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Saubere Sache in Mitte: Ein Mann wie ein Baum

Ben Wagin ist Berlins bekanntester Aktionskünstler mit grünem Daumen In sein „Parlament der Bäume“ lädt er zur Tagesspiegel-Aktion Helfer ein.

Treffpunkt ist am 15. September um 15 Uhr am Schiffbauerdamm, Ecke Adele-Schreiber-Krieger-Straße. Bitte feste Schuhe und Handschuhe mitbringen. Kontakt können Sie zu den Initiatoren dieser Veranstaltung über einen Klick auf die Karte oben aufnehmen. Sie wollen sich an der Aktion beteiligen, aber an anderer Stelle aktiv werden? Hier können Sie Ihre eigene "Saubere Sache"-Aktion anmelden und mit dem Tagesspiegel in Kontakt treten.

Grün verpflichtet. In seinem Garten sprießt es mehr als mannshoch: der 82-jährige Künstler Ben Wagin vor seinem hart erstrittenen Wohnhaus.
Grün verpflichtet. In seinem Garten sprießt es mehr als mannshoch: der 82-jährige Künstler Ben Wagin vor seinem hart erstrittenen Wohnhaus.

© Georg Moritz

Der Mann mit der Schirmmütze sitzt auf einer Bank, in der Hand hält er einen Apfel von Richard von Weizsäcker. 15 Obstbäume hat Weizsäcker gespendet, heute stehen davon noch fünf. Als Weizsäcker Jahre zuvor vom Regierenden Bürgermeister Berlins zum Bundespräsidenten wurde, hatte Ben Wagin ihn schon einmal dazu gebracht, drei Ginkgobäume zu stiften. Er sagte: „Du kannst dich nicht einfach verkrümeln, vorher sollst du noch einen Baum pflanzen.“

Ben Wagin ist heute 82. Als Umweltaktivist und Aktionskünstler wurde er, seit er in den 50er Jahren in die Stadt kam, zum Berliner Original. Tausende Bäume, vor allem Ginkgobäume, hat Wagin in der Stadt gepflanzt oder pflanzen lassen. Insgesamt 400, darunter die von Weizsäckers, wuchsen in seinem „Parlament der Bäume“. Hier, am Schiffbauerdamm neben der Bundespressekonferenz, hatte Wagin 1990 geistesgegenwärtig Teile der Mauer vor dem Abriss gerettet. Seit dem Regierungsumzug nach Berlin ist das Areal kleiner, es stehen noch etwa 100 Bäume inklusive kleinerer Gewächse.

Auf der einen Seite der Mauer hat Wagin Tafeln zur Geschichte der deutschen Teilung und zur Geschichte des „Parlaments der Bäume“ angebracht. Die andere Seite haben Künstler bemalt. Hier reihen sich am ebenfalls erhaltenen Kolonnenweg steinerne Platten aneinander, mit einer Auflistung der bekannten Mauertoten. Wo einst Menschen ihr Leben ließen, pflanzt Wagin Bäume. Er pflanzt sie in Ost und West, in der ganzen Stadt. Dadurch wächst also zusammen, was zusammengehört. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit schrieb zu Wagins 80. Geburtstag: „Berlin ist dir Heimat und Aktionsfeld geworden und geblieben, überall in der Stadt finden sich die Spuren und Aktionsfelder deiner Arbeit.“ Wagin macht Menschen zu seinen Komplizen, nämlich zu Baumpaten: Bürgermeister, Bundespräsidenten, Hollywoodstars. Von Michail Gorbatschow kam eine Esche. An der Mütze des Künstlers prangt ein kupfernes Ginkgoblatt. Es ist eine große Leidenschaft, die Wagin für den Ginkgo biloba hegt – der Baum ist ein lebendes Fossil. Er habe ihn im Krieg gerettet, erzählt Ben Wagin. 1945 hat er sich im Gefecht hinter einem Baum versteckt. Er hörte, wie ein Geschoss in den Stamm eindrang.

1947 kam Wagin als junger Mann zum ersten Mal nach Berlin. „Ich wollte sehen, was vom Reichstag übrig geblieben ist.“ Es lässt ihn bis heute nicht los, dass in der Schlacht um das Symbolgebäude 1945 tausende Menschen gestorben sind. Auch hier hat er Bäume gepflanzt.

Vor dem Haus am S-Bahnhof Tiergarten, in dem Wagin seit Jahrzehnten lebt, wächst das Grün mannshoch im Vorgarten. Wagin sitzt mittendrin, in seinem T-Shirt mit „Berlin“-Schriftzug und den Umrissen der fünf ehemaligen Sektoren. Das Gebäude sollte abgerissen werden, als in den späten 50er Jahren das Hansaviertel gebaut wurde. Mit Kunst und seinem Film „Das alte Haus“, den er dort drehte, bekam er öffentliche Aufmerksamkeit. Es steht noch immer, auch wenn der Putz schon von den Wänden kommt. Wagin ist gut darin, Dinge zu bewahren. Im „Anhalter Garten“ sichert er hinter dem Technikmuseum am Gleisdreieck den Bestand gefährdeter Pflanzenarten.

1990 wurde dort der Spionagethriller „Wie ein Licht in dunkler Nacht“ gedreht. Das Filmteam entfernte dafür eine Telefonzelle vor dem Haus. „Ich habe den Mike am Arm genommen und ihm gesagt, dass er dafür einen Nussbaum pflanzen muss“, sagt Wagin. Wo früher die Telefonzelle stand, ragt jetzt der Nussbaum von Michael „Mike“ Douglas etwa zwei Meter in die Höhe.

Momentan öffnet Ben Wagin das „Parlament der Bäume“ nur für Gruppen. Als es noch offen für alle war, war das Gelände schnell verdreckt. Für die Aktion „Saubere Sache“ lädt Wagin aber Helfer ein, mit ihm die Pflanzen des Geländes zu pflegen.

Treffpunkt ist am 15. September um 15 Uhr am Schiffbauerdamm, Ecke Adele-Schreiber-Krieger-Straße. Bitte feste Schuhe und Handschuhe mitbringen. Kontakt können Sie zu den Initiatoren dieser Veranstaltung über einen Klick auf die Karte oben aufnehmen. Sie wollen sich an der Aktion beteiligen, aber an anderer Stelle aktiv werden? Hier können Sie Ihre eigene "Saubere Sache"-Aktion anmelden und mit dem Tagesspiegel in Kontakt treten.

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