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Das gerichtliche Nachspiel des Wartungschaoses der S-Bahn ist noch nicht zu Ende.

© ddp

Schadenersatz: Frühere Chefs sollen für S-Bahn-Chaos zahlen

Noch gibt die Bahn nicht auf: Trotz Einstellung der Ermittlungsverfahren sollen Schadensersatzansprüche gegen vier ehemalige Geschäftsführer der S-Bahn durchgesetzt werden. Das könnte sich als schwierig erweisen.

Noch gibt die Bahn nicht auf. Die Staatsanwaltschaft hat zwar, wie berichtet, die Ermittlungsverfahren gegen vier ehemalige Geschäftsführer der S-Bahn eingestellt, doch nach wie vor lässt der Konzern prüfen, ob von den geschassten Führungskräften Schadensersatz gefordert werden kann. Auch mehr als ein Jahr nach der Ablösung gibt es hierzu noch keine Entscheidung. „Das kann noch bis zu einem Jahr dauern“, heißt es aus Bahnkreisen. Schadensersatzansprüche nach Managementfehlern durchzusetzen gilt als schwierig. Zwei der früheren Geschäftsführer der S-Bahn sind immer noch bei der Bahn angestellt, die beiden anderen sind weg: Mit Chef Tobias Heinemann wurde ein Aufhebungsvertrag geschlossen, ein weiterer Ex-Geschäftsführer hat das Unternehmen verlassen.

Strafrechtlich ist es laut Staatsanwaltschaft nicht relevant, dass bei der Wartung von Fahrzeugen geschlampt wurde und Zusagen an das aufsichtsführende Eisenbahn-Bundesamt (EBA) nicht eingehalten wurden. Es sei nicht nachzuweisen, dass die Verantwortlichen vorsätzlich eine Gefahr, die zu einem Unfall hätte führen können, herbeiführen wollten.

Wirtschaftlich sind die Folgen der früheren Führungsentscheidungen dagegen greifbar. Im vergangenen ersten Krisenjahr hat das Unternehmen einen Verlust in Höhe von 92,9 Millionen Euro ausgewiesen – nach einem Bilanzgewinn in Höhe von 56,3 Millionen Euro im Jahr 2008. In der mittelfristigen Finanzplanung hatte der Konzern sogar mit einem Gewinn in Höhe von 125 Millionen Euro gerechnet, der in die Konzernkasse fließen sollte.

Jetzt Schadensersatzansprüche durchzusetzen ist für die Bahn ein Problem, weil die ehemaligen Manager im Prinzip die Vorgaben umgesetzt haben, die sie von der Konzernspitze unter der Leitung des damaligen Bahnchefs Hartmut Mehdorn bekommen hatten: Sparen um jeden Preis. Deshalb wurden Werkstätten geschlossen, Stellen gestrichen und Fahrzeuge verschrottet. Solange es gutging, hatte der Konzern hier nichts beanstandet. Auch der Aufsichtsrat der S-Bahn, zusammengesetzt aus Vertretern des Bahnkonzerns und der Arbeitnehmer, hatte nicht interveniert. Ein von der Bahn in Auftrag gegebenes Gutachten sah keine Fehler durch das Aufsichtsgremium. Nur der Betriebsrat hatte vor einem solchen Kurs gewarnt – lange Zeit vergeblich. Erst nach dem Bruch eines Rades, der am 1. Mai 2009 einen Zug bei Kaulsdorf entgleisen ließ, und den anschließend bekannt gewordenen Verstößen bei Kontrollen der Räder und Achsen sowie bei der Wartung von Bremsanlagen zeigte sich das Ausmaß des Desasters.

Die vier damaligen Geschäftsführer waren bereits Anfang Juni 2009 zum Rücktritt gezwungen worden, nachdem sich herausgestellt hatte, dass sie Zusagen an das Eisenbahn-Bundesamt zum Überprüfen der Räder und Achsen nicht eingehalten hatten. Dies gilt intern als äußerst schwerer Verstoß. Ob sich daraus aber Schadensersatzansprüche ableiten lassen, bezweifeln Insider. Grundsätzlich können Geschäftsführer auf Schadensersatz verklagt und persönlich in Haftung genommen werden. Bei Entscheidungen, die Manager nach bestem Wissen und Gewissen getroffen haben, sind sie jedoch geschützt, auch wenn sich diese später als unternehmerischer Fehler herausstellen. Die Abgrenzung ist schwierig.

Tobias Heinemann: Sein Vertrag ist aufgelöst, ein weiterer Kollege weg.
Tobias Heinemann: Sein Vertrag ist aufgelöst, ein weiterer Kollege weg.

© Mike Wolff

So ist auch der Versuch der Berlin Hyp gescheitert, ihr Ex-Vorstandsmitglied Klaus Landowsky nach der dubiosen Vergabe von Krediten an die Aubis-Gruppe schadensersatzpflichtig zu machen. Der Anspruch wurde vom Kammergericht zurückgewiesen – mangels Pflichtverletzung. Ehemalige Siemens-Manager erklärten sich dagegen nach der Schmiergeldaffäre im Konzern bereit, Millionenbeträge zu zahlen. So wurden lange juristische Auseinandersetzungen vermieden. Welchen Weg die Bahn einschlägt, wird sich zeigen. Klaus Kurpjuweit

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