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Berlin: S-Bahn rollt in die roten Zahlen

Senat kürzt auch in Zukunft die Zuschüsse Denn noch immer wird der Plan nicht eingehalten

Die S-Bahn fährt weiter Verluste ein. Im ersten Halbjahr 2010 lag das Defizit im operativen Geschäft bei 40 Millionen Euro, teilte der Finanzvorstand der Deutschen Bahn, Richard Lutz, am Mittwoch mit. Im entsprechenden Vorjahreszeitraum konnte das Unternehmen – vor dem Ausbruch der großen Krise – noch einen Gewinn in Höhe von 30 Millionen Euro verbuchen. Am Jahresende hatte sich dann aber ein Verlust in Höhe von 92,9 Millionen Euro angehäuft.

Weil die S-Bahn weiter wegen Wagenmangels ihren mit dem Senat geschlossenen Verkehrsvertrag nicht erfüllen kann, kürzt ihr das Land auch in den nächsten Monaten den Zuschuss. Den Umsatzausfall gegenüber dem ersten Halbjahr 2009 durch die verringerten Zahlungen des Landes und durch Ausfälle bei den Fahrgeldeinnahmen bezifferte Lutz mit rund 55 Millionen Euro.

Die S-Bahn kann frühestens zum Fahrplanwechsel im Dezember wieder nach dem vereinbarten Fahrplan fahren. Die vorgegebene Zahl der einsatzfähigen Fahrzeuge erreicht das Unternehmen nicht vor Dezember 2011, so dass bis dahin Züge mit weniger Wagen fahren werden als vorgesehen. Auch dies führt dazu, dass der Senat die Zuschüsse weiter kürzt. Vereinbart waren Zahlungen in Höhe von rund 232 Millionen Euro.

Im während der Krise nachverhandelten Vertrag hat der Senat mit der S-Bahn vereinbart, rückwirkend ab dem 1. Januar 2010 mindestens 562 Doppelwagen – ohne Betriebsreserve – einzusetzen. Diese Verpflichtung erhöht sich auf 575 Doppelwagen, sobald die zusätzlichen Fahrten zum neuen Flughafen in Schönefeld ins Programm genommen werden. Der Flughafen soll am 3. Juni 2012 öffnen.

Derzeit fährt die S-Bahn ihrem „Hochlaufplan“ aber weiter hinterher. 416 der 630 vorhandenen Doppelwagen sollten jetzt im Einsatz sein; tatsächlich rollen nur gut 400 über die Gleise. Ursprünglich hatte die Bahn verkündet, im Juni wieder mit 442 Doppelwagen zu fahren. Statt mit acht Wagen sind die Züge der Linien S 3 (Erkner–Spandau) und S 5 (Strausberg Nord–Westkreuz) bis auf wenige Ausnahmen nur mit sechs Wagen unterwegs.

In der großen Hitzewelle waren Fahrzeuge ausgefallen, weil, wie berichtet, die Klimaanlagen für die elektronischen Anlagen im Fahrerstand häufig nicht funktionierten. Mit dazu beigetragen hat das häufige Öffnen der Türen durch die Triebfahrzeugführer, was bei der Entwicklung der Züge nicht vorgesehen war. Die Fahrer müssen auf den meisten Bahnhöfen inzwischen aussteigen, um den Zug abfertigen zu können. Die Abfertiger auf den Bahnsteigen waren von der früheren Geschäftsführung der S-Bahn abgezogen worden, obwohl ein neues System mit einer Kameraüberwachung bis heute nicht genehmigt worden ist.

Da die Temperaturen inzwischen aber erheblich zurückgegangen sind, haben auch die Probleme mit der Kühlung abgenommen. Allerdings sei es inzwischen schwieriger geworden, bisher abgestellte Fahrzeuge betriebsfähig zu machen, weil nun die „dicken Brocken“ an der Reihe seien, die einen größeren Aufwand erforderten, sagte ein Bahnsprecher. Noch gelte aber der Plan, im Dezember wieder nach Fahrplan zu fahren, zu dem dann auch wieder die Linien S 45 (Schönefeld–Südkreuz) und S 85 (Grünau–Waidmannslust) gehören, die seit etwa einem Jahr eingestellt sind.

Wie der Fahrplan aussehen wird, ist allerdings noch offen. Während die S-Bahn wieder alle Linien betreiben will, ziehen der Verkehrsverbund Berlin–Brandenburg (VBB) und der Senat es vor, auf betriebenen Linien Züge mit mehr Wagen einzusetzen. Aber erst müssen sie vorhanden sein. K.Kurpjuweit/C. Visser

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