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Am Sonnabend war zwischen Tempelhof und Südkreuz ein Baum auf die S-Bahngleise gestürzt und von einem Zug gerammt worden. Er wurde daraufhin von Polizei und Bahnbediensteten evakuiert.

© Björn Kietzmann

Schäden durch Stürme in Berlin: Wie die S-Bahn ihre Strecken vor umstürzenden Bäumen schützt

Nach dem Sturmchaos standen den Lokführern am Sonntag Spezialisten mit Kettensägen zur Seite. Viele Bäume waren auf Gleise gestürzt, obwohl die Bahn die Vegetation am Streckenrand regelmäßig kontrolliert.

„Felix“ hat der S-Bahn kein Glück gebracht. 16 Fahrzeuge wurden bei dem Sturm am Sonnabend beschädigt – meist waren die Züge gegen umgefallene Bäume oder abgebrochene Äste gefahren. Noch am Sonntag gab es dadurch teilweise erhebliche Verzögerungen - und ein ungewöhnliches Gegenmittel: Um bei Wiederaufnahme des Betriebs kein Risiko einzugehen, seien in den ersten Zügen Mitarbeiter mit Kettensägen mitgefahren, um noch liegende Hindernisse selbst beseitigen zu können, sagte eine S-Bahn-Sprecherin. Ob die Sägen eingesetzt werden mussten, konnte sie aber nicht sagen.

Weil in der Dunkelheit Hindernisse nur schwer oder gar nicht zu erkennen waren, stellte die S-Bahn einen Großteil des Verkehrs in der Nacht zu Sonntag vorübergehend ein, oder die Züge fuhren so langsam, dass der Fahrplan nicht mehr einzuhalten war. Mit den Folgen hatten die S-Bahn – und damit auch die Fahrgäste – bis Sonntagnachmittag zu kämpfen. Erst kurz vor 15 Uhr konnte die S-Bahn melden, dass alle Sturmschäden beseitigt waren und die Züge wieder nach Plan fuhren.

Die beschädigten Züge mussten in die Werkstatt und fehlten dem Betrieb. Sonntags ist der Fahrplan aber auch eingeschränkt, so dass es zu keinen Engpässen kam.

Wie viele Bäume stadtweit auf Gleise gestürzt waren, konnte die Bahnsprecherin am Sonntag nicht sagen. Auch stadtweit gibt es hierzu keine Bilanz. Die Feuerwehr erfasst die Sturmschäden nicht mehr getrennt, sondern sortiert sie unter „technische Hilfeleistung“ ein – zusammen beispielsweise mit Einsätzen bei beschädigten Dächern, losen Planen oder umgestürzten Gerüsten.

Störung im Betriebsablauf. Der Unfallzug auf dem Südring, der einen umgestürzter Baum gerammt hatte.
Störung im Betriebsablauf. Der Unfallzug auf dem Südring, der einen umgestürzter Baum gerammt hatte.

© Björn Kietzmann

90 Millionen Euro für die „Vegetationspflege“

Eine Häufung bei den Sturmschäden habe es nicht gegeben, sagte die Bahnsprecherin weiter. Dass nicht alle Bäume einem starken Wind standhalten können, sei durchaus üblich, bestätigte auch der Baumexperte und Hochschullehrer Hartmut Balder. Sowohl am Freitag als auch am Sonnabend waren zahlreiche Bäume umgeknickt. Am Freitag war nach Angaben der Leitstelle auch die BVG betroffen.

Vorwürfe, die Bahn spare am Personal beim Überprüfen der Standfestigkeit von Bäumen entlang ihrer Strecken, wies die Sprecherin zurück. Bundesweit gebe der Konzern jährlich rund 90 Millionen Euro für die „Vegetationspflege“ aus. Grundsätzlich muss an den Gleisen jeweils ein sechs Meter breiter Schutzstreifen frei von Bewuchs gehalten werden. Dies gelte für 32.000 Kilometer. Allein das Netz der S-Bahn in Berlin und Brandenburg umfasst 330 Kilometer, wobei die Gleise größtenteils im Freien liegen und häufig durch Wälder führen.

Seit 2007 gebe es einen verbindlichen Pflegeplan für die Vegetation entlang der Bahnstrecken, sagte die Sprecherin. Regelmäßig überprüften Mitarbeiter oder Fachfirmen dabei auch die Standfestigkeit von Bäumen. In diese hineinschauen könne man allerdings nicht. Fachleute seien aber in der Lage, Schäden zu erkennen, sagte Balder. Etwa an der Rinde oder auch an der Krone.

Straßenbäume überraschend umgestürzt

Entscheide man sich zum Fällen oder auch nur zum Absägen eines Astes, gebe es häufig Kritiker, die dann der Bahn vorwürfen, sie schädige die Umwelt. Dies musste auch schon die BVG erfahren, die vor Jahren an den Böschungen der im Einschnitt liegenden U-Bahn-Linie U 3 zwischen Podbielskiallee und Krumme Lanke den Bewuchs stutzte, nachdem mehrfach Bäume auf die Gleise gestürzt waren.

Probleme gebe es oft auch, wenn Bäume auf Grundstücken stehen, die nicht der Bahn gehören, sagte die Sprecherin weiter. Selbst wenn eine Krone in den Gleisbereich rage, sei es nicht immer einfach, den Baumeigentümer zu überzeugen, die mögliche Gefahr für den Bahnbetrieb zu beseitigen.

Auch Straßenbäume sind schon überraschend umgestürzt – sogar ohne Sturm. Im März 2013 war eine 15 Meter hohe Linde an der Kreuzberger Großbeerenstraße auf ein Auto gekracht. Nur mit viel Glück wurden die beiden Insassinnen lediglich leicht verletzt. Und eineinhalb Jahre zuvor war an der Möckernstraße in Kreuzberg ein Baum auf ein fahrendes Taxi gefallen. Auch hier blieb der Fahrer, der noch reagieren konnte, unverletzt.

Straßenbäume sind – durch Streusalz oder Urin, häufig auch durch Bauarbeiten – meist im Wurzelbereich geschädigt. Dies ist bei den regelmäßigen Kontrollen in der Regel nicht zu sehen. Wer eine grüne Stadt wolle, müsse mit dem kleinen Risiko leben, sagte ein Fachmann.

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