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Berlin: Sarrazin: Spreedreieck war ein fauler Apfel

Der frühere Senatsbaudirektor Hans Stimmann sieht die politische Verantwortung für einen Teil des umstrittenen Grundstücksdeals am Spreedreieck bei Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). „Es war eine Entscheidung von Junge-Reyer, dass der Investor deutlich mehr Geschossfläche bekommen hatte“, sagte Stimmann am Freitag vor dem Untersuchungsausschuss Spreedreieck.

Von Sabine Beikler

Der frühere Senatsbaudirektor Hans Stimmann sieht die politische Verantwortung für einen Teil des umstrittenen Grundstücksdeals am Spreedreieck bei Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). „Es war eine Entscheidung von Junge-Reyer, dass der Investor deutlich mehr Geschossfläche bekommen hatte“, sagte Stimmann am Freitag vor dem Untersuchungsausschuss Spreedreieck. Er sei dagegen gewesen, aber die Verantwortung für solche Entscheidungen liege bei der „politischen Leitung“. In der Affäre um den Verkauf des landeseigenen Grundstücks Spreedreieck erhielt der Investor Harms Müller-Spreer laut eines Vergleichs nicht nur fast neun Millionen Euro Schadenersatz, zwei weitere Grundstücke im Wert von 730 000 Euro, sondern auch 20 500 Quadratmeter Bruttogeschossfläche zugebilligt. Zum Vergleich: Im Kaufvertrag von 2000 waren es 15 000, im Vertrag von 2004 schon 17 500 und 2008 waren es 20 500 Quadratmeter.

Stimmann kritisierte mit scharfen Worten die Bebauung. „Das Projekt ist nicht gerade eine Zierde für die Stadt.“ Die Qualität des neuen Bürohauses sei „im unteren Bereich“, architektonisch bewerte er den Bau sogar „noch ein Stück tiefer“. Die Spreedreieck-Bebauung sei ein „Lehrstück über Prinzipien von Städtebau und Architektur“. Aus heutiger Sicht hätte Müller-Spreer keine größere Bebauung zugestanden werden dürfen, noch hätte die Verwaltung auf die zuvor geplante Wohnbebauung verzichten dürfen.

Das Land hatte im Dezember 2000 das Grundstück an Müller-Spreer verkauft, ohne für einen Teil der Fläche Eigentümer zu sein. Das stellte sich jedoch erst 2001 heraus, als die Oberfinanzdirektion ihren eigenen Zuordnungsbescheid für die Eigentumsrechte aus dem Jahr 1995 widerrief und einen Teil der Fläche der Deutschen Bahn zusprach. Grünen-Politiker Jochen Esser fragte im Ausschuss Ex-Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD), der das zweite Mal gehört wurde, ob die Verwaltung unter seiner Ägide die Grundbücher eingesehen habe. „Ich habe nichts eingesehen“, sagte Sarrazin. Die Verwaltung habe sich auf den Zuordnungsbescheid verlassen.

Was dann folgte, war der für das Land folgenreiche Vergleich mit dem Investor Müller-Spreer und eine Zahlung von zwei mal vier Millionen Euro an die klagenden Nachbarn des Spreedreiecks. Sarrazin bezeichnete diese Beträge als „Erpressungsgeld“, worin der Grünen- Abgeordnete Esser ihm zustimmte. Der frühere Finanzsenator verteidigte die Entschädigungen und Zahlungen, zu der es „keine Alternative“ gegeben habe. Hätte sich der Senat „bockig“ gestellt, wäre ein Gesamtschaden von 60 bis 70 Millionen Euro entstanden. Sarrazin erklärte mit einem interessanten Vergleich, warum der Grundstücksdeal Spreedreieck „von Anfang an faul“ war. „Das ist wie mit einem faulen Apfel. Sie sehen den Eingang und Ausgang eines Wurms. Wenn Sie den Apfel aufschneiden, sehen Sie einzelne faule Stellen. Aber in der Summe ist das einfach ein fauler Apfel.“

Diese Erklärung reichte dem CDU-Haushaltsexperten Florian Graf nicht. „Sarrazin redet sich die Sache schön. Der Senat hat unterlassen, nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen.“ Und Junge-Reyer habe die „politische Verantwortung“ für die zugebilligte größere Baufläche. Die Opposition beziffert den Schaden durch den Verkauf dieses und anderer landeseigener Grundstücke in der Friedrichstraße auf 26 Millionen Euro. Die Abgeordneten Torsten Schneider (SPD) und Uwe Doering (Linke) sagten, der Kaufvertrag von 2000 unter Ex-Finanzsenator Peter Kurth (CDU) sei schon mangelhaft, spätere Vergleiche seien alternativlos gewesen. Die Schadensberechnungen der Opposition seien „abenteuerlich“. Sabine Beikler

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