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Berlin: Schläge mit Todesfolgen

Kind starb nach knapp elf Jahren. Vater steht jetzt vor Gericht

Die Tat liegt bereits 13 Jahre zurück, zum Tod führte sie im Sommer 2001: Im September 1990 hatte Gerwin M. seinem einen Monat alten Sohn Carlos in das Gesicht geschlagen und schwerste Schädelverletzungen verursacht. Im Juli 2001 starb der Junge an einem epileptischen Anfall. Seit gestern muss sich deswegen M. vor einer Großen Strafkammer des Strafgerichts Moabit wegen des Vorwurfs der Körperverletzung mit Todesfolge verantworten. Der Tod des Kindes sei eine Folge der Schläge.

Der 37-Jährige bestritt die Misshandlung selbst nicht. „Ich war durch die damalige Situation mit dem Kind völlig überfordert“, sagte M. Gemeinsam mit seiner damaligen Lebensgefährtin Petra O. lebte er in der Hausbesetzerszene in Berlin. In einem Seitenflügel eines Hauses in Schöneberg gründeten sie gemeinsam mit drei weiteren Besetzern eine Wohngemeinschaft. Mit der Schwangerschaft aber war das geplante Idyll zerbrochen.

Die früheren Freunde hätten Psychoterror ausgeübt, ihn gefragt, ob er vom revolutionären Weg abkomme, sich einfach in eine Familie drängen ließe. M.: „Ich fühlte mich völlig hilflos hatte keinerlei Halt.“ Nüchtern schilderte er die Situation nach der Misshandlung: „Carlos hat noch geatmet, es lief Flüssigkeit aus seinem rechten Ohr. Ich legte ihn in sein Bett und habe gehofft, dass alles gut werden würde.“ Erst später, nachdem seine Freundin merkte, dass mit dem Kind etwas nicht stimme und Carlos im Krankenhaus war, habe er ihr die Misshandlung gestanden. „Aber sie hat mich in den Arm genommen und mich getröstet.“

Die als Nebenklägerin auftretende Petra O., im Gerichtssaal genau gegenüber dem Angeklagten sitzend, schüttelte kommentierend den Kopf und sagte später als Zeugin: „Ich habe nur Halt gesucht, um nicht umzufallen – und der einzige andere Mensch in Sichtweite war zu weit weg.“ Gefragt von der Vorsitzenden Richterin, was er denn jetzt empfinde, sagte M.: „Ich bin traurig und erschüttert.“ Doch nachdem sich das Paar ein Jahr später trennte, überließ er das infolge der Verletzung unter epileptischen Anfällen leidende und zurückgebliebene Kind der Mutter, ohne Unterstützung anzubieten. M.: „Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte, ein behindertes Kind zu haben.“

Die Verhandlung wird am 3. März 2004 fortgesetzt.

Robert Gabriel

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