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Schauplatz BERLIN (Rätsel 8): Die schöne Alleskönnerin

Fast an jeder Ecke in Berlin hängt eine Gedenktafel, 2820 sind es insgesamt. Der Tagesspiegel bietet jede Woche ein Gedenktafel-Rätsel. Sie, liebe Leserinnen und Leser, dürfen jeweils herausfinden, ob Sie den Ort, die Person beziehungsweise das Ereignis kennen. Rätseln Sie mit bei Folge 8!

Einmal im Jahr nur, so hat sie sich später erinnert, sei ihr als Kind bewusst geworden, dass sie Jüdin war. Ihre Schulklasse bereitete das Weihnachtsspiel vor – und für sie, der sonst alle Hauptrollen im Schultheater zuflogen, blieb nur der Engel mit Batteriebeleuchtung. Um die Maria spielen zu dürfen, schlug sie dem Vater sogar vor, sich taufen zu lassen. Der hätte die Tochter gern als Chirurgin in den eigenen Fußstapfen gesehen. Auch als Pingpong-As hat sie damals brilliert, war für eine Weltmeisterschaft nominiert. In der zweiten Lebenshälfte wird sie beginnen, eindrucksvoll zu malen – und ernsthafte Anerkennung ernten. Diesen Erfolg sollte zehn Jahre später ihre Schriftstellerkarriere noch übertreffen.

Während manche ihrer Werke sechs- oder siebenstellige Auflagen erreichen, bleibt ihr Sachbuch-Vorwort ein Seitenpfad. Sie schreibt da von der unheilbaren Krankheit einer berühmten Kollegin, vom Segen eines neuen Präparates. Der verstorbenen Freundin habe die Droge nicht mehr helfen können, bislang laute das Urteil bei solch einer Diagnose „lebenslängliches Gefängnis“. Nun gebe es für diese Kranken die Option, „wie normale Menschen zu leben“.

Zu dem Zeitpunkt arbeitet sie, nach Jahren der Emigration, wieder in Deutschland, ist weiter international produktiv. Zwei Jahre vor ihrem Tod erscheint ihr Roman einer Frau, die sich chirurgisch verschönern lässt. „Mein Gesicht ist nicht mal eine Maske,“ sagt diese zu ihrem Partner, „es ist ein Kniff, ein Bluff, eine Konstruktion. Es hat nichts mit mir zu tun. Versteh doch: Das bin nicht ich. Was du Schweigsamkeit nennst, war nur meine Unzulänglichkeit, meine Augen durften nichts preisgeben, weil sie verbergen mußten, dass nichts dahintersteckte, kein einziger eigenständiger Gedanke und schon gar kein Geheimnis, allenfalls Angst.“ Als die Autorin das zu Papier bringt, hat sie selbst, eine zeitlebens bewunderte Schönheit, bereits in über 80 Filmen vor der Kamera gestanden. Ihre Gedenktafel hängt neben dem Portal eines weißen Hauses mit Vorgarten. An der Ecke verweist ein grauer Parkhausklotz, zwischen Altbauten, auf Bombenschäden. Hier wohnte die schöne Alleskönnerin vom vierten Lebensjahr bis zu ihrem Aufbruch in die Welt.

Wer war’s? Wo finden Sie die Tafel? Die Auflösung gibt's am Mittwoch auf www.tagesspiegel.de. Bitte beachten Sie, dass wir Lösungshinweise im Kommentarbereich nicht veröffentlichen, um den Mitratenden nicht den Spaß zu verderben.

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