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Berlin: Rutschpartie auf ungestreuten Bürgersteigen

Kiezstreifen nehmen sich säumige Hausbesitzer vor

Kiezstreifen nehmen sich säumige Hausbesitzer vor

Fünfzig Meter Schlitterpartie, dann vierzig Meter mit festem Tritt auf einem ordentlich gestreuten Bürgersteig – bis zum nächsten Balanceakt auf festgetretenem Schnee. Berlins Gehwege sind seit dem großen Flockenwirbel in vielen Straßen sehr unterschiedlich geräumt, je nachdem, wie ernst der jeweilige Hauseigentümer, dessen Hauswart oder beauftragte Räumfirmen ihre Pflicht zur Schneebeseitigung nehmen. Besonders für ältere Menschen werden alltägliche Wege zur Nervenprobe. Das Ordnungsamt Charlottenburg ging am Freitag energisch gegen säumige Hausbesitzer vor: Kiezstreifen leiteten in vier Fällen Ordnungswidrigkeitsverfahren ein.

„In der Pfalzburger Straße hatte ein Hauswart, den wir herausklingelten, noch nicht mal Streugut besorgt“, erzählt Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU). Der verantwortliche Eigentümer des Hauses muss wegen dieser Nachlässigkeit nun mit einem Bußgeld von bis zu 600 Euro rechnen. „Weniger ignorante Leute“, die nach einer Ermahnung sofort zu Schippen und Streueimern greifen, kommen laut Gröhler mit einem Verwarnungsgeld von 35 Euro davon.

Exakt geregelt ist der Winterdienst auf Berlins Gehwegen in Paragraf 3 des Landesstraßenreinigungsgesetzes. Verantwortlich sind hier nicht die Männer von der Stadtreinigung (BSR), sondern die Hauseigentümer – und zwar für den jeweiligen Abschnitt vor ihrem Gebäude. Sie können einen Hauswart oder eine Räumfirma mit dem Schneeschippen beauftragen, haben aber im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht darauf zu achten, dass die Helfer ordentlich arbeiten und auch kein Tausalz verwenden, was auf Bürgersteigen verboten ist. Auch um Gehwege ohne angrenzende Gebäude, etwa am Rande von Parks, müssen sich die Grundstückseigentümer kümmern – das sind meistens die Bezirke, Behörden oder Firmen in Gewerbegebieten. Für Radwege ist die BSR zuständig, sie räumt auch alle Bushaltestellen im Auftrag der BVG.

Bis früh um 7 Uhr muss der Gehweg werktags laut Gesetz auf einen Meter Breite geräumt sein, am Wochenende bis 9 Uhr. Schneit es ununterbrochen wie am vergangenen Donnerstag, so darf man das Ende des Flockenwirbels abwarten, um nicht mehrfach umsonst zu kratzen und zu streuen. Doch diese Vorschriften werden keineswegs „flächendeckend beachtet“, sagt Frank Werner vom Haus- und Grundbesitzerverband in Reinickendorf. Rund 25 Prozent der Eigentümer seien nachlässig, schätzt er.

Und die meisten Ordnungsämter haben zu wenig Personal für eine wirksame Kontrolle. In Tempelhof-Schöneberg beispielsweise gibt Baustadtrat Gerhard Lawrentz (CDU) zu: „Das können wir gar nicht leisten“. Freitag früh wäre er deshalb selbst beinahe „der Länge nach hingesegelt“.

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