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Der Kitaausbau in Berlin ist rasant und dennoch zu langsam: Die Kinderzahl wächst schneller als das Kitaangebot.

© Jens Wolf/dpa

Update

Schlappe nach Ausschreibung: Berlins Schnellbaukitas kommen ein Jahr zu spät

Große Pläne, wenig übrig: Der Senat will statt 30 Modulkitas nur neun selbst bauen. Drei Bezirke gehen erstmal leer aus. Kritik von freien Trägern.

Der Berliner Kitaausbau hat einen erheblichen Rückschlag erlitten: Von rund 30 geplanten Schnellbaukitas mit weit über 3000 Plätzen werden zunächst nur neun Kitas mit etwas mehr als 1200 Plätzen durch die öffentliche Hand gebaut. Zudem werden die Kitas rund ein Jahr später fertig als beabsichtigt. Drei Bezirke gegen leer aus.

Auf dem Kitabedarfsatlas 2017 fußte die Planung, als die Modulbauten konzipiert wurden.
Auf dem Kitabedarfsatlas 2017 fußte die Planung, als die Modulbauten konzipiert wurden.

© TSP/ Schilli

Die Verzögerung war zwar seit März bekannt, nicht jedoch ihr Ausmaß: Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen hatte im März lediglich bekannt gegeben, dass kein einziges Bauunternehmen für die Modularen Kitabauten ("MoKiBs") Angebote abgegeben hatte.

Fachleute vermuteten, dass die Ausschreibungskriterien zu anspruchsvoll gewesen seien: Die Fachgemeinschaft Bau hatte kritisiert, dass die vom Senat vorgegebenen Bedingungen die regionale mittelständische Bauwirtschaft „weitgehend ausgeschlossen“ hätten.

Bei der zuständigen Senatorin Katrin Lompscher klang das anders. Sie argumentierte mit der „angespannten Situation am Baumarkt“. Zudem habe es die neuentwickelte Holzmodulbauweise „nicht einfach“ gemacht, geeignete Firmen für den Bau der Kitas zu finden, argumentierte Lompscher am Freitag, als ihre Verwaltung die neun geplanten Standorte bekannt gab.

Dies sind die Standorte...

Es sind die Schnmidstraße (Mitte), der Eschengraben (Pankow), Zu den Fichtenwiesen (Spandau), die Kaulbachstraße (Steglitz-Zehlendorf), der Buckower Damm (Neukölln), die Helmholtzsstraße (Treptow-Köpenick), der Kummerower Ring (Marzahn-Hellersdorf), die Harnackstraße (Lichtenberg) und die Wittenauer Straße (Reinickendorf). Pro Standort sollen 136 Plätze entstehen.

Nicht mehr auffindbar sind auf der Homepage der Stadtentwicklungsverwaltung die ursprünglich geplanten Standorte, die im Januar 2018 genannt worden waren, um den Kitaplatzmangel zu drosseln: In einem ersten Schritt sollten 1500 Plätze an 16 Standorten entstehen.

Zu denen, die jetzt nicht mehr auftauchen, damals aber genannt worden waren, gehören die Habersaathstraße in Mitte, in Pankow der Standort Priesterstege, in Spandau die Gelsenkircher Straße, in Neukölln die Drosselbarthstraße, in Marzahn-Hellersdorf die Suhler Straße, in Reinickendorf der Rallenweg und die Namslaustraße sowie in Lichtenberg der Römerweg.

...und hier wird nicht gebaut

Tempelhof-Schöneberg geht in der ersten Runde ganz leer aus: Hier sollte eigentlich ein MoKiB im Albulaweg entstehen. Für Charlottenburg-Wilmersdorf wurde jetzt ebenfalls kein Standort genannt, was noch zu einiger Unruhe führen dürfte: Die dortige Jugendstadträtin Heike Schmidt-Schmelz (SPD) hatte auf zwei MoKiBs gehofft - an der Emser Straße und in der Sömmeringstraße. Dem RBB hatte sie im März gesagt, dass ihrem Bezirk bis 2020 rund 1500 Plätze fehlen würden.

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Der einzige Bezirk, der von Anfang an nicht im MoKiB-Programm berücksichtigt worden war, war Friedrichshain-Kreuzberg: Er hatte sich außerstande gesehen, freie Grundstücke zu benennen, wie es damals hieß.

Laut Stadtentwicklungsverwaltung werden alle neun Holzgebäude durch die Firma Terhalle Holzbau GmbH aus Ahaus sowie durch die HU-Holzunion GmbH aus Rotenburg gebaut.

Scheeres lobt die Holzbauweise

„Wir haben mit Schulen in Holzmodulbauweise bereits gute Erfahrungen gemacht und freuen uns, dass nun auch im Kita-Bereich neun solcher Bauten realisiert werden“, sagte Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD)am Freitag. Das MoKiB-Programm sei eine „gute Ergänzung“ zum erfolgreichen Landesprogramm zum Kita-Ausbau.

Variabel. In diese Modulbaukita sollten bis zu 150 Kinder passen.
Variabel. In diese Modulbaukita sollten bis zu 150 Kinder passen.

© Modell: Karlundp, Foto: Paul Zinken/dpa

Dass in einem ersten Schritt nur neun Kitas ausgeschrieben werden konnten, begründete Lompschers Behörde mit „haushalterischen Vorgaben“. Die verbleibenden Mittel sollen vom zunächst geplanten Siwana-III-Programm „ins Landesprogramm umgewidmet“ und durch freie Träger realisiert werden. Die entsprechenden Anträge lägen der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie vor, hieß es. Zunächst wollte nur die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen in Amtshilfe für die Bezirke bauen.

Stefan Spieker, der Geschäftsführer des großen Kitaträgers Fröbel, hatte die Jugendverwaltung schon im März aufgefordert, freie Träger stärker einzubinden. Damals lehnte der Senat noch ab.

Harsche Kritik am Senat vom Paritäter

"Der Paritätische Wohlfahrtsverband muss zur Kenntnis nehmen, dass das Land Berlin seit 2016 versucht, in eigener Verantwortung mit einem erheblichen Geldaufwand Kitaplätze zu schaffen und daran scheitert“, sagte am Dienstag Kita-Referent Torsten Wischnewski-Ruschin dem Tagesspiegel. Anstelle der avisierten 3400 Plätze nur 1200 zu bauen, verlangsame den Kitaplatzausbau weiter.

Der Verband geht davon aus, dass die freien Träger „in der abgelaufenen Zeit mit den dafür vorhandenen Mitteln die Plätze bereits heute fertiggestellt hätten“, so Wischnewski-Ruschin. Er forderte das Land auf, „bürokratische Schranken in den Bezirken abzubauen und mit erhöhten Förderquoten pro Platz von mindestens 35000 Euro den freien Trägern den notwendigen Schwung zum Platzausbau zu geben. Nur so könne der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz in Zukunft erfüllt werden: Bislang bekommen die freien Träger nur 25000 Euro je Platz im Neubau, während der Senat selbst mit weit höheren Kosten rechnet.

"Der Kostenrahmen würde gesprengt"

Wie berichtet, votiert die SPD-Fraktion kürzlich für eine Kitapflicht zwei Jahre vor Schulbeginn, um Kinder besser fördern zu können. Angesichts des Platzmangels hatten das Grüne und Opposition abgelehnt. Die jetzige Verzögerung bei den Modulbaukitas bestärkt die Skeptiker.

Lompschers Behörde rechtfertigte am Dienstag die Entscheidung, die Kitas nicht mehr selbst zu bauen: "Im Verlaufe des Prozesses wurde deutlich, dass eine Realisierung aller Plätze bei Berücksichtigung des idealtypischen Raum- und Funktionsprogramm in Holz den Kostenrahmen gesprengt hätte"; teilte eine Sprecherin mit. Die Planänderung erfolgte in Abstimmung mit allen beteiligten Verwaltungen

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