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Berlin: Runter von der Straße

Zahlreiche Projekte in der Stadt kümmern sich um gewaltbereite Jugendliche Trotz positiver Ergebnisse sparen die Bezirke bei den Angeboten

Langeweile, Frust, Perspektivlosigkeit – es sind immer wieder die gleichen Gründe, die genannt werden, wenn es um jugendliche Gewalttäter geht. Seit Jahren bemühen sich Polizei, Bezirke und soziale Einrichtungen darum, diesen Motiven entgegenzuwirken. Mit Antigewaltprojekten sollen die Jugendlichen von der Straße geholt werden, um sie von einer kriminellen Laufbahn abzuhalten. Doch wie berichtet, hat die Jugendgewalt auch im vergangenen Jahr zugenommen. Die Zahlen sind um fünf Prozent gestiegen. Ist diese Entwicklung mit derlei Projekten überhaupt zu stoppen?

„Ich möchte nicht wissen, wie es aussehen würde, wenn wir all diese Projekte in der Stadt nicht hätten“, sagt Stefan Bonikowski. Der Hauptkommissar ist Präventionsbeauftragter der Direktion 5 in den Problembezirken Neukölln und Kreuzberg-Friedrichshain. Er hat tagtäglich mit straffällig gewordenen Jugendlichen zu tun und versucht mit verschiedenen Angeboten der Jugendkriminalität entgegenzuwirken. Er sagt, dass alle Initiativen, die Jugendlichen eine „sinnvolle Freizeitbeschäftigung“ bieten, mit dazu beitragen, dass die Gewaltspirale sich nicht weiter dreht. Als „Sahnehäubchen“ bezeichnet er beispielsweise das Projekt „Protection 05“ in Kreuzberg. Hier werden Jugendliche als Ordner für die Bühnen beim Kreuzberger „Myfest“ am 1. Mai eingesetzt. Gestartet wurde das Projekt im Jahr 2005. Wer hier mitmacht, wird von Sporttrainern intensiv in Krafttraining unterrichtet. Zu den Inhalten gehört aber auch die „Vermittlung von Basiswissen in rechtlichen Dingen sowie Besuche bei der Bereitschaftspolizei und demnächst auch bei der Polizei-Hubschrauberstaffel“, erklärt Bonikowski.

Die Jugendlichen, die vor zwei Jahren erstmals mitgemacht haben, seien „genau die Kandidaten gewesen, die in den Vorjahren bei den Mai-Krawallen dabei gewesen waren“, sagt Bonikowski. Nun habe man ihnen eine sinnvolle Aufgabe im „Security-Bereich“ geboten. „Die haben dadurch eine Aufwertung erhalten“, sagt er. Und das nicht nur durch die Jacken mit dem Aufdruck „Protection 05“, die sie beim Bewachen der Bühnen trugen. Gestern Abend wurden für die nun dritte Staffel des Projekts für das diesjährige „Myfest“ Jugendliche gesucht. Im Böcklerpark konnten sie sich über die Inhalte informieren und anmelden.

Auch „Kick“, das Kooperationsprojekt der Polizei mit der Sportjugend Berlin, hält Bonikowski für eine sinnvolle Einrichtung. Entstanden ist es 1991. Mittlerweile gibt es stadtweit zehn „Kick“-Standorte. Die meisten befinden sich in Freizeitheimen. Hier können Jugendliche Sport treiben, Fahrräder reparieren oder sich am Computer austoben – Hauptsache, sie setzen hier ihre Energie ein und nicht auf der Straße, um Leute zu verprügeln oder mutwillig Sachen zu zerstören. Polizisten der einzelnen Abschnitte, die mit jugendlichen Straftätern zu tun haben, bieten diesen an, sich beim „Kick“-Projekt zu melden. Das Ganze ist freiwillig, „aber manchmal muss man bei bestimmten Kandidaten auch nachhaken und sanften Druck ausüben“, sagt Bonikowski. Erst vor wenigen Tagen ist es gelungen, das „Kick“-Projekt in Marzahn zu retten, weil sich ein privater Sponsor gefunden hat. „Leider sparen die Bezirke auch bei Antigewaltprojekten“, sagt ein Mitarbeiter. Bei Polizisten und Sozialarbeitern stößt dies angesichts der zunehmenden Jugendgewalt auf Unverständnis.

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