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Hauptstadt Berlin, Wittenbergplatz. Professionell werden die Massen im Berufsverkehr an einem der wichtigsten U-Bahnhöfe gelenkt. Man nehme: Tesa-Film, Edding und einen Din-A-Zettel.

© André Görke

Update

Schienenersatzverkehr in Berlin-Charlottenburg: "Ja, das ist die U2 nach Pankow, glauben Sie mir!"

Man nehme Tesa-Film, einen Din-A4-Zettel, einen Stift - fertig ist die Umleitung! Die BVG hat den Verkehr auf der U2 zwischen Bismarckstraße und Wittenbergplatz eingestellt. Ein Abenteuer. Und wie lief es bei Ihnen?

Die BVG saniert seit diesem Donnerstag zwischen U-Bahnhof Zoologischer Garten und Fasanenstraße die Decke über einer U-Bahnröhre. Daher fahren keine Züge der Linie U2 - und zwar bis zum 24. August. Der Verkehr zwischen den Stationen Bismarckstraße und Wittenbergplatz ist gesperrt. Wer ins Büro will, muss etwas Zeit einplanen - und wach sein.

Los geht's routiniert in Westend, kurz nach sieben Uhr. Die U-Bahn ruckelt sich durch die Röhre, der Zug ist voll, dann hält er in der nächsten Station: Bismarckstraße. "Endstation, bitte alle aussteigen." Verschlafene Gesichter schrecken hoch. Äh, wie bitte? Endstation? Alle aussteigen? Alle bleiben sitzen. Draußen blinkt die Ansage: "Zug fährt zurück nach Ruhleben". Na gut, raus auf den Bahnsteig. Vielleicht sollte man doch mal zuhören, wenn im Zug eine Durchsage ertönt.

Dort ist schon mächtig was los. Drei Spanier wollen mit ihrem Koffer mit der U2 zum ZOB, sind etwas hilflos. Etliche Anzugträger stehen mit Kaffee in der Hand auf dem Bahnsteig, sind etwas hilflos. Eine Mutter mit ihrem Kinderwagen beruhigt routiniert ihre Kinder, sie wirkt - alles andere als hilflos.

Es fahren Busse zwischen Bismarckstraße und Wittenbergplatz

Schienenersatzverkehr? Ach, stimmt ja. Jetzt baut die BVG auf der U2. Also hoch zu den Bussen.

Oben steht ein langer gelber Gelenkbus, in den jetzt alle strömen (in so eine U-Bahn passen nach BVG-Angaben bis zu 700 Menschen), als habe die BVG in ihrem gesamtstädtischen Fuhrpark nur einen dieser Busse. Er ist voll, sehr voll, Rucksäcke hängen raus, die Türen schließen nicht - "Türbereich bitte freimachen! BITTE!", ruft der Busfahrer. Das kann ja heiter werden.

Wir warten lieber auf den nächsten Bus. Der kommt prompt, ist schön leer. Vorn in der Windschutzscheibe klebt das Schild: "U2". Eine U-Bahn mit Dieselmotor, eine schöne Abwechslung im Berufsverkehr.

Eine Stadtrundfahrt auf Kosten der BVG

Dann geht's gemütlich durch die City West. Eine Stadtrundfahrt bei schönstem Sonnenschein auf Kosten der BVG. Vorbei am Ernst-Reuter-Platz, über die Straße des 17. Juni, links die TU, da vorn: das Charlottenburger Tor! Vorbei geht's am Riesenradgrundstück zum Bahnhof Zoo. Der Bus parkt weit hinten, wo sonst die Reisebusse stehen - vielleicht steigen deshalb nur vier Leute ein. Auf der Tauentzienstraße ist es so früh am Morgen noch herrlich leer. Im KaDeWe sind auch um 7.30 Uhr die Rollläden geschlossen, aber das hat vielleicht andere Gründe. Hier wurde gerade eingebrochen.

Und dann fallen die Massen aus dem Bus und all den Helfern in der blau-gelben Uniform in die Arme. Und jetzt? Zum ZOB? Zum Zoo? Arme fuchteln, die Sonne scheint.

Unten auf dem U-Bahnhof Wittenbergplatz - einer der großen Umsteigebahnhöfe Berlins - ist einiges los. Dort, wo sonst die U2 hält, stehen Fahrgäste, aber kein Zug. "Der fährt auf Gleis 3", sagt der BVG-Mitarbeiter. Also Treppen wieder hoch und kurz über ein Schild gestaunt. Die BVG hat gefühlt 10.000 Hinweisschilder angebracht - eins haben sie hier vergessen: Wo der Zug nach Pankow fährt. Also hat ein pfiffiger BVG-Angestellter einen Din-A-Zettel aus der Schublade gefischt, einen Edding in die Hand genommen und den Hinweis "Pankow" fix auf die große Info-Tafel geklebt. Herrlich unkonventionell.

Lieber mit der S-Bahn zu Hertha BSC gegen Werder Bremen

Nur leider hat Daisy mal wieder ein Problem. Daisy: So heißen die elektronischen Info-Anzeiger auf den Bahnsteigen. Und unten steht fett, groß, blinkend: "RUHLEBEN" - dabei fährt da kein Zug hin. Wieder Hektik, wieder ratlose Touristen, die zum ZOB wollen (also nach Ruhleben).

Wieder Anzugträger mit Kaffee in der Hand, die jetzt doch mal so langsam ins Büro wollen (also gen Potsdamer Platz). Da ruft die arme BVG-Frau aus dem Bahnsteighäuschen: "Dieser Zug fährt nach Pankow, das ist die U2, glauben Sie mir doch bitte! Der Anzeiger ist leider defekt, ich kann doch ooch nüscht dafür."

Also gut, wir glauben ihr. Und wir sind dann auch am Ziel angekommen.

Und im Laufe des Tages will die BVG die Anzeigen am Bahnhof Wittenbergplatz auch deutlicher machen. Dann blinkt dort auch "Pankow".

Ab 24. August wird der Verkehr jeweils sonntags bis donnerstags von 21 Uhr bis zum nächsten Morgen unterbrochen – voraussichtlich bis zum 11. Dezember. Als Ersatz fahren Busse - auch beim ersten Heimspiel von Hertha BSC am Wochenende. (Nachtrag: Wer mit der S-Bahn fährt, sollte bitte an die Bauarbeiten in der östlichen City denken zwischen Friedrichstraße und Ostbahnhof. Eine große Übersicht geben BVG und S-Bahn unter diesem Link). Eine Ausnahme auf der Linie U2 gibt es nur für den 2. Oktober – vor dem Feiertag zur Deutschen Einheit.

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