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Berlin: Runter mit den Rundfunkgebühren

von Martin Lindner und Burkhardt Müller-Sönksen

Die Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) ist Anfang Januar offiziell verkündet worden. Die vorgeschlagene Anhebung der Rundfunkgebühr um 1,09 Euro auf 17,24 Euro würde für die öffentlichrechtlichen Sender einen weiteren kräftigen Schluck aus der Gebührenpulle bedeuten. Während die Wirtschaftskrise in Deutschland Unternehmen aus fast allen Branchen zwingt umzustrukturieren, einzusparen und Stellen abzubauen, gehen unsere öffentlichen-rechtlichen Sender einen etwas einfacheren Weg: Sie bitten erneut ihre ganz und gar nicht freiwilligen Kunden, also letztlich uns alle, zur Kasse. Dabei stiegen zwischen 1996 und 2002 die Einnahmen aus Rundfunkgebühren von Euro 4,73 Milliarden auf Euro 6,75 Milliarden. Ein satter Anstieg von real 31Prozent. Dagegen lag der reale Anstieg der privaten Konsumausgaben im selben Zeitraum bei gerade einmal 9 Prozent.

Auch ein Vergleich der öffentlich-rechtlichen Sender mit privaten Fernsehanbietern und Printmedienverlagen ergibt ein schiefes Bild. Konjunkturabschwung und Rezession führen zu einem drastischen Abschmelzen der Werbeetats der Unternehmen in Deutschland. Für die privaten Fernsehsender, die sich ausschließlich aus Werbeeinnahmen finanzieren, führt dies teilweise zu existenzbedrohenden Einbußen. Auch die Verlage von Zeitungen und Zeitschriften leiden unter der Krise. Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern dagegen erscheinen die 260 Millionen Euro Werbeerlöse neben den genannten knapp 7 Milliarden Euro Gebühreneinnahmen wie zusätzliches Spielgeld.

Damit hier kein Missverständnis aufkommt. Nichts gegen das so genannte Duale System, also das Miteinander von öffentlichem und privatem Rundfunk. Es sollte in Deutschland einen qualitativ hochwertigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk geben. Das kann aber nicht bedeuten, dass die Landesparlamente stets kommentarlos jede weitere Gebührenerhöhung abnicken. Es muss vielmehr erlaubt sein, in Deutschland eine Debatte über Auftrag und Struktur der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten zu führen.

Primärer Zweck des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist die Information, Bildung, Beratung, Kultur und Unterhaltung. Gelten muss: Qualität vor Quote. Für die 36. Wiederholung von „James Bond jagt Dr. No" und den sicher prächtigen Gesang der Dasinger Spatzen braucht es nicht unbedingt einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, das können und machen die Privaten genau so gut. Der Schwerpunkt der Öffentlichen-Rechtlichen soll vielmehr die intelligente Wissenschaftssendung, der geistreiche Literatur- und Kulturreport, die Berichterstattung auch über seltenere Sportarten oder der selbst in Auftrag gegebene Krimi mit Substanz sein. Das muss und darf nicht langweilig werden oder bloßer Nischenjournalismus sein. Was wir aber ablehnen, ist der Status quo. Kultur, Wissenschaft, Politik und geistreiche Unterhaltung werden zunehmend in Spartenkanäle wie Arte, Phönix oder 3Sat abgeschoben und das Hauptprogramm unterscheidet sich immer weniger vom Angebot der Privaten.

Aus einer solchen Rückbesinnung der Öffentlich-Rechtlichen auf ihren eigentlichen Existenzzweck folgen dann neben dem Rückbau der Spartenkanäle weitere Potenziale zur Kostenersparnis. Man muss sich nicht in jeden Wettkampf mit den Privaten um oftmals teure Serien, Filme und Übertragungen von Spitzensport begeben.

Wir meinen zudem, dass Zweck und Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten es auch nicht hergeben, sich als so genannte „dritte Säule" einen breiten Internetauftritt zu genehmigen. Im Internet können die Bürger auf unzählige Portale und Websites zurückgreifen, die sich auf ganz unterschiedlichem Niveau mit Sport, Unterhaltung, Politik, Wissenschaft, Kultur usw. beschäftigen; die Anbieter finanzieren sich ausschließlich aus Werbeerträgen. Nichts scheint entbehrlicher zu sein, als dass ARD und ZDF derzeit ca. 47 Millionen Euro pro Jahr aus den vereinnahmten Zwangsgebühren für ihr Online-Engagement ausgeben.

Und auch sonst haben sich die öffentlich-rechtlichen Sender in den letzten Jahren ordentlich Speck angefressen. Knapp 26 000 fest angestellte Mitarbeiter stellen 17 TV- und 61 Radioprogramme her. Dazu bezahlt allein die ARD noch über 20 eigene Orchester und Chöre. Bevor also an eine Gebührenerhöhung nur im Entferntesten gedacht werden kann, erwarten wir den Nachweis struktureller Einsparungen. Dazu gehören ein deutliches Rückführen der eigenen Verwaltung genauso wie das Erzielen von Synergieeffekten, beispielsweise durch die Unterhaltung eines gemeinsamen Korrespondentennetzes zumindest in entlegeneren Regionen der Erde.

Die öffentlich-rechtlichen Sender, insbesondere der Intendant der ARD, Jobst Plog, meinen, Politiker hätten kein Recht überhaupt etwas zu den Gebührenbegehrlichkeiten der Sender zu äußern. Es wird die Verfassung bemüht und gar der Schutz unserer rechtsstaatlichen Demokratie.

Na gut, Herr Plog & Co. Dann kürzen wir die Sache einfach ab. Mit Rücksicht darauf, dass Sie in den vergangenen Jahren bereits deutlich über dem Durchschnitt zugelangt haben, die desolate Wirtschaftslage in Deutschland einen Großteil Ihrer Kunden und auch Mitbewerber zu drastischen Einsparungen zwingt und Sie bisher nicht den Nachweis erbracht haben, nennenswert umzusteuern, sondern im Gegenteil - siehe Onlineaktivität - auch noch auf Expansionskurs gehen, bescheiden wir ganz klar: Keine noch so geringe Gebührenerhöhung erscheint unter diesen Umständen auch nur ansatzweise als sozialverträglich. Sparen Sie sich und uns die Zeit, verzichten Sie selbst auf eine Gebührenerhöhung und senken Sie Ihre Kosten!

An unsere Kollegen in den Landtagen appellieren wir, sich jeglicher Gebührenerhöhung zu widersetzen. Setzen wir das richtige Zeichen: Senken wir die Gebühren!

Unsere Autoren: Martin Lindner (oberes Foto) ist Chef der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Burkhardt Müller-Sönksen ist Fraktionschef der Liberalen in der Hamburger Bürgerschaft. Fotos:Ullstein/Klar, Q

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