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Sawsan Chebli (40) ist Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und internationale Angelegenheiten.

© dpa

Sawsan Chebli: „Vier von zehn Schülern kennen Auschwitz nicht“

Staatssekretärin Sawsan Chebli hat das Antisemitismuskonzept des Berliner Senats mit auf den Weg gebracht. Im Interview erklärt sie, warum das nötig ist.

Frau Chebli, Berlin hat ein Landeskonzept gegen Antisemitismus. Was steht drin?

Das Signal ist: Berlin schaut nicht tatenlos zu, wenn sich Antisemitismus ausbreitet, das gesellschaftliche Miteinander vergiftet und letztlich die Demokratie gefährdet. Unsere Botschaft ist: keinen Raum für Antisemiten. Dabei gehen wir voran mit einer Strategie, die alle Ressorts umfasst, um gemeinsam mit Engagierten aus der Zivilgesellschaft den Antisemitismus zu bekämpfen.

Wie soll das gelingen?

Wir wollen die Lehrerinnen und Lehrer, aber auch die Fachkräfte in der Jugend- und Sozialarbeit stärker für antisemitische Denkmuster und Verhaltensweisen sensibilisieren und sie mit gezielter Aus- und Fortbildung darin bestärken, sich dem Thema zu stellen. Wichtig ist zudem die historisch-politische Bildung. Wenn vier von zehn Schülern nicht wissen, dass Auschwitz ein Konzentrationslager war, ist das ein Alarmzeichen. Alle Berliner Schülerinnen und Schüler sollen die Möglichkeit erhalten, sich an außerschulischen Lernorten wie zum Beispiel Gedenkstätten und Museen über historische und aktuelle Formen von Antisemitismus zu informieren.

Antisemitismus bekämpft man auch, indem Straftaten geahndet werden. Eine offene Flanke?

Wir wissen aus der Vergangenheit, dass es bei Polizei und Justiz Nachholbedarf gibt. Die Berufung der Antisemitismusbeauftragten bei der Staatsanwaltschaft war deshalb ein wichtiger Schritt. Daran müssen wir anknüpfen und die Polizeikräfte in die Lage versetzen, antisemitische Denkmuster und Symbole zu erkennen und konsequent zu ahnden. Genau das sieht das Konzept vor.

Zusätzlich bekommt Berlin einen Antisemitismusbeauftragten. Was soll der tun?

Erst einmal ist wichtig: Berlin wird einen hauptamtlichen Ansprechpartner haben. Diese Person soll ansprechbar sein für all jene, die mit dem Thema konfrontiert sind, ganz besonders für die Jüdische Gemeinde und die zivilgesellschaftlichen Initiativen, die sich gegen Antisemitismus engagieren. Außerdem soll der Beauftragte die Maßnahmen zur Antisemitismus-Prävention in Berlin koordinieren und mit der Bundes- und Bezirksebene abstimmen.

Wird es diesen Beauftragten noch in dieser Legislatur geben?

Im Senat besteht Konsens, dass die Entscheidung für einen hauptamtlichen Ansprechpartner schnell umgesetzt werden muss.

Sie betonen Ihren großen Anteil am Entstehen des Landeskonzepts, vorgestellt wurde es von Dirk Behrendt allein. Warum?

Senator Behrendt ist der zuständige Senator. Als Senatskanzlei haben wir – wie auch andere Fachverwaltungen der bei ihm als Justizsenator angesiedelten Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung zugearbeitet. Ich freue mich, dass viele Handlungsempfehlungen des Arbeitskreises gegen Antisemitismus, den ich 2017 im Auftrag des Regierenden Bürgermeisters ins Leben gerufen habe, in das Landeskonzept aufgenommen wurden. Wir konnten dazu beitragen, dass es ein Konzept des ganzen Senats geworden ist. Das war ein hartes Stück Arbeit. Aber es hat sich gelohnt.

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