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Berlin: Sarrazin: Wohlfahrtsverbände sollen Gehälter kürzen

Finanzsenator fordert Übernahme des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst. Massive Einbußen für 95 000 Beschäftigte möglich

Von

Von Volker Eckert und

Ulrich Zawatka-Gerlach

Auch die Beschäftigten der freien Träger müssen mit massiven Gehaltskürzungen rechnen. Nach dem Willen von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) sollen sie den neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst komplett übernehmen. Das heißt: kürzere Arbeitszeit bei 8 bis 12 Prozent weniger Gehalt. Die privaten Zuwendungsempfänger beschäftigen in Berlin etwa 95 000 Arbeiter und Angestellte. Die Wohlfahrtsverbände haben am Montag Widerstand angekündigt.

„Wenn wir den Abschluss übernehmen, müsste unser Personal ja die gleiche Leistung für weniger Gehalt erbringen“, sagte Thomas Dane, Sprecher der Liga der freien Wohlfahrtsverbände in Berlin. Das könne nicht die Lösung sein. Die Liga verhandelt zurzeit mit den Gewerkschaften darüber, ob die bundesweiten Gehaltserhöhungen von 4,4 Prozent bis 2005 übernommen werden. Eine Übernahme der Berliner Sonderregelungen, so Dane, sei für die Wohlfahrtsverbände nicht zwingend.

Entgegenkommen signalisierte Dane nur für soziale Projekte, die Senatszuschüsse bekommen, die weder vertraglich noch gesetzlich vorgeschrieben sind. Im Rahmen dieser Projekte seien rund 5000 Menschen beschäftigt. Sollten in diesem Bereich die Gehälter gekürzt werden, müsse der Senat aber – wie bei den öffentlich Bediensteten – einen Kündigungsschutz bis 2009 zusichern. Aus der Finanzverwaltung hieß es dazu: Solche Zusagen könne das Land nicht machen.

Finanzsenator Sarrazin begründete seine Forderung nach Übernahme des Berliner Tarifvertrags bei den freien Trägern mit dem „Besserstellungsverbot“: Beschäftigte von Zuwendungsempfängern dürften nicht besser bezahlt werden als das Personal in der Landesverwaltung. Und wenn bei verringerter Arbeitszeit „im Einzelfall der mit der Zuwendung verfolgte Zweck nicht mehr – oder nicht mehr im vollen Umfang zu erreichen ist“, müsse geprüft werden, „ob eine Einstellung des Vorhabens in Betracht kommen kann“, steht in einem Rundschreiben der Finanzverwaltung. Im Klartext: Wer mit der Berliner Tarifregelung nicht klarkommt, läuft Gefahr, die staatliche Förderung demnächst zu verlieren.

Trotz dieser harten Worte unterstützen die Regierungsfraktionen SPD und PDS das Ansinnen Sarrazins. SPD-Fraktionschef Michael Müller wies darauf hin, dass Gehaltskürzungen den freien Trägern erst einmal zusätzlichen finanziellen Spielraum verschafften. Einen Teil dieser Einsparungen werde das Land Berlin sicher abschöpfen, „aber wir wollen die freien Träger ganz sicher nicht zerschlagen“. Der PDS-Haushaltsexperte Cael Wechselberg schloss sich dieser Meinung an. „Für die freien Träger und deren Mitarbeiter ist eine Übernahme des Berliner Tarifabschlusses durchaus zumutbar“. Nur die FDP rügte den „Verstoß gegen die verfassungsmäßig garantierte Tarifautonomie“.

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