte Entlassung von Hofbaumeister Andreas Schlüter im Jahr 1706 an. Schlüter scheiterte an der Aufstockung des Münzturms, der am nordwestlichen Rand des Schlosses stand und später wegen Einsturzgefahr abgetragen werden musste. Schlüter fand keine Gnade, obwohl er zuvor acht Jahre lang das Renaissance- Schloss in einen Barockbau umgeformt hatte, der nun als Vorbild für die Rekonstruktion des Gebäudes dient.

An genau diesem unwägbaren Ort beginnen Anfang April die Arbeiten. Die Baugenehmigung ist beim Senat beantragt. Die Ausschreibungen der Arbeiten sind gelaufen. In Kürze bekommt die Firma mit dem besten Angebot den Auftrag im Wert eines zweistelligen Millionenbetrags. Die Aufgabe ist noch schwieriger als einst, weil die Tunnelröhren für die neue U-Bahn-Linie 5 unter dem Schloss verlaufen werden.

Auf der anderen, südlichen Flanke des Gebäudes wird mit der Realisierung des Eckrondells die Voraussetzung für eine historisierende Wiederherstellung des Schlossplatzes geschaffen. Im Rondell befanden sich Wohnräume des Königs und vom runden Erker aus konnte er die Königstraße (heute Rathausstraße) nach Ost und West überblicken. Der große Kurfürst auf seinem Schlachtross blickte von der Langen Brücke (heute: Neue Rathausbrücke) aus auf das Eckrondell – das Reiterstandbild steht heute im Ehrenhof des Schlosses Charlottenburg. Ob es überhaupt zu einer historisierenden Gestaltung des Umfeldes und der südlichen Front kommt, wird ein Wettbewerb für die Freiflächen am Schloss entscheiden. Wann dieser ausgelobt wird, will der Senat an diesem Dienstag verraten.

Franco Stella, der mit etwa 20 Mitarbeiter in einem Neubau gegenüber vom Petriplatz an den Plänen für den Schlossneubau arbeitet, nennt das Eckrondell ein „Wahrzeichen“ des Schlosses. Das „vorbarocke Element“ habe Schlüter bei seiner Überarbeitung der südlichen Fassade umgestaltet, als Hinweis auf die Geschichte des Gebäudes. Auf dem Besprechungstisch liegen Zeichnungen und Pläne von Fassaden und Grundrissen. An den Wänden hängen Darstellungen der Innenhöfe – und daneben ein Bild der Florentiner Piazza der Uffizien.

Sie sind ein Schlüssel zum Verständnis des Entwurfs. Wie die Uffizien verfügt das Schloss über einen Innenhof, das Forum. Das ist gleichzeitig ein zentraler Stadtplatz: ein Treffpunkt von Besuchern des Hauses und Berliner Bürgern. Es bildet aber außerdem einen ganz neuen Weg aus durch den mehr als 100 Meter tiefen Block. Der Weg verbindet die Flaniermeile Unter den Linden mit der Breiten Straße. Diese frühere Hauptschlagader der Fischerinsel liegt heute leblos da. Aber auch dort wird gebaut, Wohnungen auf dem historischen Stadtgrundriss, die die historische Mitte wiederbeleben könnten und mit dem Schloss ein neues Quartier im Herzen Berlins bilden. Ralf Schönball

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false