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Berlin: Säugling im Rinnstein: Mutter verhaftet

22-Jährige soll ihren Sohn ausgesetzt haben Treptowerin bestreitet die Vorwürfe

Die Nachbarn erkannten sie sofort. Es war etwa 9.30 Uhr, als Sabrina R. in Richtung Bankfiliale ging, ganz in der Nähe ihrer Wohnung in der Treptower Brückenstraße. Nicht einmal 24 Stunden lang hatte die Polizei nach der 22-Jährigen gefahndet, deren Säugling eine Anwohnerin am Donnerstag im Rinnstein gefunden hatte. Der Junge lag mit dem Kopf unter einem geparkten Auto – wimmernd und lebensgefährlich verletzt. „Der Zustand des Kindes ist immer noch bedrohlich“, hieß es gestern bei der Polizei.

Es hätte für den kleinen Santino, knapp sechs Monate alt, noch schlimmer ausgehen können: Nur wenige Augenblicke später wäre das geparkte Auto weggefahren und hätte den Säugling vermutlich überrollt. Der Junge kam ins Krankenhaus und wurde sofort notoperiert. Spürhunde und einige Nachbarn hatten die Polizei schnell zur nahe gelegenen, aber verwaisten Wohnung von Sabrina R. geführt.Eine Nacht lang blieb die Mutter verschwunden. Ob die 22-Jährige ihren Sohn erst misshandelt und dann unter dem Autoreifen abgelegt hatte, ist offen. „Die Tatverdächtige hat sämtliche Vorwürfe bestritten“, sagte Justizsprecher Michael Grunwald. Die Staatsanwaltschaft geht von versuchtem Totschlag und Misshandlung aus. Die 22-Jährige kam in Untersuchungshaft.

Zu diesem Zeitpunkt hatte in den betroffenen Jugendämtern bereits die Fehlersuche und Aktenauswertung begonnen. „Wir sind von dem Fall völlig geschockt“, sagt Dirk Retzlaff, Jugendstadtrat von Treptow-Köpenick. So wie es derzeit aussieht, ist die junge Mutter durch einen Umzug aus dem Blick der Sozialarbeiter gerutscht: Noch im vergangenen Sommer hatte Sabrina R. mit ihrem Sohn Santino und dessen Vater zusammen in einer Wohnung in Reinickendorf gelebt. Dort ist Sabrina R. im Jugendamt wegen häuslicher Konflikte „mehrfach“ beraten worden. „Wir haben ihr dringend geraten, sich von ihrem Lebensgefährten zu trennen“, sagt Jugendamts-Direktorin Lisa Westermann.

Offenbar mit Erfolg: Im vergangenen August hatte die junge Frau der Sozialarbeiterin berichtet, dass sie künftig alleine mit ihrem Sohn in Treptow leben wolle, wo sie auch selbst aufgewachsen ist. Lisa Westermann beteuert: „Es hat in keiner Art und Weise Anhaltspunkte dafür gegeben, dass das Kind vernachlässigt oder misshandelt wird.“ Was in den folgenden zwei Monaten mit der Familie geschehen ist, weiß bei den Behörden offenbar niemand. Ende September meldete sich die junge Frau zwar beim Treptower Jugendamt, wurde aber abgewiesen, weil sie polizeilich noch in Reinickendorf gemeldet war. „Sabrina R. hatte der Sozialarbeiterin fest versprochen, sich nach der Ummeldung sofort wieder zu melden“, sagt Jugendstadtrat Retzlaff.

Doch Sabrina R. sprach kein zweites Mal vor. Die Spur der Akten führt zuletzt ins Jobcenter Treptow, wo Sabrina R. am Anfang des Monats finanzielle Unterstützung beantragte. Man vereinbarte einen Termin für den 23. November.

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