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Berlin: Schlagende Verbindungen

Weil immer mehr Opfer die Polizei rufen, gab es 2003 schon 8500 Anzeigen gegen prügelnde Väter, Söhne oder Ehemänner.

Allein die Zahlen lassen vermuten, dass die Gewalt in den Wohnzimmern in den vergangenen Jahren explodiert ist. Aber ganz so ist es nicht. Wenn Ende 2003 vermutlich dreimal so viele Fälle von häuslicher Gewalt in der Polizeistatistik auftauchen wie 2001, heißt das in erster Linie, dass sich mehr Frauen und Kinder trauen, ihre prügelnden Männer und Väter bei der Polizei zu melden: 2001 wurden 4166 Fälle von häuslicher Gewalt angezeigt, 2002 waren es 7500 Fälle und in diesem Jahr sind es bis jetzt schon 8500 Fälle.

Die Zahl der Gewaltdelikte in den eigenen vier Wänden sei aber nicht im gleichen Maße gestiegen, sagte Elke Plathe, die Präventionsbeauftragte des Landeskriminalamts. Vielmehr sei das Thema mehr enttabuisiert und damit gehe die hohe Dunkelziffer zurück. Fast täglich haben die Beamten bei ihren Einsätzen mit Männern zu tun, die hinter verschlossenen Türen auf ihre Frauen, Kinder und manchmal auch auf ihre Mütter einprügeln. Das wird seit drei Jahren bei der Polizei als „häusliche Gewalt“ bezeichnet – und die wird seitdem gesondert erfasst. In drei Viertel der Fälle seien die Opfer Frauen und Kinder. In zehn bis 15 Fällen pro Jahr sterben Frauen sogar an den Folgen der häuslichen Gewalt.

Eine große Hilfe im Kampf gegen prügelnde Männer ist das Allgemeine Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (ASOG), das im Februar dieses Jahres um den Paragraphen 29a erweitert wurde: Damit darf die Polizei veranlassen, dass der Täter die Wohnung verlassen muss und sie bis zu 14 Tage lang nicht wieder betreten darf. 700 dieser so genannten „Wegweisungen“ hat die Polizei in Berlin seitdem veranlasst.

„Wichtig ist, dass die Leute hinsehen und der Polizei melden, wenn sie merken, dass ein Mann seine Familie verprügelt“, sagt Patricia Schneider vom „Berliner Interventionsprojekt gegen Häusliche Gewalt“ (BIG e.V.) Gemeinsam mit BIG wurde der Ratgeber „Leitlinien polizeilichen Handelns in Fällen Häuslicher Gewalt“ entwickelt: Hiermit und mit einem speziellen Fortbildungsseminar werden die Beamten für ihre Einsätze geschult.

Im Foyer des Polizeipräsidiums gibt bis zum 31. Oktober eine Ausstellung zu dem Thema. Unter dem Titel „Die Dinge beim Namen nennen – Gewalt gegen Frauen im Alltag“ sind Porträts, Gegenstände und Aussagen von Menschen zu sehen, die sich für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen einsetzen (Platz der Luftbrücke 6, täglich von 9 bis 18 Uhr).

„BIG-Hotline“ für Opfer ist täglich von 9 bis 24 Uhr unter Tel. 6110300 zu erreichen.

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