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Und ... Tusch! Bei Cabuwazi können junge Menschen zeigen, was sie draufhaben – wie hier bei einer Zirkusshow mit Berliner Schülern und ukrainischen Flüchtlingskindern.

© picture alliance / dpa

Saubere Sache - Gemeinsame Sache: Treptow: Über Grenzen balancieren

Der Kinderzirkus Cabuwazi hilft minderjährigen Flüchtlingen ganz spielerisch, in Berlin anzukommen.

„Lilaf ist meine Freundin“, sagt Paula und nimmt Lilaf, die einen Kopf größer ist als sie und schwarze Locken hat, an die Hand. Lilaf ist 16 und kommt aus Syrien, ihre Eltern sind in ihrer Heimat gestorben.

In Deutschland lebt sie in einer Unterkunft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Paula ist 10 Jahre alt und wohnt zusammen mit ihren Eltern in einer Wohnung in Treptow. Gemeinsam stimmen sie ein Lied an: „Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten?“

„Freiheit – das bedeutet für die beiden Mädchen etwas ganz Unterschiedliches“, sagt Britta Niehaus, Leiterin des Kinder- und Jugendzirkus Cabuwazi in Treptow. Die beiden Mädchen haben sich in den Sommerferien beim Zirkusworkshop kennengelernt.

Zehn Tage lang haben unbegleitete Flüchtlingskinder, die aus Krisenregionen ohne ihre Eltern nach Deutschland gekommen sind, zusammen mit Kindern aus Berlin im Cabuwazi-Zelt jongliert und balanciert, sind Einrad gefahren und Trampolin gesprungen. Zum Abschluss gab es eine Show im rot-gelb gestreiften Zirkuszelt. „Ich bekomme immer noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke“, sagt Chadra El-Saadi.

Die Sprache des Körpers

Die Berlinerin mit libanesischen Wurzeln hat den Workshop geleitet. Die Kinder haben bei ihr nicht nur gelernt, wie man auf einer Kugel balanciert, sondern auch die deutschen Namen der einzelnen Körperteile.

Chadra El-Saadi (links) und Britta Niehaus.
Chadra El-Saadi (links) und Britta Niehaus.

© Fabiana Zander Repetto

„Artistik kann man wunderbar mit Sprachenlernen verbinden“ sagt El-Saadi, die selbst Deutsch und Arabisch spricht. Beim Lernen mit Bewegung könne man sich Dinge viel besser merken. Die Kinder würden sich untereinander aber auch nur mit Händen und Füßen verstehen. „Beim Zirkus ist der Körper die Sprache“, sagt El-Saadi.

Am kommenden Sonnabend soll ein weiterer Workshop starten, mit Lilaf und anderen Flüchtlingskindern, die im Sommer bereits bei Cabuwazi trainiert haben. Vormittags gibt es ein Training; ab 14 Uhr lädt Cabuwazi im Rahmen des Aktionstags „Saubere Sache – Gemeinsame Sache“ zu einem Willkommensfest mit Musik, Tanz und Essen auf dem Gelände in Treptow ein. „Bei uns können die Kinder zeigen, dass sie was können“, sagt Niehaus. „Die geflüchteten Kinder sind nicht bloß Kriegsopfer, die man bemitleidet, sondern sie können auch auf einem Seil balancieren oder mit Bällen jonglieren.“

In jedem steckt ein Artist

Den Zirkus Cabuwazi gibt es bereits seit 22 Jahren. Gestartet als Gruppe Einrad fahrender Kinder in einem Kreuzberger Hinterhof ist der Verein mit fünf festen Zelten heute einer der größten Kinder- und Jugendzirkusse in Europa. Mit Flüchtlingskindern arbeitet der Zirkus schon seit einigen Jahren. Mobile Teams bieten Kurse auch direkt vor Ort in Flüchtlingsheimen an. Die Kurse sind für alle Kinder und Jugendlichen kostenlos.

Cabuwazi finanziert sich vor allem durch private Sponsoren, einige Standorte werden auch vom Jugendamt unterstützt – Cabuwazi arbeitet vor allem mit Schulkindern aus sozial schwierigen Verhältnissen in Berlin. Viele von ihnen haben einen Migrationshintergrund. In Nachmittagskursen, Schulprojektwochen und Ferienworkshops trainieren rund 650 Kinder und Jugendliche jede Woche an den fünf Standorten.

In Treptow steht das Zelt direkt auf der einstigen Grenze zwischen Ost und West. Jetzt bringt Cabuwazi dort täglich Kinder und Jugendliche aus verschiedenen Kulturen und Bezirken zusammen. „Der Ort ist ein schönes Symbol dafür, wie Geschichte sich verändern kann“, findet El-Saadi. Sie ist überzeugt, dass in jedem Kind ein kleiner Artist steckt. „Die Eltern und Lehrer sind nach jeder Aufführung total überrascht und begeistert, was die Kinder alles können.“ Das Zirkuszelt, die Manege, das Scheinwerferlicht – „das motiviert auch Kinder, die sonst auf nichts so richtig Lust haben“.

Am Sonnabend, 19.9., um 14 Uhr lädt Cabuwazi Treptow zum Willkommensfest mit den unbegleiteten Flüchtlingskindern in die Bouchéstraße 74 nach Treptow ein. Bitte vegetarisches Essen mitbringen.

Nora Tschepe-Wiesinger

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