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Der Görlitzer Park ist ziemlich dreckig, dagegen kommt kaum jemand an. Trotzdem greifen gerade junge Anwohner heute zu Besen und Müllsack.

© Kristina Wollseifen

Update

Saubere Sache in Kreuzberg: Mit Zange und Müllsack gegen den Müll

In Kreuzberg sind Freiwillige mit Besen, Zange und Müllsäcken im Görlitzer Park angerückt, um ihn wenigstens ein bisschen von Zigarettenstummeln und Kronkorken zu befreien. Auch der Sand auf einigen Kreuzberger Spielplätzen wurde davon gesäubert. Weitere Eindrücke von unserer Aktion "Saubere Sache".

GÖRLITZER PARK KREUZBERG

Das Team, das den Görlitzer Park ein wenig sauberer machen möchte, ist schon von weitem zu erkennen. Denn alle Aktivisten tragen türkisfarbene T-Shirts und sind mit Besen, Zange und Müllsack ausgestattet. "Bald ist es so kalt, dass keiner mehr herkommen will“, sagt Dennis Begrow, der die Aufräum-Aktion am Freitagabend organisiert hat. Deshalb soll jetzt nochmal richtig angepackt werden. Knapp 30 Leute sind seinem Aufruf auf mila, einer Plattform für lokale Dienstleistungen, und auf Facebook gefolgt. Auch eine Mutter mit Kind und eine ältere Dame sind dabei.

"Der Görli ist einfach ein Platz, der unfassbar dreckig ist“, sagt Toni Wehn. Er ist zusammen mit zwei Freunden dem Aufruf gefolgt. Zigarettenstummel und Kronkorken landeten auf dem Boden, weil sie nicht als Müll empfunden würden, meint er. „Hier darf man einfach nicht aufgeben“, sagen die drei Freunde trotzdem.

Mehr aus Kreuzberg: Gemeinschaft am Platz der Vereinten Nationen

Alles war zugewuchert. Da helfen nur noch brachiale Methoden.
Alles war zugewuchert. Da helfen nur noch brachiale Methoden.

© Kristina Wollseifen

PLATZ DER VEREINTEN NATIONEN KREUZBERG

Inmitten des riesigen Wohnkomplexes liegt ein Spielplatz, der aber eigentlich keiner ist, weil auf dem Sand gar keine Spielgeräte stehen. „Der Spielplatz wurde damals zurückgebaut“, sagt Claus-Peter Kolbe, Vorsitzender des Mieterbeirats der Hausnummern 23 bis 32. „Wir wollen mit der Aktion nun auf die Fläche aufmerksam machen und zeigen, dass sie nicht brach liegt, sondern dass wir uns kümmern.“ Der Mieterbeirat hat sich deshalb mit anderen Freiwilligen auf dem Spielplatz getroffen, um den Sand zu säubern, den Dreck von den Steinwegen zu fegen und das Unkraut aus den Boden zu ziehen. Knapp zehn Säcke haben sie nach etwas mehr als einer Stunde Arbeit schon gefüllt.

„Für das Zusammenleben ist so eine Aktion auch sehr wichtig“, sagt Mieterbeirats-Mitglied Thomas Imhof. Immerhin ist der Spielplatz eingeschlossen von einem Komplex mit 500 Wohnungen. Die Aktion kann somit auch dazu beitragen, sich besser kennen zu lernen. Für eine Plauderei zwischen Nachbarn ist schließlich auch beim Aufräumen immer mal Zeit.

Mehr aus Kreuzberg: Mit Zangen gegen den Müll im Volkspark

Im Volkspark Friedrichshain war heute einer der wohl kleinsten Helfer unterwegs.
Im Volkspark Friedrichshain war heute einer der wohl kleinsten Helfer unterwegs.

© Kristina Wollseifen

VOLKSPARK FRIEDRICHSHAIN

Immer, wenn Annett Frühling im Volkspark Friedrichshain laufen geht, ärgert sie sich über den Dreck. „Am großen Rundlauf und am Trimmpfad ist es am schlimmsten“, sagt sie. Deshalb hat sie sich Mitgliedern der SPD-Abteilungen aus Friedrichshain - Kreuzberg angeschlossen. Mit Zangen und blauen Säcken treten sie gemeinsam gegen den Müll an, arbeiten sich vom Eingang weiter zum Denkmal für Friedrich II.

Die große Liegewiese nehmen sie zum Schluss in Angriff. „Die Aktion ist auch ziemlich kinderkompatibel“, sagt Susanne Kitschun, Vorsitzende der Abteilung Weberwiese. Auch ihre Söhne flitzen umher und sammeln Müll auf. Der jüngere muss nur aufpassen, dass er nicht über den Saum seiner Warnweste stolpert, denn die reicht ihm bis zu den Füßen.

Mehr aus Kreuzberg: Aufräumen nach dem Fest vor der Michaelkirche

Es gibt immer was zu tun: Diese Frau engagiert sich für die Saubere Sache vor der Kirche am Engelbecken in Kreuzberg.
Es gibt immer was zu tun: Diese Frau engagiert sich für die Saubere Sache vor der Kirche am Engelbecken in Kreuzberg.

© Kristina Wollseifen

ENGELBECKEN KREUZBERG

Glasscherben kommen in den Eimer, Flaschen in den Korb. „Über kaputte Flaschen ärgere ich mich immer total“, sagt Brigitte Witt-Stefanow. Sie räumt gerade die große Grasfläche vor der Michaelkirche auf. Am Vorabend hatte ein Bürgerfest auf dem Michaelkirchplatz stattgefunden. Das Gröbste scheint aber schon direkt nach der Feier weggeräumt zu worden sein, denn an den Mülleimern stehen vollgepackte blaue Säcke.

Auf den Grünanlagen findet sich aber immer noch Müll. „Ich mache hier mit, weil es immer weniger Kräfte zum Saubermachen gibt“, sagt Witt-Stefanow. Der Bürgerverein Luisenstadt wollte mit seinem Vorsitzenden Volker Hobrack zudem noch den Bereich des Grünzugs des Luisenstädtischen Kanals rund um das Engelbecken vom Müll säubern.

Mehr aus Kreuzberg: Sauberer Sand auf dem Spielplatz

Müll, Zigarettenstummel und Scherben im Sand sind nicht nur unansehnlich, sondern auch gefährlich. Sieb und Reschen schaffen da Abhilfe.
Müll, Zigarettenstummel und Scherben im Sand sind nicht nur unansehnlich, sondern auch gefährlich. Sieb und Reschen schaffen da Abhilfe.

© Kristina Wollseifen

MITTENWALDER STRASSE KREUZBERG

Unter der Rutsche, zwischen den Schaukeln oder neben dem Kletterturm: Überall liegen Müllreste, Glasscherben und Zigarettenstummel im Sand. Mit Reschen und Besen stehen Mitglieder der SPD-Abteilung "Südstern" der Ortsgruppe Kreuzberg-Friedrichshain deshalb im Sand, um ihn von all den ungewünschten Inhalten zu befreien. Die Spielplätze an der Mittenwalder und an der Schleiermacher Straße haben sie auf diese Weise gesäubert. "Das soll unser Beitrag für einen familienfreundlichen Kiez sein", sagt Nicole Groß vom "Südstern".

Im Frühjahr ziehen sie auch immer los, um die Spielplätze zu reinigen, weil sie nach dem Winter oftmals noch viel dreckiger sind. "Vor jeder Aktion hängen wir auch immer Info-Zettel für die Anwohner auf", sagt Nicole Groß. "Dann helfen uns auch immer einige von ihnen." Heute bekamen sie aber nicht nur Unterstützung von Anwohnern, sondern auch von Franzosen, die über ein Austauschprogramm momentan in Berlin sind. "Wir haben auch geholfen", sagt Isabelle Trimaille aus Paris. "Bei uns ist so etwas gar nicht üblich."

Mehr aus Kreuzberg: Sauberer Schulhof

Schülerinnen der Adolf-Glaßbrenner-Grundschule in Kreuzberg sammeln Müll und jäten Unkraut.
Schülerinnen der Adolf-Glaßbrenner-Grundschule in Kreuzberg sammeln Müll und jäten Unkraut.

© Kristina Wollseifen

HAGELBERGERSTRASSE KREUZBERG

„Wir ziehen hier das Unkraut aus dem Boden!“, sagt Melissa. „Und wir sammeln den Müll auf!“, ergänzt Janek. Aufgeregt strecken sie sich ihre Handschuhe entgegen, die durch das Unkraut schon ganz grün schimmern. Dann geht's weiter zur nächsten Aufgabe: Der Dreck muss ja auch noch weggekehrt werden!

Keine Frage, die Aktion macht den Schülern der Adolf-Glaßbrenner-Grundschule viel Spaß. Drei Klassen sind unterwegs, um den Schulhof und die Umgebung der Schule zu säubern. Alle tragen orange Warnwesten, deren Rückseite der Schriftzug „Kehrenbürger“ ziert. Mit vereinten Kräften ziehen sie aus dem Boden Unkraut, das beinahe genauso groß ist wie die Sechs- bis Neunjährigen selber. „Geschafft!“, rufen sie und stopfen das grüne Ungetüm in einen der blauen Müllsäcke. „Ein Sack war so voll, dass er gerissen ist“, sagt Nabila. „Und einer war so schwer, dass selbst meine Erzieherin ihn nicht tragen konnte.“

Mehr als zehn volle Säcke stehen nach fast zwei Stunden Arbeit am Schultor. „Müllwerker kommen die gleich abholen“, sagt Lehrerin Simone Menzel. „Sie haben uns auch alle Materialien zur Verfügung gestellt.“ Dazu gehören neben den Westen auch kleine Besen und Zangen, um den Müll aufzusammeln. Simone Menzel lobt die Motivation ihrer Schüler. „Viele kennen so etwas ja gar nicht“, sagt sie. Bei der Aktion haben die Grundschüler aber nicht nur einiges über Straßenpflege gelernt, sondern auch Neues in der Umgebung entdeckt: Ein Rohr im Boden war genauso spannend wie drei schwarz-gelbe Marienkäfer, die an den Pflanzen entlang kletterten.

Mehr aus Kreuzberg: Gräber säubern am Mehringdamm

Landschaftsarchitekt Martin Ernehrt steht  mit einer Schaufel an der Grabstätte der Mendelssohn-Familie, um den Boden aufzulockern.
Landschaftsarchitekt Martin Ernehrt lockert den Boden an der Grabstätte der Mendelssohn-Familie.

© Kristina Wollseifen

MEHRINGDAMM KREUZBERG

Mit Harken und Schaufel arbeiten die freiwilligen Helfer auf den Grabstätten des Friedhofs Dreifaltigkeit I. „Wir machen die Gräber sauber, damit es hier zur Eröffnung der Mendelssohn-Gedenkstätte im November gut aussieht“, sagt Landschaftsarchitekt Martin Ernehrt. Er koordiniert die Aktion und steht gerade mit einer Schaufel an der Grabstätte der Mendelssohn-Familie, um den Boden aufzulockern. Zum Bepflanzen des Grabes sei es noch zu früh, sagt er. Auch, um richtig Laub zu harken, ist es eigentlich noch zu früh. Aber wer will, befreit die Wege von ersten Blättern. Ansonsten sollen die Gräber verschönert, die Grabsteine gesäubert werden. Im Bereich, in dem die Freiwilligen, unterstützt von der Friedhofsgärtnerei, arbeiten, finden sich viele Gräber der Familie Mendelssohn und anderer aus ihrer Zeit.

„Hier soll es drumherum einfach vernünftig aussehen, wenn die Gedenkstätte eröffnet wird“, sagt Bernhard Thévoz, ein Vorstandsmitglied der Mendelssohn-Stiftung. Er schneidet gerade Äste ab, um den Büschen wieder eine runde Form zu geben.

Eva Ghosh arbeitet ein paar Meter von Thévoz entfernt auf einem größeren Grab. Der Reihe nach wirft sie große Steine, die sie beim Auflockern der Erde findet, hinüber ins Gras. „Ich gebe hier auch immer Friedhofsführungen“, sagt sie. „Das hat es für mich schon interessant gemacht, bei der Aktion zu helfen.“ Martin Ernerth hofft, dass die große Putzaktion die Akzeptanz des historischen Ortes erhöht. „Ich würde gerne wieder mehr Menschen hierher bringen“, sagt er. „Viele laufen einfach nur vorbei und bemerken gar nicht, dass hinter den Mauern einer der ältesten Friedhöfe Berlins liegt.“

Mehr aus Kreuzberg: Bunte Stromkästen an der Mittenwalderstraße

Studentin Tarabea Koch grundiert einen Stromkasten mit rosa Farbe. Mit fantasievollen Zeichnungen will sie ihn noch bemalen.
Studentin Tarabea Koch grundiert einen Stromkasten mit rosa Farbe. Mit fantasievollen Zeichnungen will sie ihn noch bemalen.

© Kristina Wollseifen

MITTENWALDERSTRASSE KREUZBERG
Als sie die letzten Papierfetzen vom Stromkasten abgespachtelt hat, streicht Tarabea Koch die rosa Farbe mit einem Schwamm auf das graue Metall. Neben ihr liegt eine fantasievolle Skizze mit Tieren, die in wenigen Stunden auch auf dem Stromkasten zu sehen sein wird. „Ich will einen Kontrast zur Umgebung schaffen“, sagt die Studentin. An den Aktionstagen wollen verschiedene Künstler insgesamt zehn Kästen an Kreuzbergs Straßen bemalen.

Marie Hoepfner vom Verein „mog 61 Mittenwalder ohne Grenzen“ hat das Projekt gestartet. „Damit können wir die Vielfalt fördern und Anonymität vorbeugen“, sagt sie. Das Engagement ist groß: Auch im nächsten Frühjahr werden weitere Schüler ausrücken, um die Straßen bunter zu machen.

Mehr aus Kreuzberg: Lesegarten-Fest an der Cuvrystraße

Sie engagieren sich lieber, als im Büro zu sitzen: Jan Böttger (rechts) mit seinen Kollegen Daniel Klinge und Verena Singmann.
Sie engagieren sich lieber, als im Büro zu sitzen: Jan Böttger (rechts) mit seinen Kollegen Daniel Klinge und Verena Singmann.

© Kristina Wollseifen

CUVRYSTRASSE KREUZBERG

Auf dem Schulhof herrscht viel Betrieb. Junge und Alte sind zum 4. Lesegarten-Fest gekommen, das von der im Wrangelkiez aktiven Bildungsinitiative organisiert wurde. „Viele Freiwillige helfen hinter den Ständen“, sagt Kerstin Wiehe von der Initiative. Sie verschenken Bücher, malen Mandalas mit den Kindern oder helfen bei Lesungen. Jan Böttger und seine Kollegen ersetzen ihren Arbeitstag durch ehrenamtliches Engagement.

Sie passen auf, dass die von Kindern selbstgebastelten Bücher nicht beschädigt werden. „Wir helfen hier, weil wir etwas mit Kindern und Bildung machen wollten“, sagt Böttger. Auch das Bühnenbild haben sie aufgebaut. „Das ist ganz schön abenteuerlich zusammengeschraubt“, sagt Böttger. Aber es hält. Später bauen sie es auch wieder ab.

Kristina Wollseifen

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