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Auf dem Flohmarkt am Freitag können unter anderem auch alte Telefone erworben werden. Feste Preise gibt es nicht.

© Mike Wolff

Schlendern im Tabakstaub: Flohmarkt in Reemtsma-Zigarettenfabrik am Freitag

Auf dem Gelände der ehemaligen Reemtsma-Zigarettenfabrik in Schmargendorf findet am Freitag ein Frühlingsfest statt. Besucher können altes Inventar kaufen.

Fast alle Uhren stehen auf kurz vor vier, ein paar sind ein bisschen länger gelaufen, ein paar haben schon vorher aufgehört zu ticken. Als die Reemtsma-Zigarettenfabrik 2012 geschlossen und endgültig der Strom abgestellt wurde, blieb in den Büros und Hallen die Zeit stehen. Die Uhren stehe am Freitag zum Verkauf.

Die Wohnkompanie Berlin, der das Areal seit 2014 gehört, veranstaltet auf dem ehemaligen Fabriksgelände in Schmargendorf am 29. März ein großes Frühlingsfest inklusive Flohmarkt. Es gibt Informationen über vergangene Zeiten, in der hier noch Zigaretten hergestellt wurden. Und die Zukunft des Geländes soll vorgestellt werden. Es soll ein öffentlich zugänglicher Ort werden, mit Stadtplatz, Cafés, Restaurants und Büros, in denen nach Fertigstellung im Jahr 2025 etwa 10 000 Personen arbeiten sollen.

In einer ehemaligen Produktionshalle warten Fundstücke aus der Tabakfabrik auf Käufer, es gibt die ruhenden Uhren, viele Warnschilder und einige Kuriositäten aus den Büros. Zwischen den Schildern steht ein silberner Kugel-Aschenbecher, daneben lehnt ein kitschiges Landschaftsgemälde in einem prunkvollen goldenen Rahmen. Feste Preise gibt es nicht, wie Organisatorin Marie Schumacher von der Wohnkompanie Berlin erklärt. Handeln sei auf dem Flohmarkt durchaus erlaubt, die Einnahmen würden dann für einen guten Zweck gespendet.

Weiter geht der Blick in die Vergangenheit mit Führungen über das Gelände. Frühere Mitarbeiter der Zigarettenfabrik zeigen, wo der Tabak für die Verarbeitung befeuchtet wurde, wo in einem riesigen Regallager die fertigen Schachteln lagerten, wo sie selbst gearbeitet haben. In den großen Hallen hängt Tabakstaub an den Wänden, in den Treppenhäusern und Lagern riecht es leicht süßlich.

Die Produktionsgeräte sind bereits abgebaut, doch die Dimensionen des Geländes beeindrucken. Früher war die Fabrik nicht für Besucher zugänglich, auch für die Mitarbeiter galten strenge Kontrollen. Der Grund: Die Betreiber befürchteten, dass Zigaretten aus der Fabrik geschmuggelt und am Schwarzmarkt verkauft werden.

Die ehemalige Zigarettenfabrik von Reemtsma in Berlin-Wilkendorf wird zu einem Gründerzentrum umgebaut.
Die ehemalige Zigarettenfabrik von Reemtsma in Berlin-Wilkendorf wird zu einem Gründerzentrum umgebaut.

© Mike Wolff

GoWest-Projekt: Öffentlicher Durchweg geplant

Die Tabakfabrik Reemtsma wurde 1958/59 errichtet, Kleingärten mussten der einzigen großen Industrieanlage im damaligen Bezirk Wilmersdorf weichen. Zuletzt produzierte sie jährlich 16 Milliarden Zigaretten. Endgültig geschlossen wurde die Fabrik 2012, die Produktion wurde nach Polen und Niedersachsen verlegt.

2014 hat die Wohnkompanie Berlin das Gelände gekauft, sie plant die Quartiersentwicklung unter dem Titel „GoWest“ für das rund 74 000 Quadratmeter umfassende Areal zwischen Kleingartenverein, Mecklenburgischer Straße, der Forckenbeckstraße und der Autobahnzweigstelle Steglitz.

Über die genauen Pläne können sich Besucher am Freitag selbst informieren. So stehen in der Produktionshalle mit Flohmarkt und Kinderspielbereich Schautafeln zum Projekt. „Wir wollen hören, was für die Menschen in der Gegend noch wichtig ist und was sie sich für die Zukunft hier wünschen“, sagt Stephan Allner, Geschäftsführer der Wohnkompanie Berlin. Denn die Menschen aus der umliegenden Nachbarschaft hätten bisher nur durch den Zaun aufs Gelände schauen können. Wenn GoWest verwirklicht ist, soll es einen öffentlichen Durchweg geben.

Daher hat Fest-Organisatorin Marie Schumacher eine Möglichkeit für die Besucher eingerichtet, selbst Vorschläge für das GoWest zu machen. Zu verschiedenen Themen wie Städtebau und Ökologie wird es am Freitag eine Umfrage geben.

Bei den Führungen über das Gelände können auch die Graffitis besichtigt werden, die im Rahmen eines Street Art Festivals 2018 entstanden sind. Es wird die letzte Gelegenheit sein, die Kunstwerke zu sehen, denn die Gebäude werden bald abgerissen. Interessierte können zudem bei einem Workshop die Kunst mit den Spraydosen selbst ausprobieren.

Hinzu kommt ein vielfältiges Programm, an dem sich auch aktuelle Nutzer des Areals beteiligen, darunter die Filmschauspielschule Berlin und die Fahrradathleten der Berlin Trials, die in ihrem Winterquartier auf dem Reemtsma-Gelände in einer Show ihre Geschicklichkeitsübungen auf speziellen Fahrrädern vorführen.

Außerdem können Besucher Segway-Stehroller und andere Neuheiten aus der Elektromobilität ausprobieren und damit herumkurven. Wer sich für das Imkern interessiert, kann an einer Führung zu den Bienenstöcken auf dem Gelände teilnehmen, die rund 500 000 Bienen beherbergen. Das Frühlingsfest am Freitag, dem 29. März, findet von 15 bis 20 Uhr auf dem Gelände der früheren Tabakfabrik Reemtsma in der Mecklenburgischen Straße 32 statt. Um Anmeldung unter dasfest@gowest.berlin wird gebeten.

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