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Berlin: „Sarrazins Vergleich ist nicht plausibel“

Der Paritätische Wohlfahrtsverband stellt in Frage, dass Berlin viel besser ausgestattet ist

DAS SAGEN DIE BETROFFENEN

Laut Finanzsenator Sarrazin gab Berlin im Jahr 2001 pro Kind fast doppelt so viel aus für die Tagesbetreuung wie Hamburg. Kann Berlin sich das leisten?

Berlin leistet sich einen derartigen Ausstattungsvorsprung gar nicht. Sarrazins Vergleich ist nicht plausibel.

Inwiefern?

Sarrazins Zahlen sind nicht aktuell: Berlin hat gerade 1150 Erzieherstellen gestrichen, während Hamburg sein Betreuungsangebot verbessert hat.

Dennoch bleibt ein riesiger Vorsprung.

So groß ist der gar nicht: Man muss nämlich berücksichtigen, dass in Hamburg mehr Kinder als in Berlin im Rahmen der Schule betreut werden, denn Vorklassen und verlässliche Halbtagsschule gibt es hier flächendeckend. Sarrazins Rechnung berücksichtigt Schulkosten aber nicht. Wenn er das täte, fiele der Kostenvergleich anders aus.

Aber es steht fest, dass Berlin sich wesentlich mehr Krippenplätze leistet: Laut Thilo Sarrazin ist jedes dritte Kind in Berlin, aber nur jedes zehnte Kind in Hamburg versorgt.

Auch diese Angabe führt in die Irre, denn hierbei sind die Tagesmütter nicht berücksichtigt. Hamburg hat mehr als Berlin, sodass letztlich jedes fünfte Kind bis drei Jahren und nicht nur jedes zehnte betreut wird.

Damit steht das reichere Hamburg aber immer noch schlechter da als Berlin.

Mit gutem Grund! In Berlin gibt es 50 Prozent mehr Alleinerziehende als in Hamburg. Die können schon aus rein finanziellen Gründen nicht drei Jahre mit ihrem Kind zu Hause bleiben, bis sie Anspruch auf den gesetzlich garantierten Kindergartenplatz bekommen: Sie brauchen einen Krippenplatz!

Warum nicht eine preiswertere Tagesmutter?

Dazu müssten sie erstmal qualifiziert werden. Das hat auch seinen Preis. Und die Wahlmöglichkeit zwischen Tagesmutter und Krippe müsste erhalten bleiben.

Kann Berlin es sich leisten, anspruchsvoller zu sein als reichere Städte?

Gerade „ärmere“ Städte müssen sich eine ausreichende Kinderbetreuung leisten, denn unterm Strich ist das billiger als die Folgekosten für Kinder, die mangels Kitabesuch kein Deutsch können, und für Mütter, die mangels Krippenplatz nicht arbeiten können.

Das Interview führte Susanne ViethEntus

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