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Und rollt und rollt. Es gab Zeiten, da konnte die S-Bahn nicht einmal der Eiserne Vorhang aufhalten. Daran erinnert das Verkehrsunternehmen gemeinsam mit dem Verein Historische S-Bahn am Wochenende in der Betriebswerkstatt in Erkner (Sonnabend und Sonntag jeweils 11–18 Uhr).

© dpa

S-Bahn: Die neuen Züge kommen nicht an

Der Bahn-Konzern stellt eine frühere Erneuerung der S-Bahn-Flotte in Aussicht, doch Senat und Verkehrsverbund bewerten das Angebot als ungenügend. Unverbindlich und inakzeptabel sei es.

Was der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium kürzlich als „Lösung“ für das Berliner S-Bahnproblem bezeichnete, ist für die Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) schlicht „eine Mogelpackung“. Die Rede ist von einer „Verpflichtungserklärung“ der Bahn, über die Peter Ramsauers Staatssekretär Klaus-Dieter Scheurle am Freitag berichtet hatte. Darin stellt der Konzern den Kauf von Ersatzzügen für die pannenanfällige S-Bahnflotte in Aussicht – und das schon vor der möglichen Neuvergabe des Verkehrsvertrages für die Zeit nach 2017. Scheurle sprach von einer Geste aus „staatsbürgerlicher Verpflichtung“. Franz nennt dasselbe Papier „heiße Luft, die uns keinen Millimeter weiter bringt“.

Punkt für Punkt erklärt der VBB-Chef, warum die „Selbstverpflichtung“ seiner Ansicht nach unverbindlich und inakzeptabel ist. Zum einen behalte sich die Bahn vor, ihre Vorabbestellung neuer Züge nach eigenem Ermessen zu stornieren. Ein möglicher Stornierungsgrund könnte sein, dass ein Konkurrent den Zuschlag für den S-Bahnbetrieb ab 2017 erhält und die von der Bahn schon bestellten Züge nicht übernehmen will. Das soll er nämlich – und zwar nach den Vorgaben der Bahn, wie sich aus dem Papier ergibt, das dem Tagesspiegel vorliegt. Der Weiterverkauf solle „eine Verwendungsmöglichkeit der Fahrzeuge zu wirtschaftlichen Konditionen“ sicherstellen, heißt es darin.

Für Franz bedeutet das, dass die Bahn als eine Art Großhändler auftreten würde, der die Züge samt intern festgelegter Gebühren für die Vorplanung an Konkurrenten abgeben will. „Man bekäme also weniger Verkehr für mehr Geld“, sagt Franz. Die Formulierung, die Fahrzeuge „zu angemessenen Konditionen“ zu veräußern, sei ebenso problematisch wie das Angebot, Interessenten über die „Eckpunkte“ der Technik zu informieren. Wer die S-Bahn betreiben wolle, müsse vorher detaillierte Wartungspläne erarbeiten, sagt Franz. „Da helfen Ihnen Eckpunkte nicht weiter. Da brauchen sie Details.“ Dass die Bahn obendrein keinerlei Garantien übernehmen würde, hält Franz für „ein starkes Stück“ angesichts der bisherigen schlechten Erfahrungen: Bekanntlich lässt der Bahnkonzern zurzeit die bruchgefährdeten Räder seiner S-Bahnflotte für einen zweistelligen Millionenbetrag erneuern.

Scheurle verteidigte dagegen auf Nachfrage die Offerte: Angesichts der Kosten von bis zu zwei Milliarden Euro sei es selbstverständlich, dass die Bahn sich absichern müsse, betonte er. Ein Bahnsprecher bezeichnete die Offerte als „einen entscheidenden Beitrag, dass eine termingerechte Bestellung der Züge sichergestellt werden kann“ – vorausgesetzt, die Weiternutzung der Waggons sei sichergestellt.

Außerhalb der Bahn und der Bundesregierung ist die Ablehnung jedoch einhellig: „Das Angebot der Bahn enthält keine substanzielle Vorleistung“, sagt Mathias Gille, Sprecher von Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Ohne verbindliche Lieferzusage und Garantie würden mögliche Konkurrenten eher abgeschreckt, so dass die Bahn ihr Monopol in Berlin zementiere. Der Senat bleibe dabei, bis Jahresende die detaillierten Anforderungen an neue Züge zu erarbeiten und dann über Ausschreibung, Direktvergabe an die BVG oder über den Kauf einer Flotte durchs Land zu entscheiden.

Auch die privaten Bahn-Konkurrenten winken ab: Unter den jetzt angebotenen Voraussetzungen wäre eine erneute Vergabe an die Bahn rechtlich angreifbar. „Und wir würden klagen“, sagt Engelbert Recker, Geschäftsführer des Verbandes Mofair, der mehrere Privatbahnen vertritt. Dass der Staatssekretär mit dem Papier an die Öffentlichkeit gegangen ist, erklären sich mehrere Beteiligte mit den nahenden Wahlen. Sie sehen darin den Versuch des CSU-geführten Verkehrsministeriums, den rot-roten Berliner Senat unter Druck zu setzen.

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