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Berlin: Saubere Luftnummer

Im extravaganten Haus der DZ Bank am Pariser Platz zeigen die Putzmänner, wie gut sie klettern können

Als Stararchitekt interessiert sich Frank O. Gehry wenig für die komplexen Fragen der Gebäudereinigung. Im Falle der DZ-Bank am Pariser Platz hat diese künstlerische Nachlässigkeit des Architekten der deutschen Reinigungsindustrie sogar zu einer Weltneuheit verholfen: die Klettermaschine. Das einer Schaukel ähnliche Gerät wird im Innenhof der Bank eingesetzt, um einigermaßen bequem an das riesige Glasgewölbe und das darunter kauernde Untier aus gebürsteten Edelstahlplatten und Pinienholz heranzukommen. Das Putzen, Wienern und Hochglanzölen per Seil wird sechs Industriekletterer drei Wochen lang beschäftigen. „Ein Großauftrag“, sagt Olaf Bürger von der Firma Arax. Architektonische Extravaganzen wie in der DZ-Bank bescheren den Kletterern volle Auftragsbücher.

Die Reichstagskuppel, der DB-Tower am Potsdamer Platz oder die CDU-Zentrale an der Klingelhöferstraße – die großen Glasfassaden moderner Bauten haben das schlichte Handwerk der Gebäudereinigung zu einer hochwertigen Aufgabe für Spezialisten gemacht. Die Industriekletterer bei Arax waren vorher Dachdecker oder Bauarbeiter auf dem schwankenden Boden der deutschen Baukonjunktur. Als Industriekletterer müssen sie nicht um ihren Job fürchten. Rund 5000 Kletterer gibt es bereits in Deutschland.

In der DZ Bank mussten die Seilspezialisten erst ein Konzept ausarbeiten, wie man überhaupt an die gewölbten Flächen herankommt. O. Gehrys Tierkopfskulptur bietet sogar Überhänge wie im Hochgebirge. Um Seile befestigen zu können, wurden Löcher in die Dachhalterungen gebohrt. Dann kamen die Leute vom Fraunhofer-Institut und probierten spezielle Luftschiffe und Putzroboter aus, doch die Hochtechnologie kapitulierte bald.

Dann kam man auf die Klettermaschinen der Berliner Firma „Schmidt Innovative Technik“. Sie erleichtern das lange Stehen im Seil. In der Apparatur bewegt man sich wie eine Raupe fort: Hinsetzen, Beine anziehen, Aufstehen, Arme hochstrecken, wieder hinsetzen. Nach jeder Bewegung wird die neue Position am Seil arretiert, so dass Abstürze ausbleiben. Allerdings verhakt man sich schnell, wenn die Motorik nicht sauber arbeitet. Ziemlich anstrengend für eine Maschine, aber eine elektrische Unterstützung wäre wegen eines möglichen technischen Versagens zu riskant, sagt Kletterchef Bürger. 20 Höhenmeter schaffen seine Leute locker in drei Minuten.

Acht Klettermaschinen hat das Tagungszentrum Axica, das in der DZ Bank untergebracht ist, für die Wartung des Hauses angeschafft – Stückpreis: 8000 Euro. Axica-Geschäftsführer Jochen Lohmar hält den Aufwand für gerechtfertigt. „Wir sind das erste Haus in Berlin im Bereich Veranstaltungen.“ Auf der Gästeliste stehen Berühmtheiten wie Gerhard Schröder, Vaclav Havel, Königin Beatrix und Madeleine Albright. Da müssen die vielen Fenster unbedingt sauber sein. Die Kletterer arbeiten normalerweise nachts, weil in der gewölbten Glaskuppen tagsüber Temperaturen um 50 Grad entstehen. Extreme Arbeitsbedingungen sind das Alltagsgeschäft der Kletterer. Bürger: „Ich bezahl’ meine Leute vor allem dafür, dass sie wach bleiben.“

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