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Fahne schwenken unterm Ehrenmal: Russische Biker und Russlandfans gedenken des Sieges der Roten Armee.

© J. Kalaene/dpa

Russische Biker in Berlin: Gedenken unterm Sowjetstern

Am Ehrenmal am Treptower Park gedachten nicht nur die "Nachtwölfe" des Sieges der Roten Armee. Auch DDR-Fans und Verschwörungstheoretiker kamen.

Zum St.-Georgs-Band trägt der Deutschrusse Andreas aus Regensburg noch ein T-34-Panzer-Shirt, ein grünes Käppi mit Sowjetstern und die Fahne von Wolgograd. So grüßt er das vorbeiflanierende Gedenkpublikum und ehrt die Soldaten der Roten Armee, die hier begraben liegen. Seine Familie hat er mitgebracht und einen Freund aus Kasachstan. Die Oma aus Wolgograd sei zu alt um zu reisen, erzählt Andreas, aber das Foto mit ihrem Enkel aus Berlin werde ihr zeigen, dass das Leid ihrer Familie im Krieg bis heute nicht vergessen ist.

Der Treptower Park gehört am 9. Mai den Nachfahren der Sowjetunion und ihrer Verbündeten. Er ist an diesem Montag längst nicht so mit Menschen gefüllt wie vor zwei Jahren zum 70. Jahrestag der Befreiung, aber die meisten bringen Rosen und Nelken mit, um sie an den Mahnmälern niederzulegen. Die Deutsche Kommunistische Partei hat einen Kranz gestiftet, ebenso die Vereinigung Verfolgte des Nazi-Regimes.

Am Morgen machten die "Nachtwölfe" Station am Treptower Ehrenmal, die national gesinnten Rocker mit gutem Draht zu Putin. In einem Motorrad-Korso fuhren sie die drei sowjetischen Mahnmale ab, anschließend ging es zum Parkfriedhof in Marzahn, gesichert von der Polizei. Von 100 Motorrädern und 200 Teilnehmern ist die Rede.

Auch Verschwörungstheoretiker sind gekommen

Der 9. Mai ist aber auch das Jahrestreffen der Putinversteher und Verschwörungstheoretiker. Andreas Maluga vom Verein "DDR-Kabinett" aus Bochum hält eine rote Sowjetfahne hoch und verteilt Infoblättchen. Darin geht es um die angeblich aggressive Politik von EU und Nato, die auf Russland herabblickten und den Dritten Weltkrieg vorbereiteten. Ähnlich argumentiert eine Reichsbürger-Vereinigung, die mit allerlei Fahnen und Infotafeln am Hauptweg des Ehrenmals Aufstellung genommen hat. Etwas abseits singt eine Gruppe mit viel Inbrunst russische Volkslieder.

Die "Nachtwölfe" starteten am 27. April mit ihren Motorrädern in Moskau, um zum Gedenktag am 9. Mai in Berlin zu sein.
Die "Nachtwölfe" starteten am 27. April mit ihren Motorrädern in Moskau, um zum Gedenktag am 9. Mai in Berlin zu sein.

© J. Kalaene/dpa

Günter Weiglein hat sich aus Würzburg auf den Weg nach Berlin gemacht, er ist mit einer Russin verheiratet und findet Gefallen an den Ideen des Verschwörungstheoretikers Mathias Bröckers. Außerdem möchte er seine Solidarität mit den Opfern des Zweiten Weltkrieges bekunden. Putin übrigens sei ein "sehr bedachter" Politiker, der Westen dagegen eher "aggressiv unterwegs". Weiglein ist für den Frieden, schon seiner zwei Söhne wegen, denen er eine solche Katastrophe ersparen möchte.

Für den Frieden sind hier alle, gleichzeitig glauben sie aber, dass die offizielle Politik ihnen (im Bündnis mit den Medien) ihre friedlichen Absichten nur vorspielt. „Die Medien wollen uns weismachen, dass der Feind im Osten steht“, erklärt eine Frau vom DDR-Kabinett.

Auch viele Deutschrussen wie Andreas kamen zum Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park.
Auch viele Deutschrussen wie Andreas kamen zum Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park.

© Thomas Loy

Im Pavillon unterhalb der zentralen Soldaten-Statue liegt ein Berg von Blumen, hier werden die Menschen still, einige bekreuzigen sich, während über ihnen in der Kuppel der Sowjetstern samt Kremlmauer wacht. Auf dem Gelände des Treptower Mahnmals sollen mehr als 3000 Soldaten begraben sein. Um ihre anonymen Gräber kenntlich zu machen, hat der Verein Obelisk Pappschilder mit Namen und Lebensdaten um die Rasenflächen gespannt. Die Aktion soll deutlich machen, dass das Ehrenmal auch eine Kriegsgräberstätte, ein Soldatenfriedhof ist und nicht als Spielplatz oder Erholungsfläche genutzt werden sollte.

Am 9. Mai, dem Tag der siegreichen Roten Armee, ist aber immer ein wenig Feststimmung dabei, einige Familien picknicken, obwohl es kalt ist. Schulklassen sind gekommen, auf "Exkursion" mit ihrer Russischlehrerin, oder zufällig hineingeraten, wie die Klasse aus Holland. "Wir wussten erst gar nicht, was hier los ist", sagt der Lehrer.

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